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Haus der Jugend (German Edition)

Haus der Jugend (German Edition)

Titel: Haus der Jugend (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tietgen
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Federdecke gefangen, im Dämmerzustand der Gedanken gesellt sich Darius zu mir, klein wie ein neunjähriger Junge, blond wie Heinrich.
    Er geht mit mir durch den Wald, wir tragen kurze Lederhosen und wollene kratzende Kniestrümpfe. Die Sonne scheint, doch die Strahlen dringen nur in dünnen Streifen durch die dicht stehenden Bäume. Es ist kühl. Die Gesichter der anderen Kinder kann ich nicht erkennen. Es sind viele Gesichter. Gesichter, die Gestalt annehmen und sich wieder auflösen, bevor sie mir etwas sagen können. Dariusheinrich bricht einen Tannenzweig ab, schlägt ihn erst bei jedem Schritt auf den Boden, als das langweilig wird, bei jedem zweiten auf meinen Hosenboden. Durch das dicke Leder hindurch tut es nicht weh.
    Ein Pfarrer eilt zu ihm, nimmt den Zweig aus Dariusheinrichs Hand.
    »Hose runter«, befiehlt er und blickt meinen Freund streng an. Die gestaltlosen Gesichter der anderen Knaben glotzen schweigend neugierig auf die Szene, sammeln sich im Halbkreis. Dariusheinrich streift folgsam die Träger der Lederhose von den Schultern, löst die beiden Knöpfe des Latzes und zieht die Hose bis zu den Knien. Er weiß, was kommen soll. Es bedarf nur eines scharfen Blicks des Geistlichen, damit er auch die Unterhose herunterzerrt und sich schnell nach vorne bückt, zum einen, um seine Scham zu verbergen, zum anderen, um das lange weiße Hemd hochzuziehen, den Hintern zu entblößen und die Schläge zu empfangen.
    Der Geistliche nimmt den Tannenzweig und versetzt damit dem Gesäß des Jungen Hiebe, einmal, zweimal, dreimal …
    Er holt ordentlich aus, missachtet oder genießt Dariusheinrichs Gewimmer.
    Ich sehe auf den sich rötenden Hintern, auf die runde Form, die glatte Haut, die langsam zu striemigen Rissen aufplatzt, und wünsche mir, die Verletzungen zu behandeln, mit Salbe einzureiben und die vollen Backen unter meinen Händen zu spüren.
    Die Schreie tun mir weh.
    Der Blick meines Freundes schmerzt, kein Spaziergang mehr, um frische Luft im Krieg zu atmen, sondern der große Tisch im Schullandheim, Dariusheinrich an meiner Seite sitzt nur auf der äußersten Kante des harten Stuhls. Er hockt mehr in der Luft über dem Stuhl schwebend, als dass er den schmerzenden Po wirklich belastet. Ich frage, ob ich ihm ein Brot machen soll, aber er lehnt ab, er hätte keinen Hunger.
    Das Gesicht vergräbt er im Kissen, er liegt auf dem Bauch in der dritten Etage des Bettes, die anderen Knaben toben im Nachthemd durch den Schlafsaal. Längst habe auch ich mein Nachthemd an, sitze bei meinem Freund auf dem Bett. Hätte ich ihn geschlagen, hätte ich keinen Tannenzweig genommen.
    Der Geistliche inspiziert den Schlafsaal, kommandiert mich an meinen Platz, blickt mir scharf ins Gesicht.
    »Er hat mir doch gar nicht wehgetan«, sage ich.
    »Strafe muss sein«, antwortet der Pfarrer. »Und wer mit Tannenzweigen schlägt, muss spüren, wie es sich anfühlt.«
     

    Ich stürzte zurück in die Nacht, landete unter der Daunendecke auf der etwas zu weichen Matratze und sah nur noch die Silhouetten der Möbel in meinem Zimmer.
    Ich knipste die Nachttischlampe neben dem Bett an und schaute auf den Wecker. Es war gerade ein Uhr zehn. Die Daunendecke klebte an meiner Haut wie im Sommer. Ich stand auf, spürte trotz des ängstlichen Herzklopfens eine Erektion. Ein bisschen frische Luft würde nicht schaden, also öffnete ich das Fenster, sah über die dunkle Stadt, in der nur wenige Lichter brannten, und atmete tief ein, bevor ich wieder ins Bett ging.
     

    Wie lange hatte ich nicht an Heinrich gedacht? Jenen Jungen damals im Schullandheim, in welches ich zum Besuch der dritten und vierten Klassen verschickt worden war. Hätte ich als Neunjähriger schon in dieser Kategorie gedacht, er wäre meine erste große Liebe gewesen, meine Sehnsucht, meine Neugier. Wir waren unzertrennlich, saßen während des Unterrichts immer zusammen, verbrachten die Pausen miteinander, spielten in der freien Zeit gemeinsam und nahmen uns bei den Spaziergängen in Zweierreihen gegenseitig an die Hand. Heinrich war ein blasses Kind, blond und blauäugig, wie die Machthaber es sich wünschten, aber sommersprossig. Wenn wir anderen im Sommer Farbe bekamen, bekam er einen Sonnenbrand. So schmal und schwach, wie er war, wäre er nie in der Lage gewesen, einen Tannenzweig abzubrechen, nicht einmal einen kleinen.
    Heinrich war ein Kind des Gehörs. Er hatte Klavierunterricht. Jeden Tag musste er eine Stunde üben. Und um nicht von ihm getrennt zu sein, saß

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