Haus der Löcher (German Edition)
mit einer konzentrierten Nährbrühe leben.»
Rhumpa war entsetzt. «Du meinst, mit Hummern drin?»
«Nein, nein, nein», versicherte er ihr. «Nur so ein spezielles Becken.»
«Ach.»
«Und in der Zwischenzeit würde ich herumlaufen und in Museen gehen und, na ja, Reisezeitschriften lesen, Chormusik hören und mich bedauern.»
«Klingt ja nicht so schlimm», sagte Rhumpa.
«Doch, es ist schlimm.» Er räusperte sich und stand auf. Rhumpa glaubte, in seiner Hose deutlich eine Beule zu sehen. «Also – dann geh doch jetzt einfach duschen, und ich mach mich hier ans Auswählen und Sortieren. Es ist nicht einfach, eine Auswahl vorzubereiten, dazu brauche ich leider mindestens vier Minuten absolute Konzentration.»
Rhumpa ging in den Duschraum und stieg gerade aus ihrem Höschen, als es klopfte. «Ja?», flötete sie durch die Tür.
«Entschuldige, aber ich brauche auch deinen BH, zum Vergleich», rief er. «Reich ihn mir einfach raus.»
Also öffnete Rhumpa die Tür und schwang den BH durch den Spalt hinaus.
«Hab ihn», sagte er fröhlich.
Während sie darauf wartete, dass das Duschwasser die richtige Temperatur bekam, betrachtete sie sich einen Augenblick im Spiegel. Gar nicht so schlecht, dachte sie. Zugegeben, ihre Schenkel waren an der Grenze zum Wabbeligsein, aber ihre Haut war glatt und mandelbraun, und ihr dichter schwarzer Busch schimmerte und war nicht unattraktiv. Sie zog den Clip aus den Haaren und betrachtete ihr Gesicht. Die Männer mochten ihre Lippen, das wusste sie. Nein, dachte sie, es war nicht undenkbar, dass sie in einem Solosexvideo spielen konnte.
Rhumpas Gehör war schon immer scharf gewesen. Gerade als sie unter die Dusche wollte, hörte sie aus dem Hotelzimmer ein winziges Klicken. Sie bemerkte, dass sie die Badezimmertür angelehnt gelassen hatte, spähte schräg durch den Spalt und sah zu ihrer Überraschung Daggett mit dem Rücken zu ihr, die Hose um die Knöchel. Er sah sich zur Badezimmertür um, um sich zu vergewissern, dass sie geschlossen war – sie war es nicht –, und gerade als er sich umdrehte, sah sie, dass er in der einen Hand seine Erektion und in der anderen ihren BH hatte. Er wandte sich wieder um und verharrte so. Offenbar lief ein Kampf in ihm ab. Plötzlich begann er mit Stöhnmiene, die BH-Träger um seine Erektion zu wickeln, die verblüffend groß und leicht aufwärtsgebogen war wie ein exotischer, violetter Stoßzahn. Die eine Hand starr um ihren geknüllten und verknäuelten Büstenhalter, wiegte er die Hüften und stieß und schob seine Schwanzspitze in dessen Gebauschtheit. Dann beugte er sich vor, legte ein Körbchen um die ganze Länge seines Schwanzes und vollführte mehrere lange, kardanische Hübe.
Rhumpa sah fasziniert zu. Daggett war offenbar im Begriff zu kommen, doch mit einer, wie es schien, ungeheuren Willensanstrengung richtete er sich auf und gewann die Beherrschung wieder. Er schleuderte den BH aufs Bett, zog die Hose hoch und schnallte sich zu. Im Nu hatte er sich mehr oder weniger in Ordnung gebracht. Dann schoss sein misstrauischer Blick noch einmal zur Badezimmertür, doch Rhumpa war zu schnell für ihn – sie hatte sich schon von dem Spalt zurückgezogen. Sie stieg in die Dusche und summte. Wer konnte es dem armen Mann verdenken? Da war ihm der Anblick aller lebenden Brüste verboten, und dennoch musste er sein Leben damit verbringen, eine große BH-Tasche mit sich herumzutragen. Kein Wunder, dass er da so eine Art Fetisch entwickelt hatte. Er tat Rhumpa leid. Sie mochte ihn.
[zur Inhaltsübersicht]
Cardell geht in den Waschsalon
Cardell zog eine schwarze Cordjacke an und ging zum Waschsalon Ecke 18th Street und Grover Avenue. Dort spähte eine junge Frau in die Trockner. «Wissen Sie, welcher Trockner zum Haus der Löcher führt?», fragte sie und schaute ihn prüfend an. Sie war auf eine ätherische, wellig-flachshaarige Weise hübsch.
«Also, mir wurde gesagt, es ist der vierte von hinten», sagte er.
Ein alter Mann meldete sich. «Stimmt, es ist der vierte von hinten», sagte er. «Aber bleiben Sie von dem Haus weg, alle beide. Lila wird Sie aussaugen. Haben Sie schon von König Nynus gehört?»
Cardell schüttelte den Kopf. Die ätherische Frau nickte.
«Das war ich. Ich war kein König, aber ich war reich. Ich hatte einen Harem mit achtzehn Frauen, jede auf andere Weise hübsch, und ich verbrachte meine Tage damit, Brunnenkresse-Sandwiches zu essen. Das ist jetzt alles vorbei.»
«Was ist passiert?», fragte die
Weitere Kostenlose Bücher