Haus der Lügen - 8
hatten wir – Domynyk und ich, meine ich – vor Gwylyms Aufbruch noch gesprochen. Nur müssen wir mit größter Vorsicht dabei vorgehen, den Inneren Kreis zu erweitern, und daher ...« Er beendete den Satz nicht, sondern zuckte nur mit den Schultern. Lock Island nickte.
»Ich will nicht behaupten, sonderlich glücklich darüber zu sein, wie lange die Bruderschaft gebraucht hat, um mich für hinreichend belastbar und vertrauenswürdig zu erachten.« Nun gestattete sich der High Admiral ein schiefes Grinsen. »Nun verstehe ich auch, warum sie erst reiflich darüber nachdenken, bevor sie fröhlich über Raumschiffe und erlogene Religionen plaudern. Ich will ehrlich sein: Vermutlich war es eine gute Idee, damit zu warten, bis Cayleb persönlich mir davon berichten konnte.« Wieder schnaubte er, dieses Mal lauter. »Wenigstens besitzt er die erforderliche Autorität und damit den Mumm, sich notfalls auf mich zu werfen, hätte ich angefangen, hektisch im Kreis herumzurennen wie eine Wyvern, der man den Kopf abgeschlagen hat!«
»Das war durchaus ein Grund dafür«, bestätigte Merlin freundlich.
»Das kann ich mir denken«, versetzte Lock Island. Dann stockte er und legte die Stirn in Falten.
»Was Neuaufnahmen betrifft ...«, griff er mit bedächtigen Worten den Gedanken schließlich wieder auf. »Ich muss da sofort an Ahlfryd denken.«
»Machen Sie sich keine Sorgen!« Leise lachte Merlin in sich hinein. »Der Plan lautet, ihn einzuweihen, sobald er wieder zu Besuch nach Tellesberg kommt. Die Heiler lassen Sharleyan keinen Schritt vor die Tür setzen, solange das Kind nicht zur Welt gekommen ist, und Ihre Majestät ist fest entschlossen, es Ahlfryd persönlich zu erklären.«
»Das habe ich nicht gemeint«, erwiderte Lock Island noch langsamer. Er zögerte, als müsse er sich zusammennehmen, etwas in Worte zu fassen, was ihm selbst nicht behagte, doch dann sprach er weiter. »Ich glaube, es ist vielleicht gar keine so gute Idee, ihn einzuweihen.«
Erstaunt kniff Merlin die Augen zusammen. Trotz des Unterschieds ihrer gesellschaftlichen Stellung war Baron Seamount einer von Lock Islands besten Freunden. Der High Admiral wusste wahrscheinlich besser als jeder andere, wie scharfsinnig und geistig flexibel Sir Ahlfryd Hyndryk war. Ja, wenn es jemanden im Kaiserreich Charis gab, der genau wusste, wie entscheidend Seamounts Neuerungen waren, dann war das Lock Island. Also warum ...?
»Machen Sie sich Sorgen, er könnte Schwierigkeiten haben, die Wahrheit über Langhorne und Bédard zu verkraften?«, fragte Merlin schließlich nach.
»Ihr meint, so wie Rayjhis und Green Mountain?« Lock Island schüttelte den Kopf. »Oh nein, das ist wirklich meine geringste Sorge, was Ahlfryd betrifft!«
»Darf ich dann fragen, worauf Ihre Vorbehalte abzielen?«
»Ach, es ist nur ...«
Wieder stockte Lock Island. Ganz offensichtlich musste er erst einmal seine Gedanken ordnen.
»Hört, Merlin«, sagte er dann, »ich kenne Ahlfryd jetzt schon seit fast dreißig Jahren. Es gibt niemanden auf der ganzen Welt, dem ich mehr vertrauen würde als ihm. Ich habe weiß Gott noch niemanden mit einem schärferen Verstand kennen gelernt! Aber es gibt sogar drei Punkte, die mir hier ein wenig Sorgen machen.
Zunächst einmal war er beim Entwickeln von Ideen schneller, als wir sie zur Produktionsreife bringen konnten. Und nicht nur das: Er lässt jetzt seine ganze Kommission für Forschungsvorhaben genau das Gleiche tun, und das alles, ohne die Wahrheit zu kennen oder Zugang zu diesen ... Computeraufzeichnungen zu haben, die Ihr erwähnt habt. Ahlfryd reichen für neue Ideen bereits die Hinweise, die Ihr ihm gegeben habt. Habe ich das richtig verstanden? Ihr möchtet, dass wir hier auf Safehold von uns aus auf Neuerungen kommen. Und genau das tut Ahlfryd doch schon! Müssen wir ihn wirklich davon ablenken? Wollen wir das? Sollen wir ihn oder Commander Mahndrayn davon abbringen, sich selbst Gedanken zu machen und stattdessen in den Aufzeichnungen anderer zu stöbern?
Zweitens kenne ich Ahlfryd wirklich gut . Sobald er herausfindet, dass er auf derart fortschrittliches Wissen zugreifen kann, wird er sich darin regelrecht vergraben. Dann bekommen wir ihn monatelang nicht mehr zu Gesicht. Er wird dem genauso wenig widerstehen können wie ein Trinker einer herrenlos herumstehenden Flasche Whisky, Merlin, und das wisst Ihr ganz genau! Wir könnten uns wahrscheinlich etwas überlegen, um sein plötzliches Verschwinden zu erklären, aber ein wenig
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