Haus der Lügen - 8
gehen, wird die Fundinsel bei seinen Einsätzen ganz oben auf der Liste stehen. Selbst wenn Major Wyndayls Marines über genug schwere Artillerie verfügten, um den Ankerplatz ewig zu halten – was nicht der Fall ist –, könnten wir doch eine Belagerung nicht lange überstehen. Wenn Thirsk über genug Galeonen verfügt, um uns hier zu vertreiben, könnte er die Insel anschließend mit einer Hand voll altmodischer Galeeren halten. Und wenn ich nicht die Kampfstärke habe, die erforderlich wäre, um Thirsks Abwehr zu durchdringen und Wyndayl abzuholen, wird Thirsk ihn und seine Männer so lange aushungern, bis sie einfach kapitulieren müssen , ganz egal, wie sehr sie die Stellung halten wollen.
Manthyr seufzte, als er sich das eingestehen musste.
Na ja, das Ende der Welt ist das nun auch nicht, Gwylym , sagte er sich. Die Fundinsel war nützlich, ja, aber wirklich kriegsentscheidend ist sie nicht. Du hast immer noch die Transporter, mit denen Wyndayl hier eingetroffen ist. Also ist es jetzt an der Zeit, ihn hier abzuziehen und zur Klaueninsel zurückzuschicken. Die lässt sich sowieso viel leichter verteidigen. Und falls Thirsk wilde Ideen entwickeln sollte, was die Klaueninsel betrifft, sollte er nicht vergessen, dass er dann ebenfalls ziemlich weit vom Heimathafen entfernt ist! In der Zwischenzeit machst du eben den Harchongesen ein bisschen die Hölle heiß!
Er nickte knapp, wandte sich ab und ging zur Tür, die von der Heckgallerie in die Kapitänskajüte führte. Er öffnete die Tür und steckte den Kopf durch den Türspalt.
»Jawohl, Sir?« Lieutenant Rahzmahn blickte auf und erhob sich vom Sessel hinter Manthyrs Schreibtisch. Dort hatte er an der Geschwader-Buchhaltung gesessen.
»Heute nach dem Abendessen möchte ich mit Pawal, Aiwain, Stywyrt und Captain Mahgail sprechen, Dahnyld«, erklärte Manthyr. »Bitte sagen Sie ihnen entsprechend Bescheid! Und Naiklos sollten Sie wohl auch vorwarnen.«
.VI.
HMS Ahrmahk , Charis-See, und HMS Dawn Wind , Carters Ozean
»Was haltet Ihr von Gwylyms neuen Plänen, Merlin?«, fragte Bryahn Lock Island leise.
Ausgestreckt lag der Admiral auf seiner Koje an Bord von HMS Ahrmahk , seinem Flaggschiff, das über achtundfünfzig Geschütze verfügte. Unter voller Fahrt war es auf einem Schiff laut genug, um zu gewährleisten, dass niemand außerhalb der Kajüte hören konnte, was in normaler Lautstärke darinnen gesprochen wurde. Dennoch wollte Lock Island nichts riskieren.
Merlin Athrawes hingegen, der mehrere Tausend Meilen weiter östlich auf der Heckgalerie von HMS Dawn Wind saß und den Sonnenaufgang betrachtete, hatte dieses Problem nicht. Er war dankbar dafür, dass Cayleb sich unmittelbar nach seiner Rückkehr entschieden hatte, Lock Island in den Inneren Kreis aufzunehmen – ehe der High Admiral mit seiner Flotte wieder in See stach. Im Augenblick war Lock Island noch übervorsichtig. So erging es jedem, der gerade erst eingeweiht worden war. Merlin wusste das durchaus zu schätzen.
»Unter den gegebenen Umständen erscheint es mir sinnvoll«, beantwortete er jetzt die Frage des Grafen. »Ich muss gestehen, ich war überrascht, wie effektiv Raisahndos Geschwader vorgegangen ist«, fuhr er fort. »Eigentlich hätte ich das wohl gar nicht sein dürfen – wir alle versichern uns doch schon seit Monaten gegenseitig, dass Thirsk vermutlich der gefährlichste Kommandeur des Gegners ist. Aber überrascht war ich trotzdem.« Er verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen. »Vielleicht lebe ich bereits lang genug in Charis, um mich von diesem ... ungebremsten Selbstbewusstsein anstecken zu lassen, das Charisianer bei jeder anderen Navy der Welt so ungeheuer beliebt macht.«
»Ungebremst, ja?«, schnaubte Lock Island.
»Meines Erachtens trifft das die Sache gut«, erwiderte Merlin, blickte zur aufgehenden Sonne empor und lächelte. »Bedenken Sie bitte, dass ich damit nicht gesagt habe, es sei unberechtigt. Nicht unter normalen Umständen jedenfalls.«
»Ich wünschte nur, wir könnten auch mit Gwylym auf diesem Wege reden«, bemerkte Lock Island gereizt. »Es muss frustrierend für Domynyk gewesen sein, mit Euch und Cayleb so reden zu können, und Owls ... Bilddateien«, mit diesem nach wie vor unvertrauten Wort hatte er seine Schwierigkeiten, »zu haben, ohne dass er mit mir darüber sprechen konnte. Aber jetzt, wo Gwylym so weit draußen ganz allein dasteht ...«
Er schüttelte den Kopf, und Merlins Lächeln verblasste.
»Ich weiß«, seufzte er. »Darüber
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