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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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verbliebene Offizier, hatte Gwylym Manthyrs letzte Befehle erhalten. Angesichts der Verluste, mit denen er bereits gerechnet hatte, und der offenkundigen Übermacht der Dohlaraner in den westlichen Regionen des Golfs von Dohlar waren diese Befehle klar, vollständig und eindeutig ausgefallen.
    Es war nur eine Frage der Zeit – und viel Zeit blieb nicht mehr –, bis Thirsk einen Angriff auf die Klaueninsel führen würde. Also wurde es Zeit aufzubrechen. Pawal hatte die Anweisung erhalten, die Marines und auch sämtliche Transporter abrücken zu lassen, geschützt durch die noch verbliebenen Galeonen.
    Doch statt nach Osten aufzubrechen, um wieder das Alte Königreich Charis anzusteuern, sollte er nach Westen segeln, nach Chisholm. Die Überfahrt wäre kürzer, und angesichts der Leistungsfähigkeit, die die Dohlaraner in jüngster Zeit an den Tag gelegt hatten, war es deutlich wichtiger geworden, Chisholm zu verstärken.
    Eines war klar: Die charisianische Expedition zog sich nicht etwa zurück, weil ihr Auftrag erfüllt gewesen wäre. Ach, sie hätte sich natürlich auch ohne diesen Sturm zurückgezogen! Hätte Manthyr die Klaueninsel wie geplant evakuiert und dann die Heimreise angetreten – man hätte einen Teilerfolg für sich verbuchen dürfen. Aber so war es anders gekommen. Zum ersten Mal hatte eine der Navys im Dienste der Kirche einen eindeutigen Sieg über die Imperial Charisian Navy errungen. Was vor der Dracheninsel geschehen war, darin konnten beide Seiten einen taktischen Sieg sehen. Aber bei dem, was sich in der Harchong-Meerenge ereignet hatte, war das nicht möglich.
    Und die Wahrheit ist , sagte sich Merlin, ohne mit der Wimper zu zucken, dass Thirsk diesen Sieg verdammt noch mal verdient hat. Das Wetter mag ihm dabei behilflich gewesen sein. Aber es ist durchaus möglich, dass es uns ohne diesen Sturm vielleicht sogar noch härter getroffen hätte. Thirsk war dichter hinter Gwylym, als der Admiral gewusst hat. Und selbst wenn Thirsks Mannschaften weniger Disziplin gezeigt haben, als ihm lieb sein mag, waren sie doch kampfbereit. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er es geschafft hätte, seine zweiundvierzig Schiffe vor die Klaueninsel zu bringen, so wie er das geplant hatte! Wäre er dann noch persönlich vor Ort gewesen, um für die taktische Disziplin zu sorgen: unter welchen Verlusten hätte Gwylym sich dort freikämpfen müssen – mit nur neunzehn Kriegsschiffen und all den Transportern, die es zu schützen gegolten hätte ...!
    Manthyrs Entscheidung, sich zum Kampf zu stellen, hatte zumindest das verhindert. Insgeheim war Merlin der Ansicht, Thirsk habe auf diesem Feldzug nur einen einzigen Fehler gemacht: Er hatte seine eigenen beschädigten Schiffe und seine Prisen in die Shwei Bay von Yu-Shai geschafft. Dort wollte er die erforderlichen Reparaturen vornehmen lassen, bevor er wieder in die Offensive ginge. In mancherlei Hinsicht ergab das durchaus Sinn. Denn es war ein vermeidbares Risiko, angeschlagene Schiffe und gerade aufgebrachte Prisen einem Gefecht mit unbeschädigten charisianischen Kriegsschiffen auszusetzen. Schließlich wusste Thirsk nicht, wo sich Manthyrs andere Galeonen befanden. Merlin aber war sich sicher, dass Thirsks Entscheidung vor allem einen Grund hatten: Er wollte Yu-Shai zeigen, was die Dohlaran Navy genau dem Geschwader angetan hatte, das zuvor für den Angriff auf die Stadt verantwortlich gewesen war. Und er wollte sicherstellen, dass seine Prisen letztendlich nach Hause in die Gorath Bay kämen. Es waren Trophäen, ja, und Thirsk sicher eitel genug, sie zur Schau zu stellen. Aber vor allem waren die aufgebrachten charisianischen Schiffe der Beweis, dass Thirsks Methoden, seine Strategie und seine Taktiken tatsächlich funktionierten . Dass man charisianische Geschwader durchaus besiegen konnte ... und dass er der richtige Admiral dafür war.
    Vielleicht sollte ich meine Entscheidung, ihn nicht umbringen zu lassen, doch noch revidieren , dachte Merlin. An Vorgehensweisen wie diese wollte er sich zwar nicht gewöhnen, aber ...
    »Wenigstens lebt Sir Gwylym noch«, sagte Sharleyan in die Stille hinein. Sie war die Einzige, die Manthyr nie persönlich kennen gelernt hatte. Aber das, was sie über ihn wusste, sagte ihr sehr zu. Jetzt blickte sie über die Korbwiege hinweg ihren Gemahl an und tätschelte ihm tröstend das Knie. »So viel wissen wir zumindest«, erinnerte sie ihn.
    »Ja.« Er legte seine Hand auf die ihre, dann holte er tief Luft und

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