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Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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möglicherweise einen Wert für Clyntahn: Sie wäre eine weitere, sehr öffentliche Stimme, die Cayleb und Sharleyan für dieses Verbrechen verurteilte. Würde Irys jedoch Caylebs Schuld in Frage stellen , würde sie für Clyntahn augenblicklich zur Belastung. Und wenn das geschähe ...
    »Alles nur Hindernisse in Clyntahns Weg«, erklärte Graf Coris, statt das auszusprechen, was ihm schon auf der Zunge gelegen hatte. »Und schließlich sind viele seiner potenziellen Gegner Väter und Mütter. Können Sie sich eine Drohung vorstellen, die die Eltern effektiver davon abhalten könnte, aktiv zu werden, als das?«
    Er hatte die Frage sehr leise gestellt, und nach kurzem Nachdenken schüttelte Irys nur schweigend den Kopf.
    »Natürlich nicht.« Coris verzog den Mund, als wolle er ausspucken. Dann richtete er den Blick wieder auf den majestätischen See – einen reinen, kalten See. »Natürlich nicht«, wiederholte er, »und Zhaspahr Clyntahn eben auch nicht. Und genau deswegen wird er es tun, Irys. Zweifeln Sie keinen Moment daran! Er wird es tun.«

.II.
    Rhobair Duchairns Arbeitszimmer, der Tempel, Stadt Zion, die Tempel-Lande
    »Rhobair, Sie müssen damit aufhören!«, sagte Zahmsyn Trynair tonlos.
    »Womit?«, fragte Rhobair Duchairn ruhig, fast schon kalt. Er blickte von den nie kleiner werdenden Stapeln Papier auf, die seinen Schreibtisch jeden Tag aufs Neue erreichten.
    »Sie wissen ganz genau, womit! «
    Trynair schloss die Tür von Duchairns privatem Arbeitszimmer hinter sich und trat an den Schreibtisch seines Vikariatskollegen.
    »Glauben Sie, Zhaspahr wäre der Einzige, dem aufgefallen ist, was Sie tun – oder eben nicht tun?«
    Duchairn lehnte sich in seinem Sessel zurück, die Ellenbogen auf die Armlehnen gestützt. Unverwandt blickte er den Kanzler der Kirche des Verheißenen an. Wie stets war Duchairns Arbeitszimmer angenehm beleuchtet und hatte genau die richtige Temperatur. Der Sessel war – wie stets – geradezu unfassbar bequem. Die Mosaike an den Wänden zeigten – wie stets – saftig-grüne Bäume, die vor in der Ferne blau schimmernden Bergen in den Himmel wuchsen, und wie stets veränderte sich dieses Mosaik kaum merklich. In der Luft hing – wie stets – sanfte Musik.
    Das Szenario bot einen erschreckend unpassenden, ja, schon obszönen Kontrast zu den Gräueltaten, die Zhaspahr Clyntahns Inquisition jetzt, in diesem Moment, an Männern, Frauen und Kindern beging, alles im Namen Gottes.
    »Was genau tue ich denn nicht, Zahmsyn?«, fragte er. »Sagen Sie es mir! Was werfen Sie mir vor? Dass ich nicht beim Justizmord an meinen Vikariatskollegen mitwirke? Dass ich nicht applaudiere, während ihre Ehefrauen gefoltert werden – Frauen, die wahrscheinlich nicht einmal wussten, was ihre Männer getan haben ... falls ihre Ehemänner überhaupt irgendetwas getan haben! Dass ich nicht die Entscheidung offiziell gut heiße, sechzehnjährige Mädchen bei lebendigem Leibe zu verbrennen, bloß weil ihre Väter Zhaspahr verärgert haben? Ist es das , was Sie mir vorwerfen, Zahmsyn?«
    Trynairs Augen weiteten sich, als er die eisige, bittere Verachtung in Duchairns Worten hörte. Lange schaute er sein Gegenüber nur schweigend an. Dann jedoch ließ er den Blick sinken und starrte auf Duchairns Schreibtischplatte. Schließlich hob er den Kopf wieder.
    »So einfach ist das nicht, Rhobair, und das wissen Sie auch«, sagte er.
    »Ganz im Gegenteil: genau so einfach ist es!«, versetzte Duchairn. »Sie mögen jetzt das Argument vorbringen, hier seien auch noch andere Faktoren zu beachten. Aber dadurch wird keine der eben gestellten Fragen weniger zutreffend! Sie können sich, was das angeht, ja gern weiterhin selbst belügen. Aber ich werde das nicht tun. Jetzt nicht mehr.«
    »Ist Ihnen denn nicht klar, wie Zhaspahr reagieren wird, wenn Sie derartige Dinge jemand anderem gegenüber aussprechen?« Trynair blickte seinen Kollegen beinahe flehend an. »Wenn er auch nur glaubt , Sie hätten die Absicht, zu einer Art Widerstand gegen die Inquisition aufzurufen ...«
    Der Kanzler beendete den Satz nicht, und Duchairn zuckte mit den Schultern.
    »Zu meiner eigenen Schande«, sagte er tonlos, »tue ich nichts dergleichen. Ich halte den Mund ... möge Gott mir vergeben! Denn, glauben Sie mir, Zahmsyn, würde ich auch nur einen Moment lang glauben, ich könnte zu effektivem Widerstand aufrufen ... würde ich glauben, ich könnte diese ... diese Gräuel verhindern, würde ich es tun! Ich würde es selbst dann tun,

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