Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haus der Lügen - 8

Haus der Lügen - 8

Titel: Haus der Lügen - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
dran ist? Seien Sie ehrlich – wenigstens mir gegenüber! Sie wissen, wie die Inquisition an ihre ›Geständnisse‹ gelangt. Also sagen Sie mir ganz offen: Glauben Sie, Samyl und Hauwerd Wylsynn – ausgerechnet Samyl und Hauwerd – hätten Kinder missbraucht? Glauben Sie, dass diese beiden sich der Shan-wei-Verehrung schuldig gemacht haben, hier im Tempel? Glauben Sie, dass sie insgeheim und in verräterischer Art und Weise mit der Kirche von Charis kommuniziert haben? Dass sie die Absicht hatten, mit den Charisianern zusammenzuarbeiten und die Rechtmäßigkeit der Kirchenspaltung anzuerkennen, wenn Charis sie im Gegenzug dabei unterstütze, einen von ihnen hier im Tempel auf den Thron des Großvikars zu setzen?«
    Trynair wandte den Kopf zur Seite. Blicklos starrte er fast eine Minute lang nur das Wandmosaik an. Dann holte er tief Luft und schaute wieder zu Duchairn hinüber.
    »Nein«, antwortete er leise. »Nein, das glaube ich nicht. Aber ich glaube, dass sie sich tatsächlich gegen Zhaspahr verschworen haben. Und das bedeutet entsprechend auch: gegen Sie und mich. Sie mögen ja genug Kraft aus Ihrem Glauben schöpfen, um einen Angriff auf Ihre Position einfach wegzustecken. Für mich gilt das nicht. Ja, ich gestehe es ein: Für mich gilt das nicht! Aber es geht mir hier nicht nur um meine eigene Sicherheit, meine Macht und mein behagliches Leben. Ob die beiden nun tatsächlich geplant haben, sich mit den Charisianern zusammenzutun oder nicht, ist zumindest in einer Hinsicht überhaupt nicht von Belang. Wenn es Ihnen gelungen wäre, Zhaspahr zu stürzen, hätte das im Tempel zu einem Machtvakuum geführt. Gott allein weiß, was dann gekommen wäre oder was das im Moment für den Zusammenhalt von Mutter Kirche bedeutet hätte. Oder noch schlimmer: sie wären vielleicht bei dem Versuch, Zhaspahr zu stürzen, gescheitert .
    Sie denken, das was hier und jetzt gerade geschieht, sei schlimm? Na, widersprechen kann ich nicht. Aber was meinen Sie wohl, wie schlimm es geworden wäre, wenn es die Wylsynns geschafft hätten, einen offenen Aufstand gegen Zhaspahr zu organisieren? Wenn sie genügend andere aus dem Vikariat dazu bewogen hätten, sie zu unterstützen? Wenn es ihnen gelungen wäre, Mutter Kirche zu spalten? Was hätte das für den Glauben und die Unterstützung des einfachen Volkes bedeutet? Meinen Sie vielleicht, dass hätte dann nicht den Charisianern Tür und Tor geöffnet, ob die Wylsynns das nun so geplant haben oder nicht? Und denken Sie vielleicht auch nur für einen Moment, Rayno und all die anderen, die Zhaspahr persönlich für die Inquisition und die obersten Reihen der Hierarchie im Schueler-Orden ausgewählt hat, hätten ihm die Treue gebrochen? Was meinen Sie denn wohl, was passiert wäre, wenn die Wylsynns einen echten Bruderkrieg unter den ranghöchsten Vikaren von Mutter Kirche entfesselt hätten? Glauben Sie, der Preis, der dafür hätte gezahlt werden müssen, wäre nicht ungleich höher als der, den wir jetzt schon zahlen?«
    »Darüber habe ich bereits nachgedacht«, gestand Duchairn. »Ich bin mir nicht sicher, ob der Preis wirklich ungleich höher ausgefallen wäre. Aber viel geringer wahrscheinlich auch nicht. Ich muss zugeben, dass ich im Augenblick niemanden zu nennen wüsste, der sich der Inquisition und dieser Hysterie, die Zhaspahr schürt, entgegenstellen könnte. Nicht ohne etwas in der Hand – irgend etwas –, mit dem zumindest eine gewisse realistische Aussicht bestünde, Zhaspahr tatsächlich aufzuhalten. Wir beide wissen doch, dass er mittlerweile nur noch durch rohe Gewalt aufgehalten werden könnte. Aber es ohne etwas in der Hand versuchen und scheitern, das würde alles nur noch schlimmer machen. Das weiß ich. Deswegen habe ich es ja auch nicht versucht – deswegen habe ich nie auch nur die Absicht gehabt, es zu versuchen!«
    »Aber ...«, setzte Trynair an.
    »Ich werde nicht versuchen, ihn aufzuhalten. Aber ich bin auch nicht bereit, ihm meine Zustimmung zu geben! Vielleicht ist das selbstgerecht von mir, vielleicht sogar selbstherrlich. Aber ich will nicht teilhaben an diesem Blutrausch, den er da gerade veranstaltet. Ich werde keine Todesurteile unterzeichnen. Ich werde nicht den Mord an Kindern gutheißen oder ihm auch nur die geringste Rechtfertigung für sein Handeln liefern. Die muss er sich schon selbst ausdenken. Er ist der Großinquisitor. Haben Sie eine Ahnung, wie oft er das uns gegenüber in letzter Zeit betont hat? Nun gut, dann ist er eben der

Weitere Kostenlose Bücher