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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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Hinter ihnen schlug die Außentür zu.
    Kein Licht brannte. Im Vorraum war es absolut finster.
    »Was jetzt?«, fragte Jan.
    Sie tastete sich einfach vorwärts. »Komm her und halt dich an meinem Kleid fest.«
    »Das … tue ich doch schon«, sagte Jan zögernd.
    Julia fuhr es in die Glieder. Jan hatte sicherlich nicht ihr Gewand in der Hand. Sie konnte sich frei bewegen.
    »Ich spüre dich nicht!«, sagte sie nervös. »Was hältst du in der Hand?«
    »Au Backe!«, antwortete er. Dann verstummte er plötzlich.

    »Jan? Jan, was ist? So sag doch etwas!« Julias Stimme kletterte immer höher und wurde schriller.
    »Ich habe … etwas … in der Hand«, flüsterte Jan heiser. »Das bewegt sich nicht.«
    Plötzlich flammte ein Licht auf. Von einer Laterne war ein Tuch abgezogen worden. Eine Gestalt stand im Vorraum und warf ihren flackernden Schatten riesenhaft gegen Decke und Wand.
    Julia konnte nicht mehr, sie musste schreien und sie schrie sich beinahe die Seele aus dem Leib. Außerdem konnte sie nicht verhindern, dass ihr Körper atmete, schnell atmete, als wäre sie den gesamten Hradschinberg hinaufgerannt.
    »Ihr zwei macht einen Lärm, der nicht nur Tote aufweckt, sondern auch die Nachbarn.«
    Julia schnappte nach Luft. Sie musste sich beruhigen, tief durchatmen, doch der Krampf, der sie hatte schreien lassen, wich nur langsam.
    »Rabbi Löw!«, schalt sie den Geistlichen. »Ihr habt mir einen Schrecken eingejagt. Warum tut Ihr so geheimnisvoll?«
    Tatsächlich stand Rabbi Löw direkt hinter der Tür und hielt eine Laterne in der Hand. Jan stand neben ihm, kreidebleich, zitternd, einen Teil des Lampentuchs in der Hand. Erst jetzt ließ er los und wollte zu Julia hinüber, doch seine Beine gehorchten ihm nicht. Jedenfalls machte er keinen Schritt vorwärts.
    »Ihr bringt mir dunkle Kräfte in die Josefstadt, und das mitten in der Nacht.«
    »Ihr müsst uns helfen, Rabbi Löw!«, bat Julia.
    »Helfen? Warum muss ich, ein Jude, euch Christen helfen?« Mit dunklen Knopfaugen sah er Julia an. »Du bist davongelaufen, nachdem sich das zweite Gesicht des Studenten gezeigt hatte. Ich kam nicht mehr dazu, es dir zu
deuten.« Er sah von Jan zu Julia und zurück. Dann entwischte ihm doch ein Lächeln. »Jedenfalls hast du ihn auch so gerettet. Das heißt etwas.«
    »Wir bräuchten warme Sachen! Bitte«, wagte Jan zu sagen.
    Der Rabbi seufzte. »Kommt erst einmal herein und berichtet. Dann werden wir weitersehen.«
    Er führte sie in den für Julia bereits vertrauten Raum. Dann drehte er beide mit dem Gesicht zu einer jeweils anderen Ecke des Zimmers. »Zieht euch aus und gebt mir die nassen Sachen. Ihr riecht, als hättet ihr in der Moldau gebadet.«
    »Wir haben in der Moldau gebadet!«, gab Julia zurück. »Allerdings nicht freiwillig.«
    »Jetzt hör schon auf«, erwiderte Jan und schlüpfte aus Hose und Hemd.
    Plötzlich drehte Julia sich um. »Jan!«, rief sie. »Dein Rücken!«
    Jan drehte sich ebenfalls rasch herum, senkte jedoch den Kopf, als er sah, dass Julia völlig bloß dastand und nur die Hand vor ihre Scham hielt. Sein Blick wanderte über ihre Brüste und Julia ließ es einfach zu. Er musste sich räuspern, bevor er etwas sagen konnte, was sie amüsierte.
    »Wenn du das Mal meinst. Ich habe es von meiner Mutter. Es ist …«, er hob den Blick und sah Julia direkt in die Augen. »Es ist kein Teufelsmal, hörst du. Es ist keines!«
    »Ich meine nicht das Mal. Ich hätte es nicht einmal bemerkt …« Sie streckte ihre Hand aus und berührte seine Schulter. Dabei achtete sie nicht darauf, dass sie völlig nackt vor ihm stand. Jan zuckte zurück. Offenbar befürchtete er Schmerzen.
    Der Rabbi war nach draußen gegangen und brachte jetzt zwei Decken, in die sich die Jugendlichen wickeln konnten.
»Kleidung habe ich keine«, erklärte er. »Wir müssen warten, bis die eure trocken ist.« Er musterte die beiden Nackten mit nachdenklich gefurchter Stirn und befahl ihnen mit drehenden Zeigefingern, einander wieder den Rücken zuzukehren. »Was soll das denn?«, fragte er ernst.
    Julia wickelte sich rasch in eine der Decken, die er ihr hinhielt.
    »Er hat … ich meine, er ist nicht mehr verletzt. Der Leu … er hat ihm mit einer Kralle die Schulter … sie hat fürchterlich geblutet … sie war völlig durchbohrt.«
    Der Rabbi musterte Jan genau und presste die Lippen aufeinander. »Erzählt mir von dem Leu!«
    Jan begann zögernd und nachdenklich zu erzählen und wurde schließlich von Julia abgelöst, die ihr

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