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Haus der roten Dämonen

Titel: Haus der roten Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Dempf
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genau, wovon sie sprach. Wenn tatsächlich geschehen war, was er gespürt hatte, hätte er längst tot sein müssen. Verblutet. Die Klaue hatte sein Schulterblatt durchbohrt und die Lunge womöglich auch. Eine solche Verletzung überlebte niemand. Aber er war damit durch die halbe Stadt gerannt. Was war mit ihm los, zum Teufel? Was bedeuteten die blauen Funken, die seinen Körper beinahe ganz eingehüllt hatten, als er angegriffen worden war? Womöglich hatte es etwas mit seiner Mutter zu tun. Sie war als … Jan wollte das Wort nicht denken. Sie war anders gewesen. War ihr Anderssein wie das seine? Er musste es herausfinden.
    Sie schwiegen beide. Julia rutschte an ihn heran und drückte sich an seine Seite. Es war ihm keineswegs unangenehm.
Er genoss ihr Nahsein. Stumm saßen sie so eine ganze Weile und es genügten ihm die wärmende Nähe und das Geräusch ihres Atems.
    Ein angenehmes Prickeln durchzog seinen Körper – und deshalb empfand er es als ganz natürlich, einen Arm um ihre Schulter zu legen, auch wenn der Arm einen Schmerz in sein Hirn stach, dass er glaubte, die Hölle würde ihn holen. Julia entzog sich ihm nicht, sondern rückte noch ein wenig zu ihm. Die Nähe wärmte. Sie legte ihren Kopf so leicht an seine Brust, dass er das Gewicht kaum spürte.
    »Wo kommen diese Tiere her, Jan? Zuerst die Chimäre, dann das Schlangenwiesel in unserem Vorgarten und jetzt dieser Leu!«
    Jan wollte jetzt eigentlich nicht an diese Ungeheuer denken. Er fühlte sich so zufrieden, dass er sich mit Gewalt wachhalten musste. Das Glück in seinem Brustkorb schläferte ihn ein.
    »Es sind Vorzeichnungen für einen Festumzug des Kaisers. Der Adlatus Messer Arcimboldos verändert diese Zeichnungen und erweckt sie irgendwie zum Leben. Er malt wohl auch selbst Bilder«, erklärte Jan mühsam.
    »Aber das sind Zeichnungen. Keine gefährlichen Lebewesen«, widersprach Julia.
    »Contrario-Buntfinger – und auch mein Meister – verwenden einen Firnis, mit dem die Dinge lebendig werden.«
    »Dann stimmt es also doch«, entfuhr es Julia. Sie hob den Kopf. Vermutlich sah sie ihn an und Jan stellte sich für einen Moment ihre Augen vor.
    »Was stimmt?« Jetzt war auch Jan neugierig geworden.
    »Das erkläre ich dir, wenn wir dort sind, wo ich hinwill!«, bestimmte Julia. Oben auf der Brücke war das Schnaufen des Leu zu hören. »Wie lange wird er die Brücke bewachen?«, fragte Julia.

    »Ich weiß es nicht!« Jan konnte sich nur noch mühsam wachhalten. »Vermutlich bis er uns gefunden hat.« Er wollte schlafen, sich ganz dem seligen Gefühl der Müdigkeit überlassen. Ihm fielen die Augen zu, kaum dass er es sich bequem gemacht hatte. Seine Wange berührte ihre Haare und in seine Nase stieg ein Duft von Lavendel. Zuerst kitzelte ihn das Haar, doch dann sank er hinüber in eine stille Ruhe.
    Wie lange er so gelegen hatte, konnte Jan nicht sagen. Als der Leu zu brüllen begann, schrak er hoch und bemerkte, wie Julia in der Dunkelheit ebenfalls zusammenzuckte. Er hatte im Sitzen geschlafen. Sie hatte sich auf seinen Schoß gelegt und war dort eingenickt. Auch sie hatte das Gebrüll geweckt. Es war ein zorniges, ein wütendes Gebrüll. Gefährlich und aus drei Kehlen gleichzeitig ausgestoßen. Beide lauschten sie in die Finsternis hinein.
    Julia klammerte sich an ihn. Jan hörte ihren schnellen Atem und dann ein Flüstern, das einem Hauchen glich: »Was hat er nur?«
    Der Dreiköpfige tappte den Brückenweg hinauf und hinunter, stieß Luft durch die Nüstern und hielt die Nase in den Wind. Er witterte.
    »Er riecht uns!«, flüsterte Jan. Und als würde der Leu ihn bestätigen, begann er wieder zu brüllen und die Brücke entlangzuschnüffeln.
    »Ein Fischerboot. Wir müssen ein Fischerboot nehmen!« Julia war ganz aufgeregt, so sehr hatte ihre Idee sie gepackt. »Solange es Nacht ist, wird er uns kaum sehen. Ins Wasser wird er uns auch nicht folgen. Katzen mögen kein Wasser – und wenn er uns bis ans andere Ufer nachkommt, lassen wir den Kahn einfach weitertreiben, bis wir sicher anlanden können.«
    Jan musste gegen seine Müdigkeit ankämpfen. Zwar
hatte der Schmerz nachgelassen, doch er hatte das Gefühl, als wäre alle Kraft aus ihm herausgesaugt worden. »Wo willst du das Boot denn hernehmen?«
    »Das dürfte kein Problem sein. Wir sind doch auf der Fischerinsel.« Julia erhob sich und tastete sich vorwärts. »Bleib liegen. Ich suche uns ein Boot und komme wieder.«
    Zu gern wäre Jan auf ihren Vorschlag eingegangen. Der

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