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Haus der Sonne

Haus der Sonne

Titel: Haus der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel Findley
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»Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag, Makkaherinit« ab.
    »Hey, Augenblick mal«, rief ich ihm nach.
    Oder jedenfalls versuchte ich es ihm nachzurufen. Ich versuchte Luft zu holen... und konnte es nicht. Ich versuchte mich zu bewegen... und konnte es nicht. Ich versuchte zu blinzeln... und konnte es nicht.
    Offenbar Magie - ein mächtiger Lähmungszauber. Harlech mußte ihn gegen mich gewirkt haben, um sich Zeit für seinen Abgang zu verschaffen. Jedenfalls dachte ich mir das später. Im Augenblick ging mir nur ein Gedanke durch den Kopf.
    Ich war, verdammt noch mal, gelähmt, und ich war, verdammt noch mal, entsetzt. Ihr Geister, waren Sie schon mal gelähmt? Ich kann Ihnen sagen, es ist ganz und gar nicht so, wie man es sich vorstellt... oder jedenfalls nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Vielleicht gibt es Lähmungszauber, die nur willkürliche Muskelbewegungen unmöglich machen und die unwillkürlichen unbeeinträchtigt lassen. Dieser nicht. Ich konnte nicht atmen, weder ein noch aus, und ich konnte nicht einmal meinen Puls hören. Jede Muskelfaser meines Körpers schien in der Stellung erstarrt zu sein, die sie innegehabt hatte, als Harlech seinen Zauber, oder worum es sich handelte, gewirkt hatte.
    Ich sah ihn weggehen. Dann verschwand er aus meinem Gesichtsfeld, und ich konnte die Augen nicht bewegen, um ihm zu folgen. Ich war wie festgenagelt, starrte auf ein Stück Wiese und einen blühenden Baum - der Baum war ein wenig unscharf, und ich konnte meine Augen nicht einmal fokussieren -, und ich fragte mich, ob das der letzte Anblick meines Lebens sein würde. Der Elf hatte implizit durchblicken lassen, daß ihm nichts an meinem Tod lag, was bedeutete, daß er den Zauber irgendwann aufheben würde... aber auch schnell genug? Wie gut war seine Schätzung der Anoxie-Toleranz eines über dreißigjährigen ehemaligen Shadowrunners, der nicht in bester Verfassung war? Wenn er den Zauber schließlich aufhob und meine Herzgefäße ihre Arbeit wieder aufnahmen, wieviel meines Hirns würde dann aufgrund des Sauerstoffmangels bereits abgestorben sein? Kein sehr angenehmer Gedanke...
    Mein Gesichtsfeld verengte sich, und kleine verschwommene Sterne tanzten vor meinen Augen. Mit wachsender Verzweiflung versuchte ich noch einmal, Atem zu holen...
    Und ich wollte verdammt sein, wenn es diesmal nicht funktionierte. Ich füllte meine Lungen, ein gewaltiges jubilierendes Inhalieren. (Wer sagt, der Orgasmus sei die beste Erfahrung der Welt? Ich weiß es besser, Chummer, es ist Atmen ...) Mein Herzschlag setzte wieder ein, ein gleichmäßiges Hämmern in meinen Ohren. Ich ließ mich auf Hände und Knie fallen und genoß einfach das Gefühl, daß Brust und Zwerchfell taten, was sie tun sollten. Die kleinen verschwommenen Sterne lösten sich auf, und mein Gesichtsfeld dehnte sich langsam wieder aus, und schließlich ließ auch das Entsetzen nach. Als ich wieder an etwas anderes als mein persönliches Überleben denken konnte, war der Elf spurlos verschwunden.

16
    Ich saß hinten in dem Bus und beobachtete mürrisch die Auswahl der (Meta-)Menschheit, die mit mir in dem Fahrzeug saß. Die meisten waren wohl Angehörige der hawai'ianischen Arbeiterklasse, aber es gab eine signifikante Minderheit jüngerer Leute, die ich provisorisch als Söhne und Töchter von Konzern-Urlaubern klassifizierte. (Wußten Mama und Papa Pinkel, daß ihre kleinen Lieblinge in einem verdammten Bus fuhren, anstatt sich in einer Limousine herumkutschieren zu lassen? Nicht, daß es eine Rolle spielte...) Der ›Kürzlich Verstorben‹-Look schien wieder in Mode zu sein: gebleichte Haut, schwarz gefärbtes Haar und Make-Up, das den Augen einen eingefallenen Ausdruck verlieh. Alles, was durchstochen werden konnte, war durchstochen. Das einzige, was diese Jung-Pinkel vom Abschaum des Sprawl unterschied, war die Qualität - und offensichtliche Kostspieligkeit - ihrer Kleidung. Ja klar, sie trugen die angesagten Motorradjacken und verwaschenen und eingerissenen Jeans. Aber die Jacken waren aus echtem und nicht aus künstlichem Leder, und sie hatten ihre Jeans offensichtlich vorgebleicht und eingerissen gekauft.
    Und dann die T-Shirts und Sweatshirts, die sie unter den Jacken trugen - mit Logos von gerade angesagten Konzernen übersät. Ich kenne mich mit Mode nicht aus, echt nicht, aber ich weiß, wie sich ein gerade angesagtes Label auf den Preis auswirkt. Ich seufzte. Im großen Plan der Dinge besteht der einzige Unterschied zwischen Kühen und

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