Haus der Vampire 02 - Der letzte Kuss-ok
wäre sehr...
»... ungünstig«, vollendete Claire flüsternd den Satz. Yeah. Ziemlich ungünstig. Und es konnte keine Rede davon sein, dass es sich hier nicht um Unruhestiften handelte – oder bald handeln würde, wenn Shanes Dad noch länger in der Stadt unterwegs war. Er war gekommen, um Vampire zu töten, und würde sich nicht von solchen Lappalien abhalten lassen wie etwa der Sicherheit und dem Leben seines Sohnes.
Nein, keine gute Idee, Amelie zu rufen.
Wen sonst? Oliver? Oliver stand nicht gerade weit oben auf Claires Beste-Freunde-fürs-Leben-Liste, auch wenn sie ihn am Anfang für ziemlich cool gehalten hatte, obwohl er ein alter Knacker war. Aber er hatte sie ausgespielt und rangierte auf Platz zwei der knallharten Vamps der Stadt. Er würde sie und diese ganze Situation gegen Amelie ausnutzen, wenn er konnte.
Also nein. Oliver auch nicht. Die Polizei war von den Vampiren gekauft und wurde von ihnen bezahlt. Ihre Lehrer am College... nein. Keiner von ihnen hatte bei ihr den Eindruck hinterlassen, willens zu sein, sich gegen Druck aufzulehnen.
Mom und Dad? Sie schauderte, wenn sie daran dachte, was passieren würde, wenn sie sie verzweifelt um Hilfe bat...Vor allem weil die Erinnerungen ihrer Eltern bereits durch das seltsame übersinnliche Feld Morganvilles verändert waren – das nahm Claire zumindest an. Denn sie hatten ganz vergessen, dass sie ihre Tochter eigentlich heimbeordert hatten, weil sie außerhalb des Campus wohnte. Mit Jungs. Mom und Dad stellten jetzt nicht unbedingt die Unterstützung dar, die sie brauchte, nicht gegen Shanes Dad und seine Biker.
Ihr Cousin Rex... nun, das war vielleicht eine Idee. Nein, Rex war vor drei Monaten ins Gefängnis gewandert. Sie erinnerte sich daran, dass ihre Mutter das erwähnt hatte.
Sieh den Tatsachen ins Auge, Danvers. Niemand ist da. Niemand, der zu deiner Rettung geritten kommt.
Jetzt galt es: sie, Eve und Shane gegen den Rest der Welt.
Die Chancen standen also etwa drei Milliarden zu eins.
2
E s war ein endlos langer Tag. Claire streckte sich schließlich auf einer Seite des Bettes aus, Eve auf der anderen, jede in ihren eigenen Kokon aus Kummer und Herzschmerz eingesponnen. Sie redeten nicht viel. Es schien eh nicht viel zu geben, worüber man hätte reden können.
Es war fast dunkel, als jemand am Türknauf rüttelte und Claire fast eine Herzattacke bekommen hätte. Sie näherte sich langsam der Tür und flüsterte: »Wer ist da?«
»Shane.«
Sie schloss schnell auf und öffnete die Tür. Shane betrat mit gesenktem Kopf das Zimmer, ein Tablett mit zwei Schalen Chili in der Hand – so ziemlich das Einzige, was er zubereiten konnte. Er stellte es auf dem Bettrand neben Eve ab, die dasaß wie eine Stoffpuppe ohne Füllung, schlaff vor Trauer und Niedergeschlagenheit.
»Iss was«, sagte er. Eve schüttelte den Kopf. Shane nahm eine der Schalen und schob sie in ihre Richtung; sie nahm sie, nur um zu vermeiden, dass sie eine unfreiwillige Chili-Dusche abbekam, und starrte ihn zornig an.
Claire bemerkte, wie sich Eves Gesichtsausdruck veränderte. Zuerst wurde er ausdruckslos, dann entsetzt.
»Nichts passiert«, sagte Shane, als Claire herüberkam, um ihn anzuschauen. Es war nicht nichts passiert. Nicht wenn das Ergebnis dunkle Blutergüsse waren, die sich über Wangen und Kiefer verteilten. Shane wich ihren Blicken aus. »Meine eigene Schuld.«
»Himmel«, flüsterte Eve. »Dein Dad...«
»Meine eigene Schuld«, fuhr Shane sie an, stand auf und ging zur Tür. »Hört mal, ihr versteht das nicht. Er hat recht, okay? Ich lag falsch.«
»Nein, ich verstehe das nicht«, sagte Claire und packte ihn am Arm. Er riss sich ohne Mühe los und ging weiter. »Shane!«
In der Tür hielt er an und schaute zu ihr zurück. Er sah verletzt, resigniert und übellaunig aus, aber es war die Verzweiflung in seinen Augen, die sie erschreckte. Shane war doch immer stark. Er musste es sein. Sie brauchte das.
»Dad hat recht«, sagte er. »Diese Stadt ist krank, sie ist vergiftet und sie vergiftet auch uns. Wir können nicht zulassen, dass sie uns fertigmacht. Wir müssen sie ausschalten.«
»Die Vampire? Shane, das ist bescheuert! Das schafft ihr nicht! Du weißt, was passieren wird!«, sagte Eve. Sie stellte die Chili-Schale zurück auf das Tablett und erhob sich vom Bett. Sie sah verheult und verloren aus, war inzwischen aber wieder eher sie selbst. »Dein Dad ist verrückt. Tut mir leid, aber das ist wirklich so. Lass nicht zu, dass er dich mit
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