Haus der Versuchung
wieder?«
»Sofern es sich um eine Auffrischung handeln würde, ja. Nur wenn Rob Gill meinen würde, Sie hätten an Ihren ersten beiden Wochenenden nicht genug gelernt, würde er Sie einem anderen Tutor zuteilen. Wir möchten schließlich nicht, dass Sie Ihr Geld vergeuden. Wobei ich mir das ehrlich gesagt nicht vorstellen kann. Bei Simon fällt niemand durch.«
»Nein, das kann ich mir auch nicht vorstellen«, sagte Natalie leise.
»Wie schön, Sie wiederzusehen, Miss Bowen«, sagte in dem Moment Simon, der gerade durch die Eingangstür trat. »Wie war Ihre Woche?«
»Interessant«, antwortete sie.
»Gut. Ich glaube, es ist wirklich wichtig, einen interessanten Job zu haben.«
»Na, den haben Sie hier ja auf alle Fälle.«
»Ja, in der Tat. Ist es Zimmer siebzehn?«, fragte er die Rezeptionistin. Diese nickte. »Gut, darum hatte ich ja auch gebeten. Wenn du mir den Schlüssel gibst, werde ich Natalie sofort hinaufbegleiten.«
Als Natalie Simon den mit dickem Teppich ausgelegten Flur entlang und die Treppe nach oben folgte, begann ihr Herz heftig zu klopfen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und wagte eine Frage: »Ist an diesem Zimmer irgendwas Besonderes?«
»Es ist sehr komfortabel.«
»Das habe ich nicht gemeint.«
»Nun, da wären wir – sehen Sie doch einfach selbst.«
Er stieß die Tür auf und machte einen Schritt zur Seite, um ihr den Vortritt zu lassen. Der Raum war mindestens doppelt so groß wie ihr Zimmer beim ersten Besuch, und sogar noch edler eingerichtet, was Vorhänge und Teppiche betraf. Doch das war es nicht, was ihre Aufmerksamkeit erregte. An einer Seite des Raumes hing jedoch zwischen Bett und Fenster eine hölzerne Barrenstange von der Decke – die erinnerte sie ein wenig an die Turngeräte in ihrer Schule.
»Wozu dient die da?«, fragte sie.
»Das werden Sie morgen erfahren. Sobald Sie sich frisch gemacht haben, können Sie jederzeit nach unten kommen und zu Abend essen. Ihre erste Lektion findet heute Abend um neun Uhr statt. Und zwar nicht hier, sondern im Zimmer eines anderen Gastes.«
Natalie hütete sich zu fragen, was um neun passieren würde. »Und wo treffe ich Sie?«
»In dem kleinen Nichtrauchersalon. Sie können sich dort nach dem Essen einen Drink servieren lassen. Und selbst wenn es Sie nicht nach einem Drink verlangt, ist das dort ein sehr angenehmes Ambiente.«
»Gut, dann bis später.«
Simon streckte die Hand aus und strich mit den Fingern durch ihr blondes Haar. »Sie sind sehr nervös, nicht wahr?«
»Ja«, gestand sie.
»Das brauchen Sie nicht zu sein. Sie werden sich bald wieder in alles einfinden. Und vergessen Sie nicht, wir sind alle nur hier, um Ihnen zu helfen.«
»Haben Sie Grace auch geholfen?«, platzte sie heraus und bereute es sofort, denn Simons Gesicht wurde dunkel vor Zorn.
»Wie oft muss ich Sie noch daran erinnern, dass jeder, der die Tore des Haven passiert, sein alltägliches Leben hinter sich lässt? Ich denke, Sie sollten sich entschuldigen.«
Natalie war nicht danach zumute, sich zu entschuldigen, vor allem, nachdem er ihre Frage nicht einmal beantwortet hatte, doch ihr Verstand sagte ihr, dass es der einzig gangbare Weg war. »Tut mir schrecklich leid«, murmelte sie.
»Es würde mir besser gefallen, wenn es auch so klänge, als ob Sie es ernst meinten«, sagte Simon. »Aber ich nehme Ihre Entschuldigung trotzdem an.«
»O Gott«, seufzte Natalie, nachdem sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte. »Was habe ich bloß getan?«
13. Kapitel
N atalie fand sich aus Angst, zu spät zu erscheinen, schon um zehn vor neun in dem kleinen Salon ein. Sie hatte nur ein leichtes Abendessen zu sich genommen, da sie vor Aufregung kaum Appetit hatte. Sie hatte mit zwei anderen Frauen und drei Männern an einem Tisch gesessen, doch da alle anderen zum ersten Mal hier waren, gestaltete sich die Konversation etwas problematisch. Sie hätte sich gewünscht, Sajel, Juliette oder Victoria wiederzusehen.
Es fiel ihr schwer, sich mit den Neuankömmlingen zu unterhalten, da diese noch keine Ahnung davon hatten, wie sehr das Wochenende sie verändern würde. Außerdem wusste Natalie, dass sie aufpassen musste, um nichts zu verraten. Wenn sie zurückdachte, staunte sie über ihre eigene Naivität vor nur einer Woche und das Ausmaß ihrer Verwandlung. Gleichzeitig war ihr bewusst, dass sie noch viel zu lernen hatte.
»Wie schön«, sagte Simon beim Hereinkommen. »Ich liebe pünktliche Frauen.«
»Ich war sogar überpünktlich«, gab sie
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