Haus der Versuchung
bis Mittwoch«, versprach Natalie.
»Also dann, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für mich genommen haben. Die Sache mit dem falschen Namen tut mir leid, aber sie war berechtigt, nicht wahr? Hätten Sie meinen richtigen Namen gehört, hätten Sie mich sicher nicht empfangen.«
»Hat Sara denn nicht Ihren richtigen Namen genannt?«
»Doch, das muss sie getan haben, denn zu dem Zeitpunkt hat er Ihnen ja ohnehin noch nichts gesagt. Aber als ich zurückrief, um die Uhrzeit zu bestätigen, habe ich mich als Sam Tudor ausgegeben.«
»Und Sie hätten wirklich kein Problem damit, für mich zu schreiben, wenn ich mich entschließe, den Artikel doch zu nehmen?«
»Nicht das geringste. Ich bin gut in meinem Job, Sie sind gut in Ihrem. Und um nichts anderes geht es doch in diesem Business.«
»Schön«, sagte Natalie, erhob sich und streckte ihm die Hand hin. »Grace wird Sie hinausbegleiten.«
»Ja«, sagte Simon und lächelte. »Grace wirkt nicht wie jemand, der jemals ins Haven kommen müsste. Ist sie im Moment solo oder in einer Beziehung?«
»Ich habe keine Ahnung«, log Natalie. In Wirklichkeit wusste sie, dass Grace sich erst kürzlich von ihrem Freund getrennt hatte, aber das würde sie Simon bestimmt nicht auf die Nase binden. Allein der Gedanke daran, dass er Grace um ein Date bitten könnte, machte sie eifersüchtig. Wenn es nach ihr ginge, würde das einzige Redaktionsmitglied, mit dem er je ausging, die Eigentümerin und Herausgeberin sein.
Simons Besuch beunruhigte Natalie, und sie konnte sich für den Rest des Tages nur sehr schwer auf die Arbeit konzentrieren. Am Ende resignierte sie und beschloss um siebzehn Uhr, es für heute gut sein zu lassen und sich Simons Artikel mitzunehmen.
»Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Grace.
»Mir geht’s gut – nur ein bisschen müde, das ist alles. Ich nehme mir ein wenig Arbeit mit nach Hause.«
»Könnte ich vielleicht den Artikel lesen, den Sam Tudor dagelassen hat?«
»Nein, tut mir leid«, sagte Natalie. »Der gehört zu den Sachen, die ich mir mitnehmen und erst einmal selbst anschauen will.«
»Dann würde ich ihn mir morgen gern anschauen.«
»Woher kommt dieses Interesse? Bist du etwa nicht ausgelastet? Ich muss ja wirklich nachgelassen haben, wenn dir schon die Arbeit ausgeht.«
»Das ist es nicht.« Grace lachte. »Aber da wir morgen Abend zum Essen ausgehen, dachte ich, es wäre nett, seinen Artikel gelesen zu haben.«
»Er hat dich um eine Verabredung gebeten?«
Grace schien von Natalies Ton irritiert. »Ja. Und gibt es irgendeinen Grund, warum ich das hätte ablehnen sollen?«
Natalie zwang sich zu einem Lächeln. »Natürlich nicht. Ich dachte nur nicht, dass er dein Typ wäre, das ist alles.«
»Ich fand ihn schlichtweg umwerfend«, gestand Grace.
»Er ist ein ziemlicher Macho.«
»Ach ja?« Graces Augen leuchteten. »Das ist ja mal eine nette Abwechslung. Ich muss zugeben, dass ich auf die neue Sorte Mann sowieso nicht besonders scharf bin. Auch wenn man das eigentlich nicht zugeben soll. Anfangs gefallen mir diese Typen natürlich irgendwie, aber später langweilen sie mich. Bei dir ist das selbstverständlich etwas anderes.«
»Warum ist das bei mir etwas anderes?«
»Na ja, du brauchst niemand, der dich beschützt«, erklärte Grace. »Ich wünschte, ich wäre mehr wie du, aber das bin ich eben nicht.«
»Nur weil er ein Macho ist, heißt das noch lange nicht, dass er dich beschützen wird«, giftete Natalie. »Wahrscheinlicher ist, dass er dich ausnutzt.«
»Wir gehen doch nur zusammen essen«, sagte Grace leise. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie er mich bei einem Restaurantbesuch ausnutzen soll. Wenigstens scheint er einer von der Sorte zu sein, die danach die Rechnung übernehmen, was ja auch mal eine nette Abwechslung darstellt.«
»Wie war John denn so?«, fragte Natalie neugierig und erleichtert, dass ihr immerhin der Name von Graces Exfreund eingefallen war.
»Ach, eindeutig der Typ neuer Mann.«
Natalie musterte ihre Assistentin nachdenklich. »Meinst du, die Message unserer Zeitschrift hat Auswirkungen auf dein Leben, Grace?«
»So viel oder wenig wie auf das Leben jeder anderen Frau.«
Natalie staunte über die Antwort der jungen Frau. »Wie meinst du das?«
Grace wirkte verunsichert. »Also, ich möchte hier überhaupt nichts kritisieren. Ich halte es für ein tolles Magazin, und wenn nicht massenhaft Frauen der gleichen Meinung wären, hätte es sich bis jetzt nicht so gut verkauft. Aber auch wenn alles,
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