Haus der Versuchung
ob dich das Haven überhaupt verändert hat«, sagte Simon.
»Im Büro möchte ich über das Haven überhaupt nicht sprechen.«
»Natürlich nicht. Aber pass nur auf, dass du es nicht auch vergessen hast, wenn du am Abend die Bürotür hinter dir zumachst.«
Nachdem er ihr Zimmer verlassen hatte, wurde Natalie bewusst, wie verspannt sie war. Sie hatte ihre Schultern viel zu weit hochgezogen. Erst als sie ein paarmal tief durchgeatmet und sich selbst eine kleine Kopfmassage gegönnt hatte, wurde sie wieder lockerer. Simons unglaubliche sexuelle Ausstrahlung, seine animalische Anziehungskraft waren so stark, dass sie sich kaum aufs Berufliche hatte konzentrieren können. Sie hatte auch gefürchtet, er könne versuchen, in gewisser Weise ihre Autorität zu untergraben, aber zu ihrer Erleichterung war das nicht passiert. Das Einzige, was ihr Sorgen machte, war, dass es ihr vielleicht schwerfallen würde, am Abend zugänglich zu sein, wenn sie sich tagsüber so distanziert und zurückhaltend geben musste.
Um siebzehn Uhr betrat Simon ihr Büro wieder und legte ihr einige Blatt Papier auf den Tisch. »Bitte schön, der Artikel, den du haben wolltest. Ich habe die Deadline um dreißig Minuten unterschritten.«
Natalie nickte. »Sehr löblich. Dann habe ich ja noch Zeit, ihn zu lesen, bevor wir aufbrechen.«
»Solange du nicht versuchst, darüber zu diskutieren, wenn wir zu Hause sind.«
»Bei mir zu Hause meinst du.«
»Ach, Natalie«, sagte Simon sanft. »Wann wirst du das begreifen? Ich dachte, es sollte unser Zuhause sein, im Moment zumindest.«
Natalie war verwirrt. »Ja, natürlich, das soll es auch sein, aber…«
»Aber für dich ist es erst einmal noch deins, so wie das Magazin, nicht wahr?«
»Nein«, protestierte sie. Aber insgeheim wusste sie, dass er recht hatte. Es würde ihr sehr schwerfallen, ihr Privatleben mit einem anderen Menschen zu teilen, und indem sie ihn daran erinnerte, dass die Wohnung, in der sie leben würden, ihr gehörte, versuchte sie wohl, ihn daran zu hindern, die absolute Kontrolle zu übernehmen. »Ich ruf dich an, wenn ich es gelesen habe«, sagte sie abweisend.
Nach zwanzig Minuten stand Simon erneut vor ihrem Schreibtisch. »War es in Ordnung?«, fragte er höflich.
Natalie runzelte die Stirn. »Ich fürchte, nein.«
»Was stimmt nicht damit?«
»Setz dich, dann sage ich es dir.«
Er zögerte kurz, ließ sich aber doch, sehr langsam, auf einen Stuhl sinken, verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie nachdenklich an. »Schieß los.«
»Du nimmst unseren Leserinnen gegenüber eine gönnerhafte Haltung ein«, sagte Natalie. »Um genau zu sein, grenzt es sogar gefährlich nah an Verachtung für sie. So ist unser Magazin aber nicht gedacht. Dabei ist es doch so, dass Haustiere dich nicht danach beurteilen, wer du bist oder was für einen Job du hast, sie bilden sich ihre Meinung nur nach deinem Verhalten ihnen gegenüber. Und genau darum verbringen einige Karrierefrauen ihre Freizeit lieber mit ihrem Haustier als mit einem Mann. Bei dir klingt es so, als sei mit diesen Frauen etwas nicht in Ordnung.«
»Anstatt mit den Männern, meinst du?«
»Ja, ich denke schon.«
»Ich glaube aber nicht, dass mit den meisten Männern etwas nicht in Ordnung ist. Ich finde es auch okay, wenn Frauen ein süßes Hündchen oder Kätzchen haben wollen. Aber sie können von Männern nicht erwarten, dass sie sich wie diese possierlichen Geschöpfe benehmen.«
Natalie bemühte sich, sachlich zu bleiben. »Simon, hier geht es nicht in erster Linie darum, was du denkst, sondern um das große Ganze. Das ist doch nur mal wieder ein Beweis dafür, dass beruflich erfolgreiche Frauen schlecht wegkommen.«
»Macht doch nichts. Ihre Schwäche gereicht den Tieren doch nur zum Vorteil.«
»Sei nicht respektlos. Ich hätte gern, dass du das morgen neu schreibst. Ich weiß, du kannst das besser.«
»Dann weißt du mehr als ich. Aber da du ja anscheinend so genau weißt, wie der Artikel geschrieben sein sollte, würdest du ihn vielleicht am liebsten gleich selbst verfassen.«
Natalie begann, die Geduld zu verlieren. »Simon, ich bin hier die Herausgeberin. Ich habe das letzte Wort, und ich sage dir, das ist nicht gut genug. Ich versuche ja nicht zu zensieren, was du schreibst –«
»Doch, das tust du.«
»Das tue ich nicht. Ich bitte dich einfach nur, den Sachverhalt ein wenig einfühlsamer zu betrachten, das Ganze noch einmal zu überdenken und neu zu schreiben.«
»Mir war nicht klar, dass
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