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Haus des Todes

Haus des Todes

Titel: Haus des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shayne
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gefragt, ob sie gern elektrisches Licht da drinnen installiert hätte. Sie hatte Nein gesagt. Jetzt zog sie in Erwägung, ihn morgen früh anzurufen und ihm mitzuteilen, dass sie es sich anders überlegt hatte. Mittlerweile hatte sie ihren Morgenmantel entdeckt und riss ihn an sich mit der Geschwindigkeit einer Kobra, die eine Feldmaus schnappt. Sie trat einen Schritt zurück, warf die Schranktür zu und spürte, wie ihr Herz heftig klopfte.
    A-t-m-e, dachte sie. Und das tat sie dann auch. Sie machte einen langen, tiefen, langsamen Atemzug, sodass ihre Lungen zum Platzen voll wurden, wartete ein bisschen, zählte dabei bis vier und atmete dann tief aus, bis ihre Lungen vollständig leer waren. Diesen Vorgang wiederholte sie ein paar Mal, bis sie sich schließlich wieder im Griff hatte. Danach kam sie sich ziemlich dumm vor.
    Sie glaubte nicht an Gespenster, die in Kleiderschränken hausten. Verdammt, ihr beruflicher Erfolg basierte darauf, Unsinn genau dieser Art zu entlarven. Genauer gesagt basierte er darauf, in dieser gespenstischen kleinen Touristenstadt selbst ernannten Hellsehern, Medien, Gurus und Geisterjägern das Handwerk zu legen. Und keinem gefiel das. Nicht dem Bürgermeister, nicht dem Stadtrat und am allerwenigsten den selbst ernannten Hellsehern, Medien, Gurus und Geisterjägern.
    Doch dank der Verfassung der Vereinigten Staaten konnte man die Pressefreiheit nicht mit der Begründung verbieten, dass sie schlecht für den Tourismus war.
    Sie zog ihren Morgenmantel an, der sich wunderbar flauschig auf ihrer Haut anfühlte, atmete tief durch und nahm all ihren Mut zusammen, um sich für den Gang ins Badezimmer zu wappnen. Ihr Haarbürste war da drin – und auch ihre diversen Hautcremes, der Nagelhautschieber und die Zahnbürste. Und sie musste auch noch den Stöpsel aus der Badewanne ziehen, damit das Wasser abfließen konnte. Sie würde da reingehen. Kalte Zugluft war nichts, wovor man Angst haben musste.
    Entschlossen setzte sie einen Fuß vor den anderen und marschierte zur Tür. Sie legte ihre Hand auf den antiken ovalen Türknauf aus Porzellan und öffnete die Tür. Die Luft, die ihr entgegenschlug, war nicht mehr eisig. Vielmehr war sie genauso warm wie die Luft im Schlafzimmer.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung ging sie hinein. Doch als ihr Blick auf den Badezimmerspiegel fiel, war es mit der Erleichterung vorbei und sie erschrak bis in die Knochen. Der Spiegel war nicht mehr beschlagen. Was sie sah, war etwas Anderes. Etwas viel, viel Schlimmeres.
    Quer über das feuchte Spiegelglas stand in scharlachroten Buchstaben, deren Farbe den Spiegel hinunterlief, “HAUS DES TODES”.
    Jemand schrie. Erst nachdem Kiley die Treppe hinuntergelaufen, durch die Haustür ins Freie gestürzt und auf dem rissigen, unebenen Bürgersteig gute zehn Meter die Straße entlanggestolpert war, wurde ihr klar, dass es ihr eigener Schrei gewesen war, den sie gehört hatte.
    Da stand sie nun, mitten in der Nacht im Oktober, barfuß und mit nichts als einem Morgenmantel im Herbstwind und starrte auf ihr Traumhaus mit seinen Türmchen und Giebeln und der Balustrade auf dem Dach. So ein schönes Gebäude, alt und solide. Und derzeit umgeben vom leuchtenden Rot und schimmernden Gelb der Ahornbäume und Pappeln auf dem Höhepunkt ihrer herbstlichen Farbenpracht.
    Sie schluckte und ließ ihren Blick nach unten schweifen, wo ihr Auto in der Einfahrt neben dem Haus stand. Die “Hüpfende Lana” war ein 87er Buick Regal – eine rostbraune, viertürige Limousine, die Benzin wie M&Ms verschlang und klang wie ein Panzer.
    Kiley straffte die Schultern und zwang sich, zum Auto zu gehen – obwohl das bedeutete, sich ihrem Haus zu
nähern
, wo doch jede Zelle ihres Körpers förmlich danach schrie, sich davon schleunigst zu
entfernen
. Sie öffnete Lanas Tür und stieg ein. Sobald das Innenlicht anging, konnte sie nicht anders, als sofort die Rückbank des Wagens zu inspizieren. Nichts zu sehen. Der Schlüssel steckte im Zündschloss, denn falls jemand den Mut hatte, Kiley Brighams Auto zu klauen, würde sie sich gezwungen sehen, bittere Rache zu üben. Sie hatte sich schon oft ausgemalt, mit welchem Vergnügen sie dem Dieb seinen traurigen Hintern versohlen würde. Außerdem – wer würde schon einen 87er Buick stehlen?
    Sie drehte den Schlüssel im Zündschloss. Lana protestierte brummend gegen die Störung zu dieser unerhört unchristlichen Zeit, sprang dann aber doch an und schob ihr stattliches Hinterteil kooperativ hinaus

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