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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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echter Gönner. Die Zahlungen haben vor ungefähr
fünf Jahren begonnen. Macht summa summarum …«, Hecht rechnete kurz, »… macht
insgesamt dreißigtausend Euro, die er an diese Stiftung überwiesen hat.«
    Morgenstern dachte wieder an das Jurahaus vom Vorabend, und Neid
keimte grünlich in ihm auf.
    Hecht blätterte weiter in den Kontoauszügen. »Was dich interessieren
dürfte: Er hat auch seine Tochter noch regelmäßig alimentiert.«
    »Ist nicht wahr!«, sagte Morgenstern. »Und ich dachte, die ach so
autonome Raphaela wäre längst flügge gewesen. In dem Alter muss doch keiner
mehr für den Nachwuchs bezahlen, es sei denn, er würde studieren. Tut sie aber
nicht.«
    »Und trotzdem kam jeden Monat getreulich eine Überweisung von Papi.
An die Hamburger Sparkasse, die Haspa.«
    »Lass sehen«, drängte Morgenstern. »Aha, da haben wir es ja. Noch
mal fünfhundert Euro im Monat, die unser Herr Ledermann gelöhnt hat. Braver
Mann, ein guter Vater, ich sehe schon. Das hat ja beinahe etwas Biblisches. Der
verlorene Sohn, oder in diesem Fall die verlorene Tochter, die der Vater nicht
fallen lässt.«
    »Tausend Euro im Monat einfach so raushauen«, bilanzierte Hecht und
wedelte mit dem Bündel Auszüge. »Davon können wir beide nur träumen. Wenn ich
am Bankautomaten Geld abhebe, muss ich jedes Mal erst kontrollieren, ob
überhaupt noch was auf dem Konto ist.«
    Morgenstern vermutete, dass sein Kollege seine geschiedene Frau unterstützen
musste und deshalb finanziell besonders klamm war, behielt es aber für sich.
    »Der Bankautomat …«, wiederholte er sinnend. Irgendetwas kam
ihm seltsam vor. »Gib mir mal die Auszüge«, sagte er und blätterte sie erst
schnell, dann noch einmal sorgfältig durch.
    »Ist das sein einziges Girokonto?«, fragte er. »Vielleicht hatte er
noch ein zweites, bei der Postbank oder so?«
    Hecht schüttelte den Kopf. »Nein, das ist alles. Mit Ausnahme von
mehreren Festgeldkonten, und die sind auch bei der Sparkasse.«
    »Sonderbar«, sagte Morgenstern. »Von diesem Konto ist fast nie
Bargeld abgehoben worden. Dr. Ledermann war, soweit ich das überblicken
kann, praktisch nie am Geldautomaten. Nicht in Titting, nicht in Kinding, nicht
in Weißenburg, nicht in Eichstätt. Nirgendwo.«
    »Und wie hat er dann seine Einkäufe erledigt, den täglichen Kram?
Seine Mahlzeiten?«, fragte Hecht. »Das kann er doch nicht alles mit Karte gemacht
haben.« Er schaute in die Auszüge. »Noch nicht mal an der Tankstelle hat er mit
der EC -Karte bezahlt, scheint mir.«
    »Was schließen wir daraus?«, fragte Morgenstern.
    »Dr. Ledermann hatte ein immer gut gefülltes Bargelddepot«,
antwortete Hecht und schlug mit der rechten Faust in seine flache linke Hand.
    »Hätte ich auch gern«, sagte Morgenstern. »Und jetzt brauche ich
erst mal einen Kaffee. Willst du auch einen?«
    Hecht nickte, und Morgenstern trottete in die kleine Teeküche am
Ende des Flurs, in der seit dem frühen Morgen in einer simplen Kaffeemaschine
ein braunes Gesöff langsam auf der Wärmeplatte zu einer Art Koffeinsirup
eindampfte. Eine bittere, eigentlich ungenießbare Plörre, die sich Morgenstern
dennoch regelmäßig als »Büro-Espresso« schönredete.
    Er verteilte den eingedickten Kaffeerest auf zwei Tassen, verdünnte
ihn mit viel Milch aus dem Kühlschrank, rührte noch je zwei gehäufte Teelöffel
Zucker ein und kehrte damit ins Büro zurück.
    Hecht nahm seine Tasse dankbar entgegen, trank einen Schluck und verzog
noch in derselben Zehntelsekunde das Gesicht. Grimmig blickte er um sich,
entdeckte dann den unschuldigen Ficus Benjaminus und spuckte Morgensterns
Kaffeekreation mit wilder Entschlossenheit in den Pflanztopf.
    »Bäh!«, sagte er entsetzt. »Das ist ja eklig. Willst du mich vergiften?«
    Morgenstern zuckte die Schultern. »Hab’s nur gut gemeint. Das war
der letzte Kaffee, der noch in der Kanne war.«
    Hecht packte die Kontoauszüge zusammen, bündelte sie mit einem
kleinen Gummiring und schob sie in eine lederne Aktentasche.
    »Auf geht’s«, sagte er zu Morgenstern. »Jetzt gehen wir ordentlich
frühstücken. Auf dem Viktualienmarkt. Da können wir genauso gut über Ledermanns
Kontobewegungen brüten. Oder über der Frage, warum sich da so wenig bewegt.«
    Auf dem Fußweg von der Direktion quer durch die Ingolstädter Altstadt
kam Morgenstern eine Idee. »Diese Überweisungen an Raphaela, seit wann läuft
der Dauerauftrag?«
    »Da müsste ich noch mal nachsehen«, sagte Hecht. »Ich meine

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