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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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Morgenstern. Er hatte von
Fiona gehört, dass der Immobilienmarkt in Eichstätt so eng sei, dass die
wirklich guten Stücke alle unter der Hand verkauft würden und nie das gleißende
Schlaglicht einer Zeitungsanzeige erleben dürften.
    Der Grund dafür war ihm klar, als sie vor dem »Objekt« standen.
Morgenstern fiel die Kinnlade nach unten. Das Haus, das ihnen angeboten wurde,
schien kurz vor dem Zusammenbruch. Ein Jurahaus mit angebauter Scheune, der
gesamte Komplex an eine dahinterliegende Felswand gelehnt, steil an einer
schmalen Straße gelegen. Die Außenmauer der Scheune hatte sich bereits
gefährlich Richtung Straße geneigt. Mit mächtigen Balken, die rabiat an die
Mauer geschraubt worden waren, versuchte der bisherige Eigentümer, den Einsturz
des Bauwerks zu verhindern. Ein gelbes Plastikschild warnte arglose Passanten
und leichtsinnig parkende Autobesitzer vor herabfallendem Legschiefer. Für
Schäden werde keinerlei Haftung übernommen. Das Wohnhaus selbst war einst wohl
ein Schmuckstück gewesen, jetzt aber platzte in riesigen Brocken der Putz ab
und gab den Blick frei auf etliche bedenkenswerte Risse, die sich quer durch
die gesamte Fassade zogen.
    Die Maklerin versuchte, mit einem extrabreiten Lächeln Zuversicht
auszustrahlen. »Wie wir schon in der Zeitungsanzeige geschrieben haben: Es ist
etwas für Liebhaber. Ich nenne es immer unseren ›Rohdiamanten‹.«
    Morgenstern schielte zu Fiona in der Hoffnung, dass sie bei dem
Anblick den Mut verloren hatte. Er war bereit, mit der gesamten Familie auf dem
Absatz kehrtzumachen. Aber Fiona war offenbar anderer Ansicht. Sie zog zu
seiner Überraschung den kleinen dunkelblauen Fotoapparat der Familie aus ihrer
Filzhandtasche und begann, die Fassade aus verschiedenen Perspektiven zu knipsen.
    »Beeil dich«, sagte Morgenstern ironisch. »Sonst ist die Bude zusammengefallen,
ehe du fertig bist.«
    Fiona hörte gar nicht zu, sondern wandte sich an die Maklerin. »Ein
Rohdiamant?«, sagte sie, und Morgenstern hörte argwöhnisch einen
schwärmerischen Unterton heraus. »Mir kommt es ein bisschen vor wie
Dornröschen, das wach geküsst werden will.« Sie deutete auf das Buschwerk, das
das Anwesen struppig umwucherte. »Die Dornenhecke ist ja schon da.« Sie
lächelte.
    »Sie werden sehen, das wird ein Märchenschloss«, sülzte die Immobilienvermittlerin,
die ihr Handwerk offensichtlich beherrschte und rasch erkannt hatte, dass sie
sich bei diesem Projekt besser an die Frau des Hauses hielt.
    »Burg Schreckenstein«, murmelte Morgenstern.
    »Nun sei doch nicht so negativ«, mahnte ihn Fiona. »Wir sehen uns
das in aller Ruhe an. Die Lage ist auf jeden Fall schon mal attraktiv. Schau
doch mal, es ist ruhig, man hat eine schöne Aussicht, es ist hell.«
    »Da haben Sie völlig recht«, bestätigte die Maklerin eifrig. »Und
hier haben Sie jede Menge Platz, auch für Ihre lieben Kleinen.«
    Marius und Bastian verzogen die Gesichter.
    »Dann wollen wir mal reingehen.« Die Sparkassen-Frau rasselte mit
einem Schlüsselbund und machte sich mit einem mächtigen Bartschlüssel an der
verwitterten, einstmals dunkelgrünen Haustür zu schaffen. Nach einigem
Gestochere hatte sie die Tür endlich offen, und die Familie drängte in den
Flur.
    »Hier wohnt natürlich schon lange niemand mehr«, sagte die Maklerin
wie zur Entschuldigung und wedelte mit der linken Hand so beiläufig wie möglich
einige Spinnweben zur Seite.
    »Wer ist denn der Eigentümer?«, fragte Fiona.
    »Sie werden es nicht glauben: der Tierschutzverein. Die letzten
Eigentümer waren große Tierfreunde und hatten keine unmittelbaren Angehörigen.
Sie haben das Haus dem Verein vermacht. Der Vorstand wusste mehrere Jahre lang
nicht, was er damit anstellen soll. Und jetzt bietet er es über uns zum Verkauf
an.«
    Fiona hatte wieder die Kamera gezückt und begann, vom Flur aus
verschiedene Türbeschläge zu fotografieren. »Das musst du dir mal anschauen,
Mike«, sagte sie. »Das ist alles noch original.«
    »Original Mittelalter«, sagte Morgenstern und schnupperte misstrauisch.
»Hast du nicht auch den Eindruck, dass es hier ein bisschen modrig riecht?«
    »Ich rieche nichts«, sagte Fiona.
    »Also, ich auch nicht«, beeilte sich die Maklerin.
    »Aber das Haus ist direkt in den Hang hineingebaut, wenn ich das
richtig sehe«, beharrte Morgenstern. »Direkt in den Dreck rein.«
    »Nur ein wenig«, räumte die Maklerin ein. »Aber Sie haben nach vorn
raus mehr Platz, als Sie jemals benötigen. Den

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