Haushaltsschnecken leben länger
allgemeinwissender sein als der, der am Gymnasium Y maturiert hat. Und wer am Gymnasium X bei Professor Y war, kann weniger wissen als der, der am selben Gymnasium seine Jahre bei Professor Z
abgesessen hat.
Schüler, die einen Schulwechsel hinter sich haben, wissen davon oft ein traurig Lied zu singen. Angeblich gibt es hierzulande sogar ein West-Ost-Gefälle, was heißen soll, daß eine Schule in Vorarlberg ganz andere Ansprüche an die Schü ler stellt als eine Schule in Wien.
Aber die Grundanforderungen, die ein Schultyp an Schüler stellt, sind doch - trotz diverser Gefalle und Lehrertypen - die gleichen.
Ohne Caesar und Tacitus, ohne Gleichungen mit drei
Unbekannten und dem Integral geht es nicht. Schiller, Goethe, Brecht, die Keilerei von 333, das Gebiß des Löwen und
allerhand mehr muß einfach jeder Schüler einmal zur Kenntnis nehmen. Ob er es sich auch merkt, ist dann eine andere Frage.
Aber für ein Unterrichtsfach, nämlich für die Sexualkunde, trifft nicht einmal diese minimale Übereinstimmung zu. Es gibt Volksschüler, die plaudern über Zeugung, Schwangerschaft, Empfängnisverhütung und Zärtlichkeit wie eine
Aufklärungsfibel, und es gibt Volksschüler, die würden - käme es nur auf die Schule an - noch an den Storch glauben.
Man kann Maturanten treffen, die ehrlichen Herzens sagen:
»Sexualkunde? In meinen zwölf Schuljahren nie was davon gehört.«
Andere geben an: »Haben wir voll gehabt. In Biologie, in Religion, vom Klassenvorstand noch extra, ein Arzt war auch da. Und Filme haben wir gesehen.«
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Und wieder andere sagen schaudernd: »Nichts wie
Geschlechtskrankheiten haben wir durchgenommen. Aber die zum Grausen ausführlich. Dauernd der harte und der weiche Schanker und die gehirnerweichende Lues.«
Von »Anfangsschwierigkeiten bei einem heiklen
Unterrichtsfach« läßt sich ja wohl mittlerweile nicht mehr gut reden.
Nicht schön langsam, sondern häßlich hurtig müßte da etwas geschehen. Dabei ist mir unbegreiflich, daß sich die Lehrer nicht mit Feuereifer auf die Sexualität stürzen. Lehrer klagen doch immer über das Desinteresse der Schüler. Beim Thema
Sexualität hätten sie endlich ihr wißbegieriges Publikum.
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Mütter und erster Liebeskummer
Eine der schwierigsten Angelegenheiten im Umgang mit
halbwüchsigen
Kindern ist die mütterliche Haltung zu
minderjährigem Liebeskummer. Da benimmt sich meistens auch die sensible Mutter völlig daneben!
Die Sache ist ja auch verzwickt. Einerseits weiß die Mutter mit gutem Erinnerungsvermögen an längst verjährten
Liebeskummer, daß sie damals mit dem, was ihre Mutter an Trost und Zuspruch parat hatte, nicht zufrieden war. So wie seinerzeit ihre Mutter will sie nicht sein.
Sprüche wie »In zwei Jahren lachst du darüber« oder »Andere Mütter haben auch schöne Söhne« sind also tabu für sie.
Anderseits merkt sie aber doch, daß sie den Liebeskummer der Tochter oder des Sohnes nicht ernst nehmen kann. Das heißt: Den Kummer nimmt sie schon ernst, nur der Anlaß dafür
erscheint ihr nichtig!
Daß die »erste Liebe« früher oder später in die Brüche gehen wird, war ihr ja von Anfang an klar. Als kluge Frau fände sie es gar nicht wünschenswert, daß Sohn oder Tochter ein Lebtag lang an der »ersten Liebe picken bliebe«!
Doch solche Überlegungen sind garantiert nicht die, die ein vom Liebesleid gebeutelter Jugendlicher hören mag. Was er hören mag, merkt die Mutter, wenn die Intimfreunde und -
freundinnen zu Besuch kommen.
Da werden dann, natürlich hinter verschlossenen Türen, stundenlang die Scherben der gebrochenen Liebe besichtigt und sortiert. Da auch geschlossene Türen nicht schalldicht sind, kriegt die Mutter mit, wie so ein Jugendliebeskummer
verhandelt wird.
Sie hört: »Und da hat er gesagt..., und dann habe ich gesagt..., und dann hat er gesagt«, und die Intimfreundin fragt erschüttert:
»Und was hast du ihm dann gesagt?«
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Aber einer Mutter steht so eine Taktik wohl nicht zu. Die Intimfreundin nimmt ja echten Anteil an den ellenlangen »Hat er gesagt, hab' ich gesagt«-Monologen.
Die Mutter müßte einen guten Teil ihrer Anteilnahme
heucheln und könnte nicht verhindern, daß sie zwischendurch ans Nachtmahlessen und anderen unwichtigen Kram denkt. Und das würde die Liebeskranke denn doch gleich merken. Was also tun?
Mein einziger Rat wäre: Lieb sein und den Mund halten!
(Hilft's nicht, richtet es wenigstens nicht zusätzlichen Kummer
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