Haushaltsschnecken leben länger
Einfach lächerlich!
»Na hör einmal«, sagt die Kinderlose. »Ich sehe ja ein, daß man für kleine Kinder immer parat sein muß! Aber die deinen sind ja erwachsen! In ihrem Alter waren wir schon total selbständig!«
»Meine Kinder sind total selbständig«, sagt die Mutter.
Die Kinderlose lacht hämisch und fährt fort: »Also wann bitte, kommen sie zu dir? Sie kommen, wenn sie Lust auf ein schönes Essen haben, sie kommen, wenn ihnen das Geld ausgegangen ist, sie kommen, wenn sie Trost und Zuspruch brauchen.
Wenn sie keine Lust haben, den Pullover fertigzustricken, dann bringen sie ihn dir!
Wenn sie eine Party machen, dann holen sie dich zum
Gulaschkochen!
Sie kommen immer nur, wenn sie etwas brauchen!
Wenn es ihnen gut geht, wenn sie nichts brauchen, dann sehe ich sie nie bei dir!«
Die Mutter schaut verwirrt und ratlos. Um Himmels willen, denkt sie, was stellt sich die Gute eigentlich vor?
Der Gedanke, ihre Kinder könnten zu jemand anderem gehen, wenn sie ein »schönes Essen« haben wollen, stört die Mutter.
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Die Vorstellung, ihre Kinder könnten sich von jemand
anderem trösten und Geld geben lassen, ist ihr eine schreckliche.
Und daß irgendwer - außer ihr selbst - für die Tochter Gulasch kocht und aus einem halben mißglückten Pullover einen ganzen gelungenen macht, kommt der Mutter einfach absurd vor.
Eine echte Horrorvision ist es, wenn sich die Mutter vorstellt, ihre Kinder kämen einfach bloß zu Besuch, säßen friedlich bei ihr herum und brauchten rein gar nichts von ihr.
Aber einer kinderlosen Freundin kann man das nicht erklären.
Mehr als »du bist ja verrückt« wäre da an Verständnis nicht zu erwarten.
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»Wir-Mütter« und ihre Schulprobleme
Heute sagte mir eine Freundin am Telefon, daß für sie nun wieder die schreckliche Zeit der Qualen und Aufregungen, der Sorgen und Kümmernisse angebrochen sei. Den Grund für
diesen traurigen Seelenzustand formulierte sie folgend:
»Die Ferien sind aus! Wir gehen ja jetzt wieder in die Schule!«
Es ist nicht so, daß meine liebe Freundin im zweiten
Bildungsweg noch einen Beruf erlernte und dadurch
Kümmernisse hätte. Sie hat bloß einen Sohn, der in die Schule geht. Und sie ist eine WIR-MUTTER.
Man kann von ihr auch hören: »In Englisch haben WIR ein Genügend!« Und: »In Turnen sind WIR der Beste!« Und: »Der Mathe-Professor mag UNS nicht!« Wobei die letzte Feststellung tatsächlich zutreffen könnte, denn viele Mathematiklehrer haben etwas gegen Mütter, die dreimal pro Monat bei ihnen
vorsprechen und Beschwerden einbringen und angebliche
Benachteiligungen anklagen.
Auch die geseufzte Aussage dieser WIR-MUTTER: »WIR
müssen heute noch einen Aufsatz schreiben!« entspricht der Sachlage, denn sie schreibt wirklich zusammen mit ihrem Sohn den Aufsatz. Korrekt müßte sie sogar sagen: »Ich muß heute noch einen Aufsatz schreiben«, denn der Arbeitsanteil, der beim Aufsatzschreiben auf den Sohn entfällt, ist ein minimaler; er läßt sich diktieren und seufzt dabei.
Aber so kleinliche Unterscheidungen treffen WIRMÜTTER
nicht.
Sie haben die Anliegen ihrer Kinder so sehr zu ihren eigenen gemacht, daß sie tatsächlich unter den schlechten Noten ihrer Kinder so leiden, als wären sie selber benotet worden.
Und nicht nur, wenn es um die Schule geht, auch sonst
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im Leben tut sich eine WIR-MUTTER schwer mit der
treffenden Wahl der persönlichen Fürwörter.
»WIR haben heuer schwimmen gelernt«, sagt die
WIRMUTTER, die seit zwanzig Jahren schwimmen kann. Und sie sagt auch: »WIR fürchten uns in der Nacht nicht mehr!«
Und: »WIR machen nicht mehr in die Hose!«
Die Kinder der WIR-MÜTTER allerdings beherrschen die
treffende Auswahl der persönlichen Fürwörter exakt. Sie sagen zu ihren Müttern:
»ICH habe schwimmen gelernt!«
Und:
»DU hast einen Fünfer bekommen!«
Recht geschieht den WIR-MÜTTERN!
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Wahnwitz um Burlis Schulaufgaben
Folgende Geschichte entspringt nicht meiner verqueren
Phantasie, sondern hat sich tatsächlich zugetragen:
Burli kommt von der Schule heim. Die Mama nimmt ihm die Schultasche ab, schält ihn aus den Überkleidern und fragt:
»Burli, was hast du auf?«
Burli hebt ein Bein, damit die Mama den Schuh abziehen kann, und sagt: »Nix!«
Aber die Mama kennt ihren Burli! Unkonzentriert und
verspielt ist er! Immer vergißt er, was auf ist!
Die Mama zieht dem Burli Patschen an, nimmt die
Schultasche, holt die Hefte heraus, blättert. Aber den Heften ist auch
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