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Haushaltsschnecken leben länger

Haushaltsschnecken leben länger

Titel: Haushaltsschnecken leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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in mein Innerstes zurückgezogen!«
    »Ursache?« frage ich.
    »Seelischer Schock!« antwortet Susi.
    »Hattest du einen?« frage ich.
    »Muß ich ja wohl, wenn ich rundherum dick bin!« seufzt Susi.
    Es geht halt nichts über den Glauben an Experten!
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    Neue Gäste-Gelüste
    Im Laufe des letzten Jahrzehnts haben viele Menschen ihre Lebensgewohnheiten grundlegend geändert. Hat man oft Gäste bei sich, und diese auch über Nacht oder für ein ganzes Wochenende, merkt man diese Veränderung besonders deutlich.
    Etliche der lieben Freunde, die früher in mehr oder weniger rasanten Autos bei uns vorfuhren, wandern nun an; in roten Wadelstutzen und Kniehosen, mit Rucksack und Blasen an den Fersen.
    Diese »neue« Art der Fortbewegung verändert natürlich auch den Verlauf des gastlichen Abends gewaltig, denn Wanderer sind müde. Sie gähnen bereits beim Nachtisch und schlummern zu einer Zeit, zu der sie früher gefragt hätten: »Und was tun wir nun mit dem angebrochenen Abend?«, fest und tief in den Gastbetten.
    Daher erheben sie sich wieder erstaunlich früh aus diesen und treiben sich putzmunter ums Haus herum.
    Und der bemühte Gastgeber hat sich einen Wecker zu stellen, will er ein gastliches Frühstück bereiten. Dieses Frühstück ist meistens auch nicht mehr, was es einstens war.
    Viele Gäste, die früher mit Kaffee und Spiegelei, Toast und Himbeermarmelade zu beglücken waren, brauchen heute
    Pfefferminztee und ein Löfferl voll Honig, ein Schälchen Müsli und ein Schnittlein 7-Korn-Brot.
    Schnitzel, Schweinsbraten und Steaks sind ebenfalls keine Garanten mehr für Gästezufriedenheit.
    Kräutersupperl, fritierter Schafkäse und Hirseauflauf, damit kann man die Gäste heutzutage beglücken.
    Und manchem Menschen, dem man vor zehn Jahren zum
    Abschied ein Stück Hausgeselchtes mit auf den Weg gab, empfiehlt sich nun einen Riesenstrauß Schafgarbe
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    oder Johanniskraut, gepflückt auf garantiert ungespritzten Wiesen, zu überreichen.
    Mir soll es recht sein!
    Sauerampfer einfrieren kommt sowieso billiger als
    Perlhuhnbrüste kaufen. Und dem 7-Korn-Brot merkt man kaum an, ob es frisch oder altbacken ist.
    Die wohltuendste Veränderung an denen, die ihre
    Lebensgewohnheiten grundlegend geändert haben, ist aber die, daß sie vom Gastgeber des Nachts keine Schlafpulver und des Morgens keine Kopfschmerztabletten mehr einfordern.
    Und Reservezigaretten muß man für sie auch nicht parat haben.
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    Wohlstand mit Zwangscharakter
    Die Familie ißt. Es gibt Kalbsschnitzel in italienischer Sauce mit Nudeln. Und Parmesan zum Drüberstreuen. Und grünem Salat. Man mampft vor sich hin, die Mutter schaut in die Runde.
    »Schmeckt's?« fragt sie. (Sie fände es passend, ein gutes Essen mit guten Worten zu beloben.)
    »Hmpf«, murmelt der Papa und stopft Nudeln unter den
    Schnurrbart. »Hmpf«, murmeln die Kinder und säbeln am
    Fleisch.
    »Wie ich ein Kind war«, sagt die Mutter, »haben wir einmal die Woche Nudeln gehabt. Nudeln mit geriebenem Käs' drüber.
    Und sonst nichts dazu!«
    Die Familienmitglieder nicken wohlwollend.
    »Und wie ich den Papa geheiratet hab'«, fährt die Mutter fort,
    »haben wir einmal die Woche Nudeln mit italienischer Sauce und Käs' drüber gekocht!«
    Die Familienmitglieder nicken wieder wohlwollend.
    »Und jetzt«, sagt die Mutter klagend, »haben wir Nudeln und Käs' und Sauce und Kalbfleisch, alles auf einmal, und ihr würdigt es überhaupt nicht!«
    Der Vater sagt: »Die Sugo-Nudeln damals, die waren mein Lieblingsessen!«
    Das eine Kind sagt: »Nudeln mit Käs' sind Spitze! Die hab' ich bei der Oma gegessen!« Das andere Kind sagt: »Und Nudeln mit Mohn und Apfelkompott erst!«
    »Oder Erdäpfel mit Butter!« Der Vater bekommt träumerische Augen.
    »Aber am ganz besten ist der Nowak ihre Suppe«, ruft das eine Kind, und das andere erklärt: »Sie kocht Wasser mit Kümmel und schüttet das in eine Einbrenn mit Knoblauch! Schmatzofack ist das!«
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    Die Mutter ringt nach Fassung, sammelt die Teller ein und putzt das, was auf den Tellern verblieben ist, in die
    Salatschüssel zum restlichen Salat. Der Gedanke, ein
    Hausschwein zu halten, liegt ihr nur aus Gründen der
    Wohnsituation fern.
    »Na bitte!« sagt die Mutter, »gibt's eben ab heute nur me hr Einbrennsuppe und Erdäpfel und Nudeln!« Sie schreitet mit dem Tellerstapel zur Küche; vom Scheitel bis zur Patschensohle ganz Königin auf dem Weg ins Exil. Bei der Küchentür dreht sie sich um. »Erspar' ich mir pro Jahr

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