Haushaltsschnecken leben länger
mir, und warum sie so sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Darum bin ich so sanft geduldig zu ihnen. Das ist ungerecht gegen die Menschen, denn auch unter ihnen gibt es welche, die »halt so sind«, und es entzieht sich meiner Kenntnis, warum sie so sind.
Ich werde diese schöne Einsicht in Zukunft berücksichtigen und mir von Menschen auch nicht mehr erwarten als von
Katzen.
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Wenn ein Jahr zu Ende geht
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Schlichte Fichte
Die Einstellung der Menschen zum Christbaum ist keine
einheitliche. Abgesehen von denen, die gar keinen Christbaum mögen, divergieren auch die Ansichten der zum Christbaum positiv eingestellten Leute ganz gewaltig. Meistens stammt die Idealvorstellung »Christbaum« aus Kindertagen. Entweder will man so einen, wie man ihn als Kind hatte, weil man mit ihm zufrieden war, oder man hat seine Kinderchristbäume als
»Feindbild« und will einen ganz anderen.
Schwierig wird es, wenn zwei Leute mit verschiedenen
Christbaumidealen zu einem Kompromiß kommen müssen.
Er sagt: Fichte schlicht! Nicht höher als einen Meter!
Sie sagt: Silbertanne doppelt, bis zur Zimmerdecke!
Er sagt: Weiße Kerzen, Engelshaar und sonst nichts!
Sie sagt: Ketten, Lametta, Sternspucker, Glaskugeln, Zuckerln und überhaupt alles, was man aufhängen kann!
Da Weihnachten Männer milde stimmt und Frauen von Natur hartnäckiger sind, ist anzunehmen, daß »Sie« ihren Willen durchsetzt und eine große Silbertanne erstanden wird. Auch ist anzunehmen, daß der Heimweg friedlich verläuft, weil »Er« zu Weihnachten ohne Murren im nahen Supermarkt eine billige Dachgalerie ersteht, um das grüne Monstrum verkehrssicher nach Hause zu transportieren, wobei »Sie« ihn tröstet: »Eine Dachgalerie kann man immer brauchen!«
Aber zu Hause, das weiß ich aus Erfahrung, wird es schlimm.
Im Freien nämlich wirken Bäume viel kleiner als im
Wohnzimmer, man kann sich da leicht verschätzen. Und »Sie«
hat jetzt wirklich keine Zeit, dem Baum die unteren neunzig Zentimeter abzusägen. Und wie ein dicker Stamm in ein kleines Kreuz zu zwängen ist, ist ja nun wirklich Männersache!
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Letztlich könnte es aber sein, daß »Er« und »Sie« doch noch zu einem artigen Kompromiß kommen, weil »Sie« vergessen hat, wo sie nach dem sommerlichen Großreinemachen die Schachteln mit dem Christbaumschmuck hingetan hat.
Also sitzen dann »Er« und »Sie« des Abends vor dem
schönen, grünen Kompromiß. Der Baum ist so groß, wie »Sie«
wollte, und so »kahl«, wie »Er« wünschte, und »Er« und »Sie«
können wieder lieb zueinander sein.
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Weihnachtsgaben im Rückblick
Na, wie war es denn heuer mit den Geschenken, verehrte Leserin? Haben Ihre mehr oder weniger Lieben Ihre geheimen Wünsche getroffen? Oder hat man Sie durch oberflächliche Gesche nkswahl tief getroffen?
Hat Ihnen Ihr Mann das Buch geschenkt, das er schon längst hatte lesen wollen? Oder hat er der Werbestimme vertraut, die wochenlang verkündet hat, daß ein Bügeleisen ein sehr
»persönliches Geschenk« sein kann?
Und sind Sie sich scho n klar, ob Sie es wagen dürfen, von Ihrer Schwiegermutter die Rechnung für den schweinsrosa Morgenmantel zu fordern, damit Sie ihn umtauschen können?
Und wie werden Sie es mit dem Maiglöckerlwasser halten, das eine ruchlose Verkäuferin Ihrem achtjährigen Sohn ins seidige Sternenpapier gewickelt hat?
Und wie verkraften Sie es, daß sich Ihre Tochter im Pullover, den Ihnen Ihr Mann geschenkt hat, pudelwohl fühlt? Wunder ist es ja keines. Der Pullover paßt schließlich ausgezeichnet zur karierten Hose Ihrer Tochter. Was die Tochter, dem Papa beim Einkauf behilflich, sicher bedacht hat.
Und wie, verehrte Leserin, haben Sie denn geschenkt? Ist Ihr Gewissen rein? Oder kommt Ihnen Ihr Ehemann in der
himmelblauen Hausjacke nicht doch etwas verloren vor?
Fragen Sie sich, ob die Oma mit Absicht oder aus
Altersvergeßlichkeit
das »Super-Tiefkühlkost-Sägemesser«
unbedingt unter dem Christbaum liegen ließ? Und wie steht's um die froschgrüne Tasche, von der ein Verkäufer sagte, sie sei der Traum aller jungen Mädchen? Wieso hat Ihre Tochter dann gestern die alte Handtasche genommen, als sie außer Haus eilte?
Oder stricken Sie etwa noch am Halsausschnitt vom Pulli, den Sie Ihrem Mann schenken wollten? Wenn dem so sein sollte,
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nehmen Sie es nicht tragisch. Jetzt, ohne Überraschungszwang, können Sie wenigstens ordentlich Maß nehmen.
In den vergangenen Jahren - Hand aufs Weihnachtsherz -
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