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Haushaltsschnecken leben länger

Haushaltsschnecken leben länger

Titel: Haushaltsschnecken leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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nicht!
    Ich habe unlängst mit meiner Mutter - die über fast ein dreiviertel Jahrhundert Erinnerung verfügt - dieses Thema abgehandelt, und dabei haben wir herausgefunden, daß alle Schnecken, denen meine Mutter begegnete, ein ungemein hohes Alter erreicht haben oder noch am Leben sind, während die Stachanowisten oft nicht einmal das Pensionsalter erreicht haben.
    Daher: Ein bißchen mehr Zeitlupe, ihr hurtigen Damen!
    -103-
    Omas Kurzschlüsse
    Manche Menschen erhalten sich ihre Lernfähigkeit bis ins hohe Alter, andere wiederum weigern sich, ab einem gewissen Lebensalter noch dazuzulernen.
    Es gibt fünfundsiebzigjährige Frauen, die nicht nur mit Waschmaschinen, Saftpressen, Bügelautomaten und
    Geschirrspülern hantieren wie jede Zwanzigjährige, sondern auch Bohrmaschinen benutzen und Hobby-Lötkolben.
    Und es gibt Frauen im gleichen Alter, die sich weigern, so einen »modernen Kram« auch nur anzurühren. Ich kenne eine alte Frau, die hat von ihren Kindern vor fünf Jahren eine Waschmaschine bekommen. Sie hat ein Spitzendeckerl auf die Maschine gelegt und einen Blumentopf daraufgestellt. Wäsche hat sie in der Maschine noch nie gewaschen. Sie wird auc h in Zukunft ihre Wäsche im Topf auskochen und dann
    durchrumpeln. »Ich bin schon zu alt«, sagt sie, »an das Ding gewöhne ich mich nicht mehr!«
    Meine Mutter gehört auch zu dieser lernunwilligen - oder lernunfähigen - Frauensorte. Hat sie einen Kurzschluß in der Wohnung, bleibt sie bei Kerzenlicht, bis Hilfe kommt. Sie weigert sich, das Knöpfchen am Sicherungsautomaten zu
    drücken. Sie weigert sich sogar, das Knöpfchen zur Kenntnis zu nehmen. Will man es ihr zeigen, dreht sie den Kopf weg und sagt: »Das hat immer der Vati gemacht, das versteh' ich nicht!«
    Und wenn ihr jemand den Stecker vom Radio aus der Steckdose zieht und das Radio daher stumm bleibt, hält sie es für kaputt und trägt es zur Reparatur.
    Es gibt aber noch eine dritte Sorte von alten Frauen. Das sind die verwegensten! Das sind die, die sich vehement weigern, die Funktionsweise moderner Haushaltsgeräte zur Kenntnis zu nehmen, und sie trotzdem in Betrieb setzen.
    -104-

    Gar manche Familien erbleichen geschlossen, wenn die Omi stolz verkündet: »Ich habe gerade die Waschmaschine
    angestellt!«
    Daß eine einzige rote Seidenbluse der Kochwäsche soviel Schaden zufügen und dabei selbst Schaden nehmen kann, hätte die Omi nicht gedacht! Oder sie schwört Stein und Bein, das Kochprogramm gar nicht eingestellt zu haben!
    »Wo hast du denn gedreht? Was hast du denn gedrückt?« fragt man die Omi; nicht um sie zu verhören, sondern um ihr die Sache zu erklären. Doch da wird die Omi unwirsch, sagt, sie sei doch kein kleines Kind, entfernt sich mürrisch und murmelt dabei: »So ein Schmarrn, diese modernen Maschinen!« Und ein paar Tage später setzt sie das Ding wieder in Betrieb, und -
    wetten? - es ist wieder ein »Schmarrn«!
    -105-
    Jäger und Sammler
    Unlängst stand ich auf dem Markt bei einem Standl. Neben mir ließ sich eine Frau eine große Steige mit Marillen füllen, und der Ehemann dieser Frau, darauf wartend, die Steige zum Auto zu tragen, murrte: »Zu wos kochst denn schon wieder Marmelad? Im Keller san do no die Glasin ausn Achtzigerjahr?«
    Da sprach die Frau unwillig: »Aber vielleicht san die nächsten Jahr kane Marillenjahr! Dann stehn ma schön blöd da!«
    Recht hat der Mann, dachte ich. Diese Frau, dachte ich, ist wie meine Mutter. Die hat auch jedes Jahr doppelt soviel Marmelade gekocht wie verbraucht wurde, und der hausfrauliche Unsinn ist dann im Keller verschimmelt.
    Aber nun sind bei mir im Waldviertel die Himbeeren reif! Die kann man doch nicht einfach an den Sträuchern verfaulen und verdorren lassen! Nein! Die muß ich einsammeln, so mühsam das auch ist.
    Und dann muß ich sie hurtig verarbeiten, weil Himbeeren eine sehr leicht verderbliche Ware sind.
    Himbeermarmelade, Himbeersaft und Himbeermark, lauter
    herrliche, köstliche Sachen lassen sich daraus erzeugen.
    Bloß: In meiner Tiefkühltruhe lagert noch vorjähriges und vorvorjähriges Himbeermark, weil ich so selten dazu komme, Himbeereis zu erzeugen. Und in der Speisekammer stehen noch in Reih und Glied eine Menge Himbeermarmeladegläser, denn meine Familie mag Marillenmarmelade und Erdbeermarmelade viel lieber.
    Und die Himbeersaftflaschen, in der Stellage darüber, wirken schon fast antik, denn der Kinderbesuch, den ich oft habe, verlangt nach Cola und Apfelsaft und Mineralwasser und verschmäht

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