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Haushaltsschnecken leben länger

Haushaltsschnecken leben länger

Titel: Haushaltsschnecken leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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mein erlesenes Naturprodukt.
    -106-
    Aber ich sammle und zerquetsche und passiere und filtriere und koche und geliere trotzdem!
    Ich kann nicht anders.
    Der Mensch, so er sich nicht als Jäger fühlt, ist halt ein Sammler. Und ich bin ein echtes Eichhörnchen.
    Aber so ein Eichhörnchen hat es besser als ich, das vergißt auf seine Vorratslager, sieht also nicht ständig das Ergebnis seiner Sammlerleidenschaft in der Speisekammer und muß daher auch nicht dauernd den Kopf über sich selbst schütteln.
    -107-
    Wer kennt ihn nicht, den Dings
    Von meiner Mutter kann man oft eine Erklärung wie folgende zu hören bekommen: »Der Dings vom Dings wegen dem Dings war da!«
    Ins harte Kreuzverhör genommen, gibt sie jedoch dann zu, daß Herr X von der Versicherung wegen der Prämie vorgesprochen habe.
    Rügt man sie ob der vielen Dings in ihrer Rede, schiebt sie die Schuld dem Alter zu, was aber nicht stimmt. Sie »dingst«, seit ich sie kenne. »Dingsen« hat nichts mit Alter und Kalk zu tun.
    Die der Dings-Manie Verfallenen reden bloß schneller als sie denken. Womit ich aber nicht sagen will, daß sie zu langsam denken. Sie reden zu schnell!
    Und sie sind nicht bereit, ihren heftig strömenden Redefluß ein klein wenig zu stauen und kurz zu überlegen, wie Botschaften allgemein verständlich übermittelt werden können. Auf diese Idee kommen sie auch deshalb nicht, weil sie meinen, alle anderen müßten über ihre Gedankengänge und
    Gedankensprünge Bescheid wissen. Was meistens nicht ganz falsch ist.
    Kommt - zum Beispiel - jemand aus dem Bad und spricht:
    »Ich muß endlich den Dings reparieren!«, weiß man ja, den verstopften Zustand des Abflusses kennend, genau, was mit
    »Dings« gemeint war.
    Man sollte überhaupt mit den der Dings-Manie Verfallenen gnädig umgehen, denn schließlich ist niemand gegen dieses Unwort gänzlich gefeit, auch wenn man es nur benutzt, wenn einem ein Wort oder ein Name wirklich nicht einfällt, wenn er zwar »auf der Zunge hegt«, aber nicht von dieser will.
    In der Notlage greift fast jeder zum Dings, fügt aber -und das unterscheidet ihn von den echten Dingsern - entschuldigend hinzu: »Aber es fällt mir gleich wieder ein!«
    -108-
    Was manchmal zu optimistisch gehofft ist. In der Regel will das »Dings« erst dann von der Zunge, wenn man aufgegeben hat, darüber zu sinnen und sich damit herumzuplagen.
    So muß es auch der Dame ergangen sein, die gestern im Kino hinter mir saß und plötzlich sehr laut, während vorne auf der Leinwand ein langer Kuß stattfand, ausrief: »Albert! Jetzt hab'
    ich's wieder! Breinstingl heißt der Dings!«
    Das unwillige Gezischel, das sich darob im Kino erhob, muß ich als wenig einfühlsam bezeichnen. Ein jeder sollte doch wissen, wie erleichtert man ist, wenn man es endlich geschafft hat, aus einem »Dings« einen Breinstingl zu machen.
    -109-
    »Iß schön auf!«
    Mein Freund Anton - so heißt er natürlich in Wirklichkeit nicht, aber er wäre mir gram, würde ich hier seinen richtigen Namen ausposaunen - ißt nicht nur Unmengen, sondern hat den Tick, »wegputzen« zu müssen.
    Gibt man ihm zwei Knödel zum Braten, ißt er sie auf. Gibt man ihm drei Knödel, ißt er sie auch auf. Höchstwahrscheinlich äße er vier Knödel, setzte man ihm diese Horrormenge vor.
    Seine Devise ist: »Es wird gegessen, was auf den Teller kommt«, und: »Nichts darf umkommen!«
    Sogar der Knochen von anderer Leute Teller bemächtigt er sich und nagt ihnen die allerletzten Fleischfasern ab.
    Und einmal - ich schwöre, es ist die reine Wahrheit -verputzte er eine n kleinen toten Käfer in der irrigen Annahme, es handle sich hier um ein Fuzerl Schokolade. Aber außer der Einsicht, einer Brille zu bedürfen, zog er aus diesem Erlebnis keine Konsequenz.
    Rügt man Freund Anton wegen seiner sonderlichen Art,
    Nahrung aufzunehmen, sagt er: »Das rührt daher, daß ich als Kind immer den Teller leeressen mußte. Aß ich nicht auf, war man böse auf mich! Seither gehören aufessen und liebgehabt werden für mich zusammen! Das mußt du verstehen!«
    Natürlich versteht man das! Sonnenklar wird einem da dieses
    »Wegputzen«!
    Allerdings kenne ich auch einen anderen Anton, und der wiederum hat den Tick, immer etwas »überlassen« zu müssen.
    Gibt man ihm einen Knödel zum Braten, bleibt ein halber am Teller, gibt man ihm nur einen halben, läßt er auch ein, zwei Bissen ungegessen.
    »Das kommt davon«, sagt er, »weil ich als Kind immer zum Aufessen gezwungen wurde.« Wo es um

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