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Hausmaestro - Kriminalroman

Hausmaestro - Kriminalroman

Titel: Hausmaestro - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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was mein Kollege Misolic, mit dem der Maurer ja ziemlich rüde umgesprungen ist, Ihnen alles schon erzählt hat. In meinem Falle lagen die Beweggründe ein wenig anders, denn er hat nicht mich persönlich attackiert. Da ich jedoch als Solooboist für meine Gruppe verantwortlich bin, habe ich mich deshalb beim Betriebsrat beschwert, weil er meinen jungen Kollegen, der dazu noch im Probejahr ist, mit seinen Intonationsvorstellungen dermaßen verunsichert hat, dass er am Ende nicht mehr wusste, wohin er überhaupt greifen soll. Ganz zu Unrecht übrigens, da Herr Maurer offensichtlich nicht über das Gehör verfügte, das ihn zu solchem Tun berechtigte. Deshalb habe ich Herrn Körbler gebeten, Herrn Maurer auszurichten, dass er sich in seinen Aussagen bitte mäßigen möge, da eine derartige Verunsicherung niemandem etwas bringe. Der junge Kollege, der Angst um seine Stelle hat, traut sich überhaupt nicht mehr zu spielen, worunter im Endeffekt das gesamte Zusammenspiel der Gruppe leidet. Am Ende stimmt dann gar nichts mehr, und alle mokieren sich über die schwachen Holzbläser im Orchester.«
    »Waren Herr Professor Misolic und Sie die Einzigen, die sich über Maurer aufgeregt haben?«
    »Ganz und gar nicht«, rief Meisl aus, »das ganze Orchester war empört über die Art und Weise seines Benehmens, das in keinem Verhältnis zu seinen Qualitäten als Dirigent stand. Doch das kommt leider immer häufiger vor. Echte Dirigentenpersönlichkeiten sind so rar geworden, dass jeder junge Kapellmeister bereits nach einer guten Produktion in der Provinz zum neuen Shooting-Star aufgebauscht wird und man ihn dann gleich mit einer Premiere an einem großen Haus betraut, womit er oft genug heillos überfordert ist. Das hängt immer auch mit der Eitelkeit der Direktoren zusammen, die sich rühmen wollen, die neuen Stars entdeckt zu haben. Von Stimmen mag Herr Münch ja allerhand verstehen, aber von Dirigenten hat er wenig und von Regisseuren gar keine Ahnung. Die beste Schule für einen jungen Kapellmeister ist noch immer die einst von Karajan und heute von Thielemann beschworene ›Ochsentour‹ durch die Provinztheater, wo man ständig mit unvorhersehbaren Zwischenfällen umzugehen lernt. Da trennt sich der Meister vom Dilettanten. Eine Premiere leiten kann man bald einmal. Da hat man genug Proben und zumeist eine erstklassige Sängerbesetzung – die Kritik beschäftigt sich zum Großteil eh mit der Inszenierung – da kann eigentlich auch einem durchschnittlichen Dirigenten nicht viel passieren. Die wahre Bewährungsprobe findet erst statt, wenn in einer Repertoirevorstellung der Tenor einen Takt zu früh einsetzt, und der Kapellmeister das Ganze trotzdem ohne hörbaren Schmiss über die Bühne bringt. Daran erkennt man recht schnell, ob es sich um einen Maestro oder doch nur um einen Hausmaestro handelt.«
    Während Vogel sich über den ihm bis dahin unbekannten Ausdruck für einen schlechten Dirigenten amüsierte, fragte Walz: »Und wie macht sich der Berner?«
    »Besser als der Maurer ist er allemal, er gibt den Musikern viel mehr Selbstvertrauen, weil er nicht bei jedem Irrtum sofort abbricht, sondern dem Verursacher signalisiert, dass er den Fehler sehr wohl bemerkt hätte, er aber wüsste, dass er es das nächste Mal besser machen würde. Maurer hingegen hat aus jedem Zwischenfall eine Staatsaffäre gemacht und den Delinquenten rüde abgekanzelt … Insofern hat sich durch den Tod Maurers, so tragisch er auch sein mag, ein Vorteil für die Kunst ergeben – und das sollte uns allen doch das Wichtigste sein«, fügte Meisl mit einem Augenzwinkern hinzu.
    »Gibt es unter Ihnen eigentlich auch Musiker, die Maurer mochten?«, warf Walz stirnrunzelnd ein, der als Musikexperte die Befragung übernommen hatte.
    »Möglicherweise, ich allerdings kenne keinen«, antwortete Meisl nach kurzem Nachdenken.
    »Wie kommt es dann, dass Maurer eine solche Karriere machen konnte?«
    »Das fragt sich auch so mancher von uns … Eine ganz wichtige Rolle spielt dabei sicherlich die Agentur. Das ist aber kein Phänomen der heutigen Zeit. Bis zur Mitte der 90er-Jahre war es Ronald Wilford gewesen, der mit seiner Agentur Columbia Artists in New York die absolute Herrschaft über den Klassikmarkt innehatte. Nicht nur, dass er eine Unzahl an Weltklassemusikern vertrat, auch fast alle großen Dirigenten standen bei ihm unter Vertrag. Selbst solche Großmeister wie Herbert von Karajan und Carlos Kleiber hörten auf ihn. Er war der unumstrittene Papst

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