Haveljagd (German Edition)
hatten. Claasen hatte schweigend zugehört und, ohne weitere Fragen zu stellen, bereitwillig zugesichert, den Generalstaatsanwalt und je einen Vertreter des Justiz- als auch des Innenministeriums hinzuzuziehen. Schließlich ging es um einen Oberstaatsanwalt, noch dazu um einen, der eigentlich Justizminister werden sollte.
»Soll ich mitkommen?«, fragte Sonja, als sie das Auto auf dem Direktionsparkplatz abstellte.
»Was?«
»Ob ich mitkommen soll?« Sie sah Manzetti von der Seite an und bemerkte, wie seine Augen noch in weiter Ferne waren.
»Mitkommen? Wohin willst du mitkommen? … Ach ja … Natürlich. Was hast du denn gedacht?«
»Andrea, ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ja.« Er zog an dem silbrigen Griff, bis sich die Beifahrertür öffnete. »Alles in Ordnung.«
Als sie neben ihm über den Hof ging, griff sie nach seinem Arm. »Kannst du mir nicht sagen, was los ist? Ist es Inka Schneider und der Umstand, dass sie möglicherweise das Schicksal von Tim teilte?«
Manzetti schüttelte den Kopf. »Nein, ist es nicht. Es ist ein Wort dazwischen.«
»Wozwischen?«
»Zwischen Schneider und Schicksal.«
Sie ließ seinen Arm wieder los. »Andrea, komm schon. Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.«
Er blickte zu Sonja, sah aber durch sie hindurch. Ihm gingen die spärlichen Worte Claasens durch den Kopf und damit das, was ihn in wenigen Minuten erwarten würde.
»Hör mal«, sagte er. »Es tut mir leid, wenn ich dir das jetzt nicht ausführlich erklären kann. Aber du sagtest: Die Schneider, die möglicherweise das Schicksal ...« Er legte eine Hand auf ihre Schulter. »Verstehst du? Möglicherweise. Daran werden sie uns festnageln.«
Sonja hob resignierend die Hand. »Gut. Aber wir wollen doch gar keinen Haftbefehl gegen von Woltersbrück.«
Er ging in Richtung des Eingangs. »Dazu ist die Runde auch gar nicht da. Hier geht es um viel mehr als um das Schicksal eines einzelnen Oberstaatsanwalts.« Dann blieb er stehen und sah ihr fest in die Augen. »Lass nur mich reden und gib, falls du doch gefragt wirst, nichts von dem preis, was wir mit Bremer unter vier Augen besprochen haben. Und lass in deiner Handtasche ein Diktiergerät mitlaufen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich habe doch gar keine Handtasche.«
»Dann besorg dir eine«, befahl er und sah ihr nach, wie sie schnellen Schrittes im Seitenflügel der Kripo verschwand.
Endlich allein, dachte er und ging die Treppe zu seinem Büro hinauf. Hier wollte er sich in den letzten zehn Minuten noch einmal sammeln und Antworten auf Fragen finden, die man ihm gleich stellen würde.
»Herr Manzetti.« Hasi rannte über den Flur, in der Hand die Glaskanne einer Kaffeemaschine, und auf der Nase ihre auffällige Brille, an deren Bügel die Perlenschnur baumelte, die um ihren Hals führte. »Hier ist heute großer Bahnhof, sage ich Ihnen. Ich bin schon ganz aufgeregt.«
»Aha«, tat er unwissend. »Wer kommt denn alles?«
»Sogar ein richtiger General«, verkündete sie und ging mit der Glaskanne in ihr Zimmer. »Der hat bestimmt extrem viele Sterne auf der Schulter.«
Manzetti folgte ihr und nahm die Blätter aus dem Drucker, der gleich neben der Tür stand. Sie hatte Tischkarten gemacht, und die ließen erkennen, wer gleich an der illustren Runde teilnehmen würde. Von einem General war da aber keine Rede.
»Kann es sein, dass Sie da etwas verwechseln?«, fragte er zu Hasi hinüber.
»Ich?«, fragte sie zurück und kippte den Inhalt der Glaskanne in die Kaffeemaschine.
»Es kommt kein General.« Er hielt ihr einen der Ausdrucke hin. »Das hier ist der Name des Generalstaatsanwalts, also eines Juristen.«
Sie sah ungläubig zu ihm rüber.
Manzetti schüttelte den Kopf. »Es kommt wirklich niemand von der Armee. Was sollen die auch hier? Wir sind doch nicht im Krieg.«
»Nicht?« Enttäuscht drückte sie auf den Startknopf der Kaffeemaschine. »Und ich dachte, dass ich mal einen richtigen General zu Gesicht bekomme. Schade.«
Manzetti ging schnell die anderen Namen durch, was seiner Hoffnung auf ein sachliches Gespräch gänzlich den Nährboden entzog. Darunter war ein Angehöriger des Justizministeriums, und sogar das Innenministerium schickte einen hochrangigen Vertreter.
Im großen Besprechungsraum stellte er sich ans Fenster und sah auf den Hof hinaus, auf den Claasen gerade mit seiner Delegation trat. Alle waren sie wie angekündigt gekommen, nur einen Herrn kannte Manzetti nicht. Aber das machte offensichtlich auch nichts, denn
Weitere Kostenlose Bücher