Haveljagd (German Edition)
Schneider.«
»Und?«
»Ein roter Kleinwagen. In der Nähe der Orte, an denen die drei das letzte Mal gesehen wurden, stand immer ein roter Kleinwagen.«
»Kennen wir den Typ?«
»Nicht mit Gewissheit. Nur der Förster war sich ziemlich sicher, dass es ein alter Peugeot 205 war. Wird heute kaum noch gefahren. Die anderen sagten, könnte sein, als man ihnen Fotos eines 205 vorlegte.«
»Und nun?«
»Sie checken alle roten 205 im Umkreis von einhundert Kilometern. Vielleicht haben wir ihn ja dann.«
»Vielleicht«, sagte Manzetti und hoffte, dass Sonja Recht behalten würde. »Ruf bitte diesen Anwalt an, diesen Malte Richter. Wir fahren nachher bei ihm vorbei.« Dann wandte er sich wieder Bremer zu. »Wo waren wir stehen geblieben?«
»Bei der kollektiven Unverantwortlichkeit.«
»Ah, ja. Aber ursprünglich wollte ich wissen …«
Wieder kam Bremer dem Satzende Manzettis zuvor. »Ja, und ich hatte ein bisschen zu weit ausgeholt. Also, meiner Frau und mir erging es auch so. Wir konnten tun und lassen, was wir wollten, sie wurde einfach nicht schwanger.«
»Und?«
»Dann sind wir zu einer Psychotherapeutin gegangen. Die konnte uns aber auch nicht helfen, hat bloß unsere geschundenen Seelen mit Balsam bestrichen.«
»Eine Psychotherapeutin …«, wiederholte Manzetti und hatte Bremers Institut in Gedanken bereits verlassen.
22
Manzetti ließ sich von Sonja kurz hinter dem Steintorturm absetzen. Hier sollte sie ihn in einer halben Stunde auch wieder abholen, wenn sie in der Direktion die neusten Informationen zusammengeklaubt und den Schlüssel für Inka Schneiders Wohnung besorgt hatte.
Er selbst ging in die Neustädtische Heidestraße, wo in einem ehrwürdigen und auf das Ansehnlichste restaurierten Haus an der alten Stadtmauer die Praxisräume von Karin Leffler lagen. Nicht dass er sie in die Ermittlungen einbinden wollte, aber nach gründlichem Grübeln war ihm aufgefallen, dass er Werner zwar ganz gut kannte, aber so gut wie nichts über ihn wusste. Er konnte nicht einmal sagen, ob sein Freund an irgendwelchen Erkrankungen litt, die ihn zur Einnahme von Medikamenten zwangen. Diese Details und die Frage, auf die ihn Bremer mit dem Hinweis auf einen Psychotherapeuten gebracht hatte, galt es nun zu klären.
Aber daraus würde wohl nichts werden, denn an der schönen Holztür klebte ein Zettel. »Heute keine Sprechstunde.«
Sicherlich war sie nicht in der Lage, anderen Menschen zu helfen, solange ihr »Immer-wieder-Lebensgefährte« als vermisst galt, aber erreichbar sollte sie sein. Für ihn und möglicherweise für Werner, so war es abgemacht gewesen.
Manzetti zog also wieder sein Handy heraus und ließ es dreimal klingeln, bis sie sich meldete. »Karin, wo steckst du denn? Ich stehe hier vor deiner Praxis und ...«
»Ich muss auch mal an die Luft, oder glaubst du, ich sitze den ganzen Tag in meinen vier Wänden und warte, bis mir die Decke auf den Kopf fällt.«
»Aber wenn Werner plötzlich auftaucht, was dann?«
»Dann meldet er sich bestimmt nicht unbedingt bei mir in der Praxis. Andrea, es geht doch viel mehr um dich, oder?«
Natürlich ging es um ihn selbst. Er war der Panik nahe und in seinem Gehirn schossen Dutzende Gedanken von links nach rechts und von oben nach unten und alle wollten verarbeitet werden. Da machte es ihn hochnervös, wenn Verzögerungen von nur wenigen Sekunden eintraten, noch dazu, wenn die nicht von ihm verursacht waren.
»Ich muss dich dringend etwas fragen.«
»Dann mach das doch.«
»Karin, kennst du alle deine Kollegen in Brandenburg persönlich?«
Sie schien kurz zu überlegen. »Nein, aber ich kenne sie, so gut man Kollegen eben kennt.«
»Und wie gut ist das?«
»Na so gut, wie … Andrea, was soll denn das? Ich habe kaum private Kontakte zu ihnen.«
»Und dienstlich? Kannst du sie alle einschätzen?«
»Die meisten. Aber jetzt erklär mir doch mal, was du überhaupt von mir willst?«
Ja, was wollte er eigentlich? Alles war nicht mehr als ein Strohhalm, purer Aktionismus. »Wir haben herausgefunden, wer Tims wirkliche Eltern sind, und nun fragen wir uns natürlich, wer sie vermittelt hat.«
Am anderen Ende blieb es einen Augenblick lang still. »Wie vermittelt? Ich verstehe dich nicht und ich weiß noch immer nicht, wohin du willst? Kannst du dich bitte etwas genauer ausdrücken? Ist Tim ein Adoptivkind, oder was?«
Natürlich. Karin hatte längst nicht seinen Stand, er aber sprach mit ihr, als wäre sie in den letzten Stunden ständig an seiner
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