Havoc - Verwüstung - Thriller
erkannte Crenna im Führerhaus. Er hatte sich auf seinem Sitz entspannt nach hinten gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.
»Offenbar haben sie die Kisten aus dem Frachtraum herausgeholt«, sagte Mercer, als er den Grund für die Pause erahnte. »Er will, dass Cali und Jesse erst heraufkommen, ehe er die Kisten endgültig hochzieht, für den Fall, dass es Probleme gibt.«
Sekunden später tauchten Cali und Jesse hinter dem Kabinenkreuzer auf. Stan und Mercer halfen ihnen, an Bord zu klettern. Als Crenna sah, dass die Taucher wieder sicher auf dem Trockenen waren, setzte er die Kabeltrommel abermals in Bewegung und zog den Ausleger ein, um die Hydraulik des Krans ein wenig zu entlasten. Wenig später tauchten die Kisten wassertriefend aus dem Fluss auf und schwebten über dem Deck der Schute.
Der Lärm des Kranmotors überdeckte ein anderes, tieferes Dröhnen, bis es den Bergungsort beinahe erreicht hatte. Der kraftvolle Außenbordmotor des Bass-Boats, das kurz zuvor an ihnen vorbeigerauscht war, schleuderte eine hohe Wasserfahne in die Luft, während es mit fast vierzig Meilen pro Stunde auf die Schute zukam. Mercer hatte Cali beim Ablegen ihrer Ausrüstung geholfen und erahnte das in schneller Fahrt befindliche Boot erst, als es in seinen Gesichtskreis gelangte. Er sah, dass die vier Männer auf dem Boot konzentriert zur Schute hinüberblickten und dass drei von ihnen plötzlich Maschinenpistolen in den Fäusten hielten.
»Runter«, brüllte er und stieß Cali auf das Deck. Während er sich umdrehte, sah er, dass das Fischerboot, das am Pier vertäut gewesen war, plötzlich zum Leben erwacht schien. Eine schäumende Welle türmte sich vor seinem Bug auf, als sein Kapitän die Gashebel bis zum Anschlag nach vorn schob.
Mercer hatte seine Reisetasche den ganzen Tag über ständig bei sich gehabt. Jetzt öffnete er hastig den Reißverschluss, griff hinein, suchte einige Sekunden lang hektisch darin herum und zog schließlich eine Schmeisser MP-40 heraus. Die Waffe hatte zur Standardausrüstung der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs gehört. Mercer hatte sie Tiny abgekauft, der sie statt einer Wettschuld in Zahlung genommen hatte. Mercer rammte ein dreißig Schuss fassendes Magazin in den Aufnahmeschacht und pumpte eine Patrone in die Kammer. Sechs weitere Magazine verstaute er in seinen Jeanstaschen. Die Waffe war zwar nicht gerade die präziseste, aber ihre schnelle Schussfolge verhalf ihr auf kurze Distanz immerhin zu einer verheerenden Wirksamkeit.
Das in schneller Fahrt auf sie zuhaltende Bass-Boat war noch immer ungefähr zwanzig Meter entfernt, als die drei
Schützen das Feuer mit ihren Kalaschnikows eröffneten. Crennas Mannschaft ließ sich aufs Deck fallen, und Crenna selbst sprang mit einem Satz aus dem Führerhaus des Krans. Er ging hinter dem massigen Luftkompressor in Deckung, während Kugeln auf die Stahlaufbauten der Schute prallten und als Querschläger singend in alle Richtungen davonflogen. Dann riss er sich die Gasmaske vom Gesicht und schnappte mühsam nach Luft.
Indem er sich hinter das Schandeck des Kabinenkreuzers duckte, schob Mercer die Tasche zu Cali hinüber. »Da drin finden Sie eine Beretta!«
»Woher wussten Sie, dass so was passiert?«
»Ich hab’s gar nicht gewusst. Ich wollte nur auf alles vorbereitet sein.« Er machte sich bei Stan Slaughbaugh und Jesse Williams bemerkbar. Beide kauerten am Heck, und keiner von ihnen sah aus, als wäre er schon einmal das Opfer eines Hinterhalts gewesen. »Gehen Sie nach vorn in die Kabine. Lassen Sie den Motor an und bleiben Sie dann in Deckung.« Die NEST-Wissenschaftler gehorchten wortlos.
Das Bass-Boat kam zügig den Fluss herauf, wobei der Schusslärm der Maschinenpistolen über dem Dröhnen des Außenbordmotors nur noch gelegentlich zu hören war. In Mercers Augen sah es aus, als hätten sie die Absicht, auf der ihm abgewandten Seite auf die Schute zu springen. Er warf einen Blick über die Schulter. Das Fischerboot hatte den Fluss zur Hälfte überquert und näherte sich nun schnell. Seine stumpfe Nase verbarg sich hinter einer schäumenden Bugwelle. Der Kapitän befand sich auf der Brücke, während sich seine Kumpane am Heck aufgebaut hatten. Beide waren bewaffnet. Sie hatten Heckler und Koch HK-416er, das jüngste Sturmgewehrmodell der deutschen Waffenschmiede. Die kompakten Gewehre verfeuerten 5,56-Millimeter-NATO-Munition
und entwickelten sich allmählich zur beliebtesten Dienstwaffe militärischer
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