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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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nahm den von Esther sorgfältig für diesen Zweck ausgesuchten Text aus der Genesis, Kapitel 23, Vers 4: »Ich bin ein Fremder und Einwohner bei euch; gebt mir ein Erbbegräbnis bei euch, daß ich meinen Toten begrabe, der vor mir liegt.« Charles Bromley fand den Vers außerordentlich düster für einen jungen Priester von einundzwanzig Jahren. Aber er mußte die Geschicklichkeit anerkennen, mit der Abner den Tod zu einer glühenden Versicherung des Lebens machte. Abner wiederum fand die Art, wie Frau Bromley die Orgel spielte, und die Art, wie ihre drei Töchter die Hymnen sangen, unnötig geziert. Diese Meinungsverschiedenheit zugegeben, war die Andacht jedoch ein Erfolg. Dann sagte Bromley: »Zu Bett, Familie! Diese beiden jungen Leute werden genug miteinander zu besprechen haben«, und mit einer großen Geste trieb er seine Brut die Treppe hinauf.
    Als die andern aus dem Zimmer gegangen waren, setzte sich Jerusha mit gefalteten Händen, betrachtete den Fremden in ihrem Haus und sagte: »Pastor Hale, Ihre Schwester hat mir so viel von Ihnen erzählt, daß ich kein Bedürfnis habe, Fragen an Sie zu richten. Aber Sie müssen viele Fragen haben, die Sie beunruhigen.«
    »Ich habe eine, die allen andern voransteht, Fräulein Bromley«, antwortete er. »Haben Sie einen unerschütterlichen Glauben in den Herrn?«
    »Den habe ich. Mehr als meine Mutter oder mein Vater, mehr als meine Schwestern. Ich weiß nicht warum. Aber ich habe diesen Glauben.«
    »Ich freue mich zu hören, daß Sie unserem Herrn und Meister gegenüber kein Fremder sind«, seufzte Abner erleichtert. »Haben Sie keine anderen Fragen?« fragte Jerusha.
    Abner blickte sie erstaunt an, als wollte er sagen: Welche anderen Fragen sollte es sonst noch geben? Statt dessen fragte er: »Sind Sie also bereit, seinem großen Lebensplan blindlings zu folgen, selbst wenn er sie achtzehntausend Meilen von Ihrem Elternhaus fortführt?«
    »Ich bin bereit. Dessen bin ich ganz gewiß. Seit einigen Jahren höre ich eine Stimme. Vor einiger Zeit ist sie zu großer Macht angewachsen.«
    »Wissen Sie, daß Owhyhee eine barbarische Insel ist,
    grausam und böse?«
    »Ich hörte neulich einen Vortrag von Keoki in unserer Kirche. Er erzählte uns von den dunklen Gebräuchen seines Volkes.«
    »Und Sie sind dennoch bereit, nach Owhyhee zu gehen?« Jerusha saß für einige Augenblicke außerordentlich steif auf ihrem Stuhl und versuchte, in sich etwas zu unterdrücken. Aber es gelang ihr nicht, und schließlich platzte sie heraus: »Pastor Hale, Sie werben mich nicht für Owhyhee an! Sie prüfen mich nicht auf meine Tauglichkeit für die Missionsarbeit! Man erwartet von Ihnen, daß Sie mich fragen, ob ich Sie heiraten möchte!«
    Abner schluckte ein paarmal. Er war über Jerushas Ausbruch nicht erstaunt, denn er hatte erfahren, daß er nichts über die Frauen wußte, und vielleicht erwartete man von ihnen, daß sie sich so gebärdeten. Deshalb packte ihn nicht die Angst. Er blickte auf seine Hände nieder und sagte: »Sie sind so schön, Fräulein Bromley. Sie sind so viel schöner, als ich je erwarten durfte, daß ich noch nicht einmal jetzt verstehe, warum Sie sich zu einer Ehe mit mir bereit fanden. Ich wundere mich darüber, daß Sie sich mit mir abgeben wollen, und deshalb dachte ich, Sie müßten einem mächtigen Rufe Gottes folgen. So war es nur vernünftig, darüber zu sprechen.« Jerusha stand von ihrem Stuhl auf, ging zu Abner hinüber und kniete vor ihm nieder, um ihm in die Augen zu blicken. »Haben Sie denn Angst, sich mir zu erklären?«
    »Ja. Sie sind so viel schöner, als ich erwartet habe.«
    »Und Sie denken: Warum ist sie nicht schon verheiratet?«
    »Ja.«
    »Pastor Hale, Sie brauchen nicht verlegen zu sein. Meine ganze Familie stellt dieselbe Frage. Die Wahrheit ist einfach: ich war vor drei Jahren, ehe ich zu Gott gelangte, in einen Mann aus New Bedford verliebt, der einmal hierher zu Besuch kam. Er verkörperte alles, was Sie nicht sind, und sofort hatte jedermann in Walpole entschieden, daß er der richtige Mann für mich sei. Aber er ging fort, und in seiner Abwesenheit... «
    »Nahmen Sie Gott als einen Ersatz?«
    »Viele glauben das.«
    »Und jetzt möchten Sie auch mich als einen Ersatz?«
    »Ich nehme an, daß meine Mutter und meine Schwestern so denken«, antwortete Jerusha ruhig. Der Augenblick der Rührung war vorüber, ohne daß Abner ihre Hand genommen hatte. So stand sie gesittet auf und kehrte zu ihrem Platz zurück.
    »Und doch dachte

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