Hawaii
Mädchen davor bewahre, lebendig begraben zu werden. Alles was Makua Hale mir sagt, ist gut. Dann hielt sie inne und mußte an ihren Mann Kelolo denken, der kapu war. Aber Kelolo werde ich erst kurz vor meinem Tod aufgeben. Und so begann der Kampf von neuem. Aber wenn Abner einen Vormittag lang durch andere Pflichten von ihrem Graspalast ferngehalten wurde, so begann Malama unruhig zu werden, denn ihre Diskussionen mit Abner waren für sie der beste Teil des Tages. Sie spürte, daß er ihr die Wahrheit sagte, und er war der erste, der das tat.
Als Jerushas Stunde kam, erhielt sie eine ungünstige Nachricht von Dr. Whipple: »Ich bin in Hawaii aufgehalten worden, wo drei Missionarsfrauen ihre Babys erwarten, und es ist mir völlig unmöglich, nach Lahaina zu kommen. Ich bin aber sicher, daß Bruder Abner die Entbindung durchführen kann. Immerhin bitte ich um Eure Vergebung. Es tut mir leid.« Sie bekam Angst.
Einmal ging sie sogar soweit, vorzuschlagen: »Vielleicht sollten wir eine der ansässigen Frauen bitten, uns zu helfen.« Aber Abner blieb eisern und zitierte Jeremia: »So spricht der Herr: Ihr sollt nicht der Heiden Weise lernen...« Er hielt ihr vor, wie unwahrscheinlich es war, daß eine Heidin, die tief in Götzendienst und Laster steckte, wissen sollte, wie ein christliches Kind zur Welt gebracht würde, und Jerusha gab ihm recht. Aber diesmal hatte Abner sein Handbuch der Geburtshilfe gründlich studiert, und Jerusha verließ sich schließlich so vertrauensvoll auf ihn, daß ihr kleiner Junge ohne Schwierigkeiten auf die Welt kam. Als Abner zum erstenmal das Kind hielt, gratulierte er sich selbst verschämt, daß er seine Sache so gut gemacht hatte; und als es soweit war, daß der Junge in Jerushas linken Arm gelegt wurde, damit sie ihm die Brust gab, da rissen ihn die Fluten des Gefühls, die Abner solange in seinem strengen Herzen zurückgehalten hatte, mit sich fort. Er kniete neben dem Bett nieder und bekannte: »Meine liebste Gefährtin, ich liebe dich mehr als ich dir je sagen kann. Ich liebe dich, Jerusha.« Während sie in dem fremden Land diese Trostworte hörte, diese Worte, nach denen sie sich so sehr gesehnt hatte, stillte sie ihr Kind und war zufrieden. »Wir werden den Jungen Micha nennen«, verkündete er schließlich. »Ich hätte mir einen freundlicheren Namen für ihn gewünscht. Vielleicht David«, schlug sie vor.
»Wir werden ihn Micha nennen«, antwortete Abner. »Ist er stark?« fragte sie schwach.
»Stark in der Güte des Herrn«, versicherte ihr Abner. Nach zwei Wochen unterrichtete sie wieder ihre Klasse - eine schlanke strahlende Missionarsfrau, die in ihrem schweren Wollkleid schwitzte.
Eine Absonderlichkeit der Missionare war, daß sie darauf bestanden, in dem tropischen Hawaii genauso zu leben wie in dem rauhen Neu-England. Sie trugen die gleiche warme Kleidung, verrichteten die gleiche ermüdende Arbeit und aßen dieselben schweren Speisen, wenn sie sie bekommen konnten. In einem Land, das reich an polynesischen Früchten war, freuten sie sich, wenn sie von einem vorbeifahrenden Schiff eine Tüte gedörrter Äpfel bekamen, damit sie wieder eine dicke, süße Apfelpastete genießen konnten. Wildes Rindvieh durchstreifte die Hügel, aber sie bevorzugten gesalzenes Schweinefleisch. In den seichten Gewässern gab es Fische in großen Mengen, aber sie hingen an dem getrockneten Rindfleisch aus Boston. Brotfrucht berührten sie selten, und Kokosnüsse waren in ihren Augen heidnisch. Während all der Jahre auf Maui verrichtete Abner niemals Gottes Werk, wenn er nicht Unterwäsche, wollene Hosen, ein langes Hemd, Stehkragen, Weste und Frack anhatte. Bei Versammlung im Freien war der Zylinder unvermeidlich. Jerusha kleidete sich entsprechend.
Gänzlich unverständlich blieb jedoch die Tatsache, daß die Missionarsfamilien am ersten Oktober, wenn es in Hawaii am heißesten war, regelmäßig in ihre wollene Unterwäsche kletterten. In Boston war das ihre Gewohnheit gewesen. Und auch hier behielten sie diese Gewohnheit bei. Sie badeten niemals in der Lagune, um sich zu erfrischen, denn
Bartholomeus Parrs MEDIZINISCHES LEXIKON ermahnte sie: »NATATIO. Schwimmen ist ein mühsamer Sport und sollte nicht bis zur Erschöpfung der Kräfte getrieben werden. Schwimmen ist dem Menschen nicht so natürlich wie den Vierfüßlern; denn die Bewegungen der letzteren beim Schwimmen sind dieselben wie die beim Laufen.«
Alle diese Konventionen hatten einen der ernstesten Gegensätze zwischen
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