Hawaii
und ich hol' dich morgen um drei Uhr ab.«
»Wird es aufregend?«
»Du sollst es nie vergessen.«
Am nächsten Tag fuhr er in einem geliehenen Wagen bei dem Hotel vor und wartete, bis sie herauskam. Nachdem sie in ihrem frischen weißen Kleid in den Pontiac gestiegen war, wandte er das Auto den Bergen zu und fuhr vom Riff fort ins Innere der Insel, bis sie schließlich an einen hohen Lattenzaun kamen, hinter dem sich majestätisch die Kokospalmen erhoben. Sie fuhren an dem Zaun entlang, bis sie zu einem morschen Tor kamen, das er behutsam mit seinem Wagen aufstieß. Als sie auf dem Grundstück waren, fuhr er den Wagen geschickt zurück und schloß das Tor auf diese Weise wieder. Dann gab er Gas, daß die Reifen im Kies knirschten, und brachte das Auto schließlich vor einem schattigen, von Palmen umstandenen, verwitterten alten Holzhaus zum Stehen, das drei Stockwerke hoch war und Giebel, Verandas, schmiedeeiserne Brüstungen und bunte Fenster hatte. »Das ist mein Elternhaus«, sagte er. »Noch nie ist ein Mädchen hier gewesen.« Er drückte auf die Hupe, und in der wackligen Fliegentür erschien eine wunderbare Frau, die ein Meter neunzig groß war und die ganze Breite der Türe ausfüllte. Ihr Haar war silbergrau, und ein großes braunes Lächeln lag auf dem stattlichen Gesicht. »Bist du es, Kelolo?« fragte sie in singendem Tonfall, in dem die Spur eines NeuEngland-Akzentes mitschwang. »Hallo, Mama. Bereite dich auf eine Überraschung vor! Ich bringe eine Haole-Wahine mit.« Damit seine Mutter nicht die Wandlung bemerken sollte, die in ihm vorgegangen war, verfiel er in sein übelstes Pidgin. Seine Mutter trat ganz aus der Tür, schritt in würdiger Haltung an den Rand der Veranda und streckte ihre Hand aus: »Wir sind sehr erfreut darüber, Sie im Ried willkommen zu heißen.«
»Muddar, des Wahine Elinor Henderson, Smith. Muddar ist Vassar.« Die schlanke Bostonerin und die hünenhafte Eingeborene schüttelten einander respektvoll die Hände, und dann sagte die letztere mit ihrer weichen Stimme: »Ich bin Malama Kanakoa, und Sie sind die erste von Kelolos weißen Freundinnen, die hierher kommt. Sie müssen etwas Besonderes sein.«
»He, Muddar, paß auf!« rief Kelly. »Wir nicht verliebt. Dies Wahine mehr acht Jahre älter. Sie gesettelt viel besser in Boston.«
»Aber sie ist etwas Besonderes«, beharrte Malama. »Besonders zuviel! Sie hat Grips, akamai zuviel.«
Das Trio lachte, und die beiden Frauen schienen sogleich Zuneigung üreinander gefaßt zu haben. Kelly erklärte weiter: »Muddar, dies Wahine kommt von lange her Mission Familie Quigley. Ich spreche nicht dies Familie, aber vielleicht du.«
»Immanuel Quigley!« rief Malama und ergriff die Hände der Besucherin. »Er war der Beste unter den Missionaren. Der einzige, der die Eingeborenen liebte. Aber er blieb nicht lange hier.«
»Ich glaube, er übertrug all seine Liebe für Hawaii auf seine Kinder, und ich habe sie geerbt«, sagte Elinor. Sie hatten inzwischen ein Wohnzimmer im Stil des neunzehnten Jahrhunderts betreten, mit Lüster, Vitrinen, einem Harmonium, einem Steinway-Flügel und einem braunen Stich der Sixtinischen Madonna in einem schweren, geschnitzten Holzrahmen. Die Decke war unverhältnismäßig hoch, wodurch das Zimmer kühl wirkte. Aber Elinors Aufmerksamkeit wurde von einem Gegenstand gefangen, der sich unter einem Glassturz auf einem Mahagonisockel befand. »Was ist denn das?« rief sie.
»Es ist ein Walroßzahn«, erklärte Malama. »Geformt wie ein Haken.«
»Aber woran hängt er?« fragte sie. »Menschenhaar«, versicherte ihr Kelly.
Malama unterbrach ihn, hob den Glassturz auf und reichte der Besucherin die kostbare Reliquie. »Mein Vorfahre, der König von Kona, trug das, als er als Kamehamehas General in die Schlacht zog. Später trug er es, als das erste Missionsschiff in Lahaina anlegte. Ich vermute, daß jedes Haar in diesem mächtigen Band von dem Kopf irgendeines Freundes unserer Familie stammt.« Sie setzte wieder den Glassturz darüber.
Dann sagte sie: »Kelly, während du Frau Henderson zeigst, warum wir das hier das Ried nennen, bereite ich den Tee. Einige der Damen sind gemeldet.« Kelly führte Elinor hinter das Haus, durch eine Küche, in der einmal die zweihundert Mahlzeiten für König Kalakaua bereitet wurden, und bald tauchten sie in einem Traumgarten von Bäumen und Blumen unter, der sich um einen von Binsen umstandenen Teich zog, dessen Oberfläche mit Lilien bedeckt war. Mit einiger Ironie
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