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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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Verfassung, und er gab ihr seine ganze Kraft. Als sein Part vorüber war, fragte sich Elinor, wer von den fünf Frauen die Rolle des Mädchens übernehmen würde. Es war Malama. Wie ein riesiges, weißhaariges Monument stand sie da und sang die lyrische Strophe des Liedes, und schließlich vereinigten sich Mutter und Sohn zu einem hinreißenden Duett. Es war eine außerordentlich schöne Wiedergabe, und als die letzten schwebenden Akkorde verklangen, klopfte Frau Choy auf ihre Ukulele und rief: »Ich könnte die ganze Nacht so durchsingen.«
    »Das wird sie auch«, sagte Kelly, als er mit Elinor in den geliehenen Wagen stieg.
    Elinor fragte: »Was hat deine Mutter getan, als sie aus Vassar zurückkam?«
    »Sie sang und war gut zu den Eingeborenen und vergeudete ihr Geld. Was sonst?«
    Elinor stiegen die Tränen in die Augen. »Ich bin furchtbar nervös, Kelly. Ich kann noch nicht ins Hotel zurück.«
    »Ich muß singen«, sagte er trotzig.
    »Wirst du dafür bezahlt?« fragte sie, nachdem sie sich die Nase geputzt hatte. »Nicht heute abend. Für einen Freund.«
    »Ihr lausiges, vernichtetes, wunderbares Volk«, sagte sie. »Gut, bring' mich zurück. Für einen Freund muß man alles tun.« Sie zog sich in die äußerste Ecke zurück. Aber dann rutschte sie wieder an Kellys Seite. »Sag' mir, hat dieser Freund, wie du ihn nennst, je etwas für dich getan?«
    »Mmmmmmm, eigentlich nicht.«
    »Du singst dir also die Seele aus dem Leib? Für nichts?«
    »Wer ist glücklicher?« fragte er. »Mama oder die Frauen, die du zu Hause kennst?«
    Früh am nächsten Morgen ging Elinor Henderson in die Bibliothek und fragte Lucinda Whipple nach dem Buch mit dem Stammbaum der Kanakoas. Bei dieser Frage verbarg Lucinda nur schlecht ihre Verachtung und betrachtete argwöhnisch Kellys letzte Bettgenossin. Sie hatte nämlich herausgefunden, daß im Laufe eines Jahres mindestens ein halbes Dutzend Frauen, die durch ihre Unkenntnis des Katalogsystems bewiesen, daß sie selten in eine Bibliothek gingen, ehrfürchtig nach >diesem Buch über Kelly Kanakoa< fragen würden. Lucinda vermutete, daß wahrscheinlich ein Mädchen die Nachricht an das nächste weitergab, denn sie erschienen in regelmäßigen Abständen, und wenn sie das Buch respektvoll zurückgaben, sagten sie gewöhnlich: »Himmel, sein Großvater war ein richtiger König!« Lucinda ging nie auf solche Worte ein, aber sie dachte im stillen, daß solche Frauen wahrscheinlich nicht weiter zurückdenken konnten, als bis zu ihrem Großvater. Davor war alles dunkel.
    Aber diese Dame machte eine Ausnahme. Als sie die langen Tabellen in der Publikation des Missionarsmuseums durchgelesen hatten, fragte sie: »Worauf stützt sich das?«
    Lucinda antwortete:    »Mein Urgroßvater Abner Hale
    übersetzte dieses bedeutende Dokument nach der mündlichen Überlieferung eines Kahuna Nui in Maui. Viele Untersuchungen wurden sowohl in Hawaii wie in Tahiti darüber angestellt, und der Bericht hat sich in den meisten Punkten als richtig erwiesen.«
    »Auf wie viele Jahre rechnen Sie eine Generation?« fragte Frau Henderson. »Ich denke, wir sollten dem Lexikon folgen und jeder Generation dreißig Jahre geben. Andererseits haben wir in den Tropen die Erfahrung gemacht, daß zweiundzwanzig Jahre der genauere Durchschnittswert ist. Hinzu kommt, wie Sie sicher bemerkt haben, daß das, was in der Genealogie als aufeinanderfolgende Generationen erscheint, oft nur eine einzige ist, da die Brudererbfolge üblich war und nicht die Erbfolge des Sohnes auf den Vater. Übrigens scheinen Sie ja ausgeprägte Kenntnisse über Hawaii zu haben. Darf ich fragen, was Ihr Interessengebiet ist?«
    »Ich bin eine Urururenkelin von Immanuel Quigley«, erklärte Elinor. »Oh, meine Güte!« Fräulein Whipple war aufgeregt. »Wir hatten noch nie eine Quigley hier.«
    »Nein«, sagte Elinor gleichmütig. »Wie Sie wissen, hatte mein Vater Schwierigkeiten.«
    Die Erinnerung an den alten Zwist konnte Lucinda Whipples Eifer nicht dämpfen, denn ihr genealogisches Interesse überwog alle Verbitterung. Schließlich fragte sie aufgeregt: »Sind Sie am Samstag noch in Honolulu?«
    »Ja«, antwortete Elinor.
    »Wie wundervoll!« rief Lucinda aus.» Es ist der Jahrestag der Missionarsankunft, und ich würde mich glücklich preisen, wenn Sie mich begleiten würden. Denken Sie nur! Eine Quigley!« Sie erzählte nun, daß sie während ihres ganzen Lebens jeden Frühling die Jahresversammlung der Gesellschaft der
    Missionarskinder

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