Hawaii
auszuwählen.« Obwohl die Sklaven dankbar waren, daß nur einer von ihnen sterben mußte, so fürchtete doch jeder von ihnen, daß er dafür ausersehen würde. Sie sahen einander an und fragten: »Wer von uns soll für unsere Herren sterben?« Sie weinten, und einer von ihnen, der unter ihnen eine Führerstellung einnahm, deutete schließlich auf einen Sklaven und sagte: »Du vielleicht.« Der angesprochene Mann erschauerte und bereitete sich dann auf seine Gottesprüfung vor. Zuerst ging er zu dem Führer, der ihn für das Opfer bestimmt hatte, und rieb sich die Nase mit ihm, um anzudeuten, daß er ohne Haß in den Tod ging. Dann rieb er sich die Nase mit den beiden anderen Männern und sagte zu jedem von ihnen: »Es ist besser, daß ich es bin, der sterben muß.« Aber als er zu der zweiten Frau kam, die er liebte, und als er mit ihr zum letztenmal die Nase rieb, konnte er nichts sagen und ging von ihr zu der Grube, in die er hineingeworfen wurde. Steine prasselten auf ihn herab, Erde wurde um ihn und über ihn gehäuft, schweigend fand er den dunklen Tod.
Nachdem die Weihung des Tempels vollzogen war, und nachdem der Strom der göttlichen Macht wieder begonnen hatte, König Tamatoa zuzufließen, so daß er als König voll regieren konnte, stellte Tupuna eine zweite Expeditionstruppe zusammen und drang mit allen außer den Tieren und vier Männern, die das Kanu bewachen sollten, tiefer in das unbekannte Innere vor, um Nahrung zu suchen. Der Erfolg war nicht groß, denn es gab fast nichts Eßbares auf der Insel. Sie fanden einen Farn, dessen Mark gerade noch genießbar war. Tupuna sagte zu dem Farn: »Oh, geheimer Gott dieses süßen Farns, erlaube uns, deinen Stamm zu borgen. Wir werden dir die Wurzeln lassen, damit du wieder wachsen kannst.«
Sie stießen auf einen Baum, der größer als alle andern war, die sie in Bora Bora gekannt hatten, und Pa bemerkte: »Aus einem dieser Bäume könnte man schon ein Haus bauen.« Daraufhin betete Tupuna: »Mächtiger Baum, wir brauchen dein Holz, um Häuser zu bauen. Bitte leih uns deine Stärke. Sieh, ich lege dir einen schönen Fisch zu Füßen, den du essen kannst. Und wenn du damit fertig bist, dürfen wir dann kommen und dein Holz gebrauchen?« Wenn sie auch nichts zu essen fanden, so stießen sie doch auf etwas, das ebensogut war: eine Höhle, die in genügender Höhe über dem Meer lag und trocken war. Tupuna begrub an ihrem Eingang seinen letzten Fisch und betete: »Götter dieser Höhle, bitte, nehmt alle dunklen Wesen fort, die ihr hier verborgen haltet. Erlaubt mir, heiliges Wasser zu verspritzen, damit dieser Ort geweiht sei.« Dann betrat er die Höhle und rief zurück: »Das soll unsere Wohnung sein.«
In diesem Augenblick drang ein lautes Gelächter von dem Strand herauf, wo die Schweine losgelassen worden waren. Offensichtlich hatten sich die Beine des alten Ebers noch nicht wieder an das Festland gewöhnt, denn er nahm einige Schritte, erwartete den Seegang unter sich, richtete seine Beine darauf ein und fiel dann kopfüber in den Sand. Er grunzte verwirrt und richtete seine weichen Knie auf die nächste Woge ein, woraufhin er abermals auf die Schnauze fiel. Die Zuschauer brüllten vor Lachen, und so befreite der wütende Eber sie vor der Ungewißheit, die sie bedrückte. Als Tupuna dann rief: »Bringt alles in die Höhle!«, gehorchten sie bereitwillig und vergaßen bei dieser Arbeit die drohende Gefahr, daß sie auf ihrer neuen Insel nichts zu essen finden könnten.
Aber als sie mit ihren Lasten in die Höhle traten, berichteten zwei Bauern: »Es gibt viele Vögel auf der Insel, und zwar gute.« Als sollte diese Auskunft bestätigt werden, flog in diesem Augenblick ein Zug Seeschwalben über sie hin. Sie nährten sich von lebenden Fischen, so daß man, wenn man sie briet, gleichzeitig den Geschmack von zarten Hühnern und saftigen Makrelen hatte. Tamatoa sah den Seeschwalben nach und sagte: »Tane hätte uns nie hierher gebracht, wenn es keine Nahrung auf dieser Insel gäbe. Wir haben sie zwar noch nicht gefunden, aber es gibt welche, und wir müssen sie finden.«
Jetzt, da der Tempel errichtet war und die Götter ein Haus hatten, da das Kanu richtig an Land und alle Schätze in der Höhle untergebracht waren, begannen die hungrigen Männer, die diese Reise bestanden hatten, sich nach ihren Frauen umzusehen, und eines der ausgemergelten aber schönen Mädchen nach dem andern wurde in die Büsche gezogen. Seltsame Mehrehen wurden geschlossen, und neues
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