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Hawaii

Hawaii

Titel: Hawaii Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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zitternder Sorge dachte er: »Die Kinder meines Bruders werden sogleich neues Land betreten. Alles hängt von den nächsten Minuten ab. Die Insel ist offensichtlich mit fremden Göttern angefüllt, und wir dürfen nichts tun, was sie beleidigen könnte. Aber werde ich in der Lage sein, sie alle milde zu stimmen?«
    Er ging aufgeregt durch das Kanu, um alles so einzurichten, daß die unbekannten Götter möglichst wenig beleidigt wurden. »Hebt nicht einen einzigen Stein auf«, warnte er. »Brecht keinen Zweig ab und eßt keine Krabbe.« Dann ging er zu den Häusern der Götter und rief Pa an seine Seite. Er gab ihm einen flachen Stein. »Du wirst mir folgen«, sagte er, »denn du bist sehr tapfer.« Er brachte das Federgewand des Königs in Ordnung, gab Teroro einen Speer und ergriff mit seinen zitternden Händen die beiden Götter, Tane und Ta'aroa.
    »Jetzt!« rief er, und das Kanu berührte das Land.
    Tamatoa war der erste, der ausstieg, und als er einen Fußabdruck auf dem Strand hinterlassen hatte, kniete er nieder, hob diesen Sand mit beiden Händen an seine Lippen und küßte ihn viele Male. »Das ist Land, auf dem wir uns ansiedeln werden, gutes Land, auf dem wir Kinder haben werden. Hierher werden wir unsere Ahnen bringen. Hierher bringen wir unsere Götter.«
    Hinter ihm im Bug des Schiffes stand Tupuna mit aufwärts gekehrtem Gesicht: »Tane, wir danken dir für die sichere Überfahrt«, flüsterte er. Dann rief er mit durchdringender Stimme: »Ihr unbekannten Götter! Ihr tapferen und edlen Götter, die ihr auf dieser Insel wohnt! Ihr schönen, gütigen Götter des rauchenden Berges! Ihr vierzig Götter, ihr vierzigtausend Götter, ihr vierzigmillionen Götter! Erlaubt uns, hier zu landen. Erlaubt uns, eure Schätze zu teilen. Wir werden euch ehren.«
    Er wollte mit seinen eigenen Göttern den Strand betreten, doch der Gedanke, in ein völlig unbekanntes Land einzudringen, war zu überwältigend, und so rief er noch einmal: »Furchtbare, allwissende Götter, darf ich landen?«
    Er stieg an Land und erwartete ein furchtbares Zeichen. Aber nichts geschah, und so sagte er zu Pa: »Du darfst den Stein von Bora Bora in seine neue Heimat bringen.« Der Krieger sprang mit dem einzigen bleibenden Denkmal der Heimat an Land. Als er neben dem König stand, rief Tupuna: »Jetzt du, Teroro, mit deinem Speer.«
    Als Teroro an Land sprang, kümmerte er sich nicht um neue Götter. Er legte seine Hände auf den Bug von WARTET-AUF-DEN-WESTWIND und flüsterte so sanft, als spräche er mit Malama: »Wunderbares, schönes Schiff. Vergib mir, daß ich dir deine Zierde nahm. Du bist die Königin der Meere.« Und er sprang an Land, um seinen Bruder in den nächsten schicksalhaften Augenblicken zu beschützen.
    Tupuna ließ drei Krieger als Wächter bei dem Kanu zurück, während die andern nacheinander an Land traten und den Zug bildeten, der in das Innere der Insel vordringen sollte. Vor dieser aufgeregten Abteilung marschierte Tupuna, und jedesmal, wenn er an einen großen Stein kam, bat er den Gott des Steins, ihn vorüberzulassen. Als er zu einem Hain von Bäumen kam, rief er: »Gott dieser Bäume, wir nähern uns dir in Freundschaft.« Sie waren erst eine kleine Strecke vorgedrungen, als eine vorüberziehende Wolke einen feinen Regen über ihnen ausschüttete. Tupuna jauchzte: »Wir sind angenommen! Die Götter segnen uns. Schnell! Seht, wo der Regenbogen endet!«
    Pa, der den Stein von Bora Bora trug, sah, wo der Regenbogen die Erde traf, und Tupuna rief: »Dort soll unser Tempel sein!« Er eilte auf die Stelle zu.
    »Was immer Böses hier ist, Tane, verdränge es, denn hier soll dein Tempel sein!«
    Das Ende des Regenbogens war auf ein einladendes Plateau gefallen, von dem aus man den Ozean überblicken konnte, und Tamatoa sagte: »Das ist wahrlich ein gutes Omen.« Dann begann er mit seinem weißbärtigen Onkel die Suche nach einem hohen männlichen Stein, denn beide glaubten, daß die Erde selbst weiblich war und deshalb unrein, aber daß Blöcke von festem, undurchdringlichem Stein männlich und deshalb unbefleckt waren. Nach langer Suche fanden sie schließlich einen großen männlichen Felsblock, der aus feiner rötlicher Erde aufragte, und als Tupuna ihn sah, meinte er: »Eine gute Lage für einen Altar.«
    Nun legte Pa seinen Stein von Bora Bora auf den männlichen Block, und mit dieser symbolischen Handlung hatten sie die neue Insel in Besitz genommen, denn auf den flachen Stein stellte Tupuna ehrfürchtig die

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