Hawkings Kosmos einfach erklaert
sich nämlich seit dem Urknall ständig. Nicht die Materie explodiert im Weltraum, sondern der Raum selbst.
Nichts steht still in der Welt. Sogar das All als Ganzes verändert sich in Raum und Zeit. Astronomische Beobachtungen zeigen, dass das Universum zwar in allen Richtungen ungefähr gleich aussieht, sich im Lauf der Jahrmilliarden jedoch gewandelt hat. Weil das Licht nicht unendlich schnell ist, sondern Zeit braucht, um Entfernungen zurückzulegen, ist ein Blick hinaus in den Raum zugleich ein Blick zurück in die Vergangenheit: Je weiter Astronomen also ins All blicken, desto älter ist der betrachtete Teil des Weltraums. Und tatsächlich sah er vor Milliarden Jahren anders aus: Die Materie war dichter; die Galaxienhaufen entwickelten sich erst; Galaxien kollidierten häufig miteinander, wuchsen, verschmolzen und setzten ungeheuere Energiemengen während ihrer feurigen Jugendstadien frei.
Detektierbare Dynamik: Ãhnlich wie Schallquellen ihre Frequenz ändern, wenn sie sich entfernen oder nähern (der schrillende Alarm von Krankenwagen wird beispielsweise tiefer oder höher), verändert sich auch die Strahlung bewegter Lichtquellen. Die Wellenlängen werden kürzer, das heiÃt wandern in den energiereicheren blauen Bereich des Spektrums, oder länger, das heiÃt rotverschoben, je nachdem, ob die Distanz ab- oder zunimmt. (Man kann das anhand charakteristischer Absorptions- oder Emissionslinien im Spektrum eindeutig identifizieren.) Aus der Spektralveränderung lässt sich sogar die Geschwindigkeit â und gegebenenfalls Rotation â der Objekte errechnen. Im All nähern sich nur wenige Galaxien der MilchstraÃe, etwa der Andromedanebel. Die allermeisten rasen von uns fort.
Auch der Raum ist nicht statisch, sondern er dehnt sich aus â das heiÃt groÃe Abstände nehmen zu. Für diese kosmische Expansion spricht, dass fast alle Galaxien und Galaxienhaufen sich von der MilchstraÃe entfernen. Man kann die Expansion anhand der Rotverschiebung beziehungsweise Fluchtgeschwindigkeit von Galaxien messen (siehe Grafik oben) und mit dem Wert des Hubble-Parameters beschreiben, der 1929 von dem amerikanischen Astronomen Edwin P. Hubble eingeführt wurde. Der Wert beträgt heute â vor ein paar Jahrmilliarden war er kleiner â rund 70 Kilometer pro Sekunde und Megaparsec. Das heiÃt: Im kosmischen Durchschnitt wächst eine Strecke, die ein Megaparsec lang ist (das sind 3,26 Millionen Lichtjahre), in jeder Sekunde um rund 70 Kilometer. Das bedeutet, dass sich das beobachtbare Universum ungefähr um das Volumen der MilchstraÃe vergröÃert â in jeder Sekunde.
Die fliehenden Galaxien erwecken den Eindruck, unsere MilchstraÃe stünde im imaginären Zentrum einer ungeheueren Explosion. Dies ist aber eine falsche Schlussfolgerung, denn von jeder anderen Galaxie aus wäre derselbe Effekt zu beobachten. Der Weltraum expandiert also im GroÃen und Ganzen betrachtet überall und nicht nur von einem Punkt aus. Allerdings erfolgt der Volumenzuwachs nicht an jeder Stelle, sondern vor allem im Raum zwischen den Galaxienhaufen, also den riesigen blasenförmigen Leerräumen, um die sich die Galaxienhaufen wie Seifenschaum gruppieren.
Die kosmische Expansion macht also nicht alles gröÃer! Das All dehnt sich nur da aus, wo dem keine Kräfte entgegenstehen. Das heiÃt weder dort, wo die starke und schwache Kernkraft wirken â im Inneren von Atomen â, noch wo die elektromagnetische Wechselwirkung und die Gravitation eine bestimmte Stärke überschreiten. Somit expandiert das All auch nicht innerhalb der Galaxien oder zwischen benachbarten Galaxien, denn das verhindert die Schwerkraft der Massen. (Die MilchstraÃe und die Andromedagalaxie bewegen sich beispielsweise sogar aufeinander zu und werden in rund zwei Milliarden Jahren miteinander zusammenstoÃen und später verschmelzen.) Eine harte Ãbergangsgrenze zwischen dynamischem und statischem Raum gibt es allerdings nicht.
Mit anderen Worten: Zwar dehnt sich der Weltraum aus, aber auf der Erde nimmt die Zahl der Parkplätze in den Städten trotzdem nicht zu. Und wer morgens vor dem Spiegel über seine Leibesfülle erschrickt, kann nicht der kosmischen Expansion die Schuld am dicken Bäuchlein geben. (Sonst hätten sich ja zudem auch Spiegel, Hose und Schlafzimmer vergröÃern müssen.)
Oft wird gefragt, wohin sich der
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