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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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Informationen aus der Urzeit gleichsam „vergessen“. Das ist eine Folge der Kosmischen Inflation (wenn sie denn wirklich stattgefunden hat). Diese gewaltige Ausdehnung des Weltraums hat zur Folge, dass im beobachtbaren Universum kaum noch etwas von der Zeit vor der Inflation erhalten blieb – falls die Inflation überhaupt einen Anfang nahm (und nicht seit aller Ewigkeit anhält), wovon die meisten Kosmologen aber ausgehen. Doch selbst dann kann sich unser Universum beliebig spät von der inflationierenden Epoche getrennt haben, wie etwa Alan Guth und Alex Vilenkin annehmen. Bereits hundert Volumen-Verdopplungen hätten ausgereicht, um alle Spuren aus der vorinflationären Zeit zu verwischen. (Auch das mag ein Grund sein, warum Hawking der Ewigen Inflation skeptisch gegenüber steht – sie würde schlichtweg eine empirische Bestätigung seiner Keine-Grenzen-Hypothese unmöglich machen.)
    Sogar als Ursache für die geringe Entropie unseres Universums wurde die Kosmische Inflation schon angenommen, beispielsweise von Andreas Albrecht. Aber allmählich setzt sich mehr und mehr die Auffassung durch, dass die Inflation dies nicht allein zu leisten vermochte. Immerhin könnte sie der Schlüssel zur Pforte einer solchen tieferen Erklärung sein, die dann die Anfangsbedingungen der Inflation verständlich machen müsste – was sich freilich als erneute Verschiebung des Problems kritisieren lässt.
Universaler Wettstreit
    Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Das könnte auch in kosmischem Maßstab gelten – quasi ein Wettstreit der Universen um ein langes Leben.
    Laura Mersini-Houghton von der University of North Carolina in Chapel Hill hat in den letzten Jahren ein pfiffiges kosmologisches Modell entwickelt, das auf einem solchen Wettstreit beruht und den Beginn des Zeitpfeils erklären könnte. Die aus Albanien stammende Wissenschaftlerin, die zusammen mit Brian Greene auch das NYAS-Meeting organisiert hatte, beschrieb nämlich eine Art Selektionsmechanismus, der nur solche Universen groß und stark werden lässt, die eine niedrige Entropie besitzen. Andere mag es auch geben, aber sie vergehen sofort wieder. Insofern gilt zwar auch hier das Schwache Anthropische Prinzip, das eine Selektion der Beobachtung ausdrückt – in den kurzlebigen Universen könnten keine Menschen entstehen –, aber ähnlich wie in Smolins Szenario läge ihm eine quasi natürliche Selektion zugrunde, die ganz unabhängig von Beobachtern wäre.
    Voraussetzung ist auch hier die Existenz vieler physikalischer Möglichkeiten, also eines Multiversums. Laura Mersini hat dies im Rahmen der in den letzten Jahren viel diskutierten „Landschaft“ der Stringtheorie durchgerechnet. Dieser heiße Kandidat für eine Theorie der Quantengravitation hat eine enorme Menge von Lösungen – vielleicht 10 500 –, wie sich zum Leidwesen vieler Physiker seit etwa dem Jahr 2000 herausgestellt hat. Jeder Lösung könnte ein bestimmtes Universum mit eigenen Naturgesetzen entsprechen.
    Laura Mersini macht aus der Not eine Tugend: „Erst dieser Pluralismus erlaubt es uns, verschiedene Möglichkeiten der Natur zu vergleichen. Gäbe es nur ein einziges Universum, wäre es doch Unsinn zu fragen, warum es die Eigenschaften hat, die es hat, und nicht andere.“
    Für eine anthropische Erklärung wäre freilich selbst die gigantische Zahl 10 500 winzig klein verglichen mit 10 10 121 , der Zahl aller möglichen Konfigurationen von Materie und Energie in unserem Universum. Doch Laura Mersini hat einen Mechanismus in den quantenkosmologischen Grundgleichungen entdeckt, der wie ein Filter wirkt: In der Landschaft der möglichen Anfangsbedingungen für eine Inflation kommt es gleichsam zu einem Kampf zwischen den Eigenschaften der Materie und der Schwerkraft. Die meisten Kombinationen dieser Größen führen entweder zu Universen, die sofort wieder kollabieren, also durch eine Kosmische Inflation (oder zuvor) nicht ausreichend wachsen können, oder zu solchen, die in eine zyklische Dynamik geraten oder zu schnell expandieren und sich entleeren, also ebenfalls nicht entwickeln können. Nur eine bestimmte „Mischung“ der Anfangsbedingungen führt zur passenden Inflation – und zugleich zu Universen mit niedriger Entropie. Aus der Fülle der theoretischen Möglichkeiten sind Weltenräume von der Sorte des unsrigen daher ziemlich wahrscheinlich – die meisten Alternativen verbleiben gleichsam im Schaum des Ozeans der Unordnung und bilden also auch keinen Zeitpfeil

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