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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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schon abgesehen von Hubbles Beobachtungsresultaten. Unter diesen Umständen muss man sich die Frage vorlegen, ob man den Tatsachen ohne die Einführung des ohnedies unbefriedigenden Λ -Gliedes gerecht werden kann.“ Ebenfalls 1931 soll er, so hat es jedenfalls der Kosmologe George Gamow berichtet, sogar gesagt haben, dass die Einführung von Λ in seine Gleichungen „vielleicht die größte Eselei“ in seinem Leben gewesen sei. (Später wurde freilich klar, dass der Term nicht einfach gestrichen werden kann, sondern als eine Art Integrationskonstante in den Gleichungen unverzichtbar ist, auch wenn ihr Wert null ist oder fast null – eine neue Naturkonstante, deren Wert gemessen werden muss. Und inzwischen gibt es gute Indizien, dass die Kosmologische Konstante einen positiven Wert hat, doch das ist eine andere Geschichte und hat auch nichts mit einem statischen Raum zu tun, sondern führt vielmehr zu einer Beschleunigung der Expansion.)
    1922 und 1924 konnte der russische Mathematiker Alexander Friedmann zeigen, dass sich das Universum entweder immer weiter ausdehnen muss oder wieder in sich zusammenstürzen wird. Voraussetzung dafür ist, dass es in sehr großem Maßstab gleichförmig und isotrop ist, dass es also keinen irgendwie ausgezeichneten Standpunkt gibt (Kopernikanisches oder Kosmologisches Prinzip). Zunächst schenkten die Astronomen Friedmanns Arbeiten keine Aufmerksamkeit. Erst nachdem der belgische Astronom und Priester Abbé Georges Edouard Lemaître 1927 das Problem erneut aufgriff, fand Friedmanns Leistung allmählich die gebührende Beachtung. Allerdings war dieser bereits 1925 an Typhus gestorben. Lemaître machte auch als erster deutlich, dass sich alles quasi aus einem Punkt heraus entwickelt haben könnte. Er postulierte sogar ein zerfallendes Uratom und wurde damit zu einem Vorreiter der Quantenkosmologie, wie sie von Stephen Hawking und anderen Forschern erst ab den 1970er- und 1980er-Jahren zu einer Erklärung des Urknalls wieder in Angriff genommen wurde.
    Obwohl sich Lemaître mit theologischen Deutungen sehr zurückhielt, wurde das Urknall-Modell im 20. Jahrhundert kurzfristig sogar als neuer Gottesbeweis begriffen, schien es mit einer „creatio ex nihilo“, einer Schöpfung aus dem Nichts doch gut zusammenzupassen. Für den britischen Kosmologen Fred Hoyle waren diese religiösen Hintertüren sogar ein Grund, die Urknall-Theorie insgesamt abzulehnen: „Der plötzliche Beginn wird freimütig als metaphysisch angesehen – also außerhalb der Physik liegend. Für viele Leute klingen solche Überlegungen sehr befriedigend, weil sich so ‚Etwas‘ außerhalb der Physik annehmen lässt. Mit einem semantischen Manöver kann das ‚etwas‘ dann durch ‚Gott‘ ersetzt werden.“ Der britische Astrophysiker und Kosmologe blieb bis zu seinem Tod 2001 ein Gegner der Urknall-Theorie und hatte nach der Widerlegung des Steady-State-Modells mit seinen Kollegen Jayant Narlikar, Geoffrey Burbidge und anderen das Szenario zu „Quasi-Steady-State“-Modellen abgewandelt und eine periodische, lokale Materieerzeugung im Universum durch immer wiederkehrende „Mini-Big Bangs“ postuliert. Dem Siegeszug der Urknall-Theorie tat dies aber keinen Abbruch.
    Hoyles Wortschöpfung „Big Bang“, obwohl spöttisch gemeint, setzte sich bei den Befürwortern der Urknall-Theorie rasch durch. Spätere Versuche, einen besseren Begriff zu finden, blieben erfolglos. Missverständnisse waren damit freilich programmiert. Denn „geknallt“ hat eigentlich nichts. Und der Urknall war auch keine Explosion in einem Raum, sondern eher schon die Explosion beziehungsweise Entstehung des Raums. „Das expandierende Universum gleicht nicht einer Explosion, die von einem Punkt im Raum ausgeht. Es existiert kein bestehender Raum in den hinein das Universum sich ausdehnt“, wird Hawkings Kollege John Barrow von der University of Cambridge nicht müde zu betonen. „Es gibt auch keinen Rand. Man kann nicht vom Rand des Universums herunterfallen.“ Die Frage, wo denn der Urknall stattgefunden habe, ist ebenfalls irreführend. Denn: „Es gibt keinen Punkt im Weltall, von dem ich sagen kann: Hier hat alles begonnen, hier lasst uns ein Denkmal setzen“, spottet Rudolf Kippenhahn, ehemals Direktor des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching. „Nirgendwo war eine Mitte.“ Vielmehr sind Raum und Zeit überall entstanden, also auch direkt vor unserer Nasenspitze.
Das Weltalter und die Suche nach zwei

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