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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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All ist der schon von Albert Einstein beschriebene Gravitationslinseneffekt.
    So gelang es Astronomen um Jean-Paul Kneib vom Observatoire Midi-Pyrenées und dem California Institute of Technology, den Lichtschimmer von Urgalaxien bei Abell   2218 zu analysieren. Das Hubble-Teleskop hatte schon 1995 rund 120 Bögen um den zwei Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen im Sternbild Drache fotografiert – die verzerrten Schemen von Hintergrundgalaxien, deren Licht Abell   2218 auf krumme Touren gebracht hatte. Kneibs Spektralanalyse einiger der Bögen – gemessen mit den beiden 10-Meter-Keck-Teleskopen auf dem Mauna Kea in Hawaii – ergaben Rotverschiebungen zwischen 6,6 und 7,1. Das bedeutet: Eine der Urgalaxien, deren Licht vom Gravitationslinseneffekt verstärkt wurde, ist rund 13 Milliarden Lichtjahre entfernt. Als ihr Licht sich auf den Weg machte, hatte unser beobachtbares Universum nur ungefähr fünf Prozent seines gegenwärtigen Alters und ein Siebtel seiner heutigen Größe.
    „Ohne die 25-fache Vergrößerung durch Abell   2218 im Vordergrund hätten wir dieses weit entfernte, junge Objekt nicht identifizieren können, jedenfalls nicht mit den gegenwärtigen Teleskopen“, sagt Kneib. Aus dem Lichtschimmer schließt er, dass die Galaxie nur etwa 2000 Lichtjahre groß ist, aber eine extrem hohe Sternentstehungsrate besitzt – rund drei neue Sonnen pro Jahr bildeten sich damals. Dieser kosmische Youngster ist also ein Paradebeispiel für ein galaktisches „Aufwachsen“.
    Weitere Beobachtungen anderer Forscher haben diesen Entfernungsrekordhalter mit Hilfe des Gravitationslinseneffekts noch überboten. So hat eine Urgalaxie namens Abell   1835 IR1916 im Sternbild Jungfrau eine Entfernung von über 13,2 Milliarden Lichtjahren (mit z ≈ 10 war sie das erste bekannte Objekt mit einer zweistelligen Rotverschiebung). Die Strahlung wurde bereits 460 Millionen Jahre nach dem Urknall freigesetzt, als das Alter des Universums gerade drei Prozent seines heutigen betrug. Würde man die gegenwärtige Lebensdauer des Alls mit der eines 80-Jährigen gleichsetzen, wäre sie nur 2,5 Jahre alt.
    Trotz des spärlichen Lichts fanden die Astronomen heraus, dass die Urgalaxie einen Durchmesser von weniger als 3000 Lichtjahren hatte, höchstens ein Zehntausendstel der heutigen Masse unserer Milchstraße besaß und eine Phase intensiver Sternentstehung durchlief. Es handelt sich eindeutig um einen frühen Baustein der Galaxienbildung.
    „Diese Entdeckung öffnet den Weg zur künftigen Erforschung der ersten Sterne und Galaxien im frühen Universum“, freut sich Daniel Schaerer vom Genfer Observatorium, der zusammen mit Roser Pelló vom Observatoire Midi-Pyrénées die Forschungen geleitet hat. Und dieser ergänzt: „Direkte Beobachtungen ferner Galaxien am Rand des Dunklen Zeitalters sind schon jetzt mit den besten erdgebundenen Teleskopen möglich.“
    Die ältesten Galaxien im Universum werfen auch ein neues Licht auf die Entwicklung der kosmischen Strukturen. Zu Beginn waren die Galaxien noch weit davon entfernt, sich zu den majestätischen Spiralen und Ellipsen entwickelt zu haben, die heute den Weltraum dominieren. Stattdessen waren sie kleine, unregelmäßig geformte Sternansammlungen, die dicht beieinander standen und im Lauf der Jahrmilliarden häufig miteinander wechselwirkten oder verschmolzen. Dafür sprechen auch die neuen Daten. „Die Galaxien haben sich wohl vom Kleinen zum Großen geformt, und die Beobachtungen stützen diese Vorstellung“, kommentiert Richard Ellis vom California Institute of Technology das HUDF. Dieses zeigt seltsam geformte Urgalaxien.
    „Wir blicken zurück in eine Zeit, als das Universum chaotisch war. Fast alles auf dem Bild sind Galaxien oder Objekte, die zu Galaxien wurden. Aber wir sehen eine Vielzahl ungewöhnlicher Formen, die wir noch nicht identifizieren können“, sagt Steven Beckwith. Die Galaxien ähneln mitunter Zahnstochern oder Halsketten und scheinen teilweise gravitativ miteinander zu wechselwirken oder gar zu kollidieren. Das passt gut zu den vorherrschenden „bottom-up“-Modellen der Galaxienentwicklung. Danach bildeten sich zuerst die kleineren Strukturen – von den Sternen „aufwärts“ –, die Galaxienhaufen und -superhaufen kamen zuletzt. HUDF hat einen Blick auf die chaotische Frühphase des Universums erhascht, in dem die Materie erst allmählich Gestalt annahm. Es war ein langer Selbstorganisationsprozess bis zum heutigen Bild der Welt.
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