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Hawkings neues Universum

Hawkings neues Universum

Titel: Hawkings neues Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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vermeiden jedenfalls die leidige Frage, was vor dem Urknall war. „Zeit ist definiert durch das Intervall zwischen Ereignissen“, lässt Hawking seine Computerstimme verkünden. „Es gibt keinen externen Maßstab der Zeit, bei dem das Universum plötzlich mit dem Urknall begann. Daher hat die Frage, was eine Minute vor dem Urknall geschah, keinen Sinn. Die Zeit war nicht definiert.“
Alles aus Nichts?
    „Zeit hat nur dann Bedeutung, wenn im Universum etwas geschieht. Wir messen die Zeit nach regelmäßig ablaufenden Prozessen wie die Rotation der Erde um ihre Achse und deren Kreisbahn um die Sonne. Ohne Raum und Materie lässt sich Zeit nicht definieren“, argumentiert auch der Kosmologe Alexander Vilenkin. Unabhängig von Hawking und schon vor dessen Arbeit mit Hartle hat Vilenkin ebenfalls ein Instanton-Modell entwickelt. Das „Federball“-Symbol fungiert inzwischen sogar als Logo des Tufts Institute of Cosmology, dessen Direktor Vilenkin ist.
    1982 hatte Vilenkin in der Fachzeitschrift Physics Letters einen bahnbrechenden Artikel mit dem Titel Creation of Universes from Nothing veröffentlicht. Dabei geht es um nichts Geringeres als den Versuch, die Entstehung des Universums aus dem Nichts quantenkosmologisch zu beschreiben. Vilenkin vergleicht diesen Vorgang mit dem Zerfall eines radioaktiven Atoms. In der klassischen Physik wäre dieser undenkbar, aber die Quantenphysik erlaubt auch sehr unwahrscheinliche Dinge, etwa das Durchtunneln einer Energiebarriere. Genau das geschieht, wenn ein zerfallendes Atom ein Alpha-Teilchen aussendet. Vilenkin zufolge könnte unser gesamtes Universum durch einen vergleichbaren Quantentunnel-Effekt ins Dasein gelangt sein – „eine Idee, die mir anfangs völlig verrückt vorkam“. Weil sofort danach die Inflationsphase startete, wurde es groß. „Inflation ist der einzige bekannte Vorgang, ein riesiges Universum zu erzeugen.“ Viele andere Universen brachten es nicht so weit – sie blieben winzig, kollabierten kurz nach ihrer spontanen Entstehung wieder und verschwanden im Nichts.
    Auch Vilenkin vergleicht die Quantentunnel-Kreationen mit der Bildung von Gasblasen in kochendem Wasser. Im Unterschied dazu haben die Universen freilich keine Umgebung. In diesem Quantenvakuum existieren nicht einmal Raum und Zeit. „Das ist so nahe am Nichts, wie es nur geht. Wenn es weder Raum noch Zeit gibt, kann man sich keine physikalischen Größen mehr vorstellen. Man kann höchstens sagen, es gibt den Raumzeit-Schaum des Quantenvakuums. Und manchmal bilden sich Blasen mit einer kritischen Größe, die zu expandieren beginnen. So entsteht ein Universum.“
    Auch Stephen Hawking proklamiert für sein Modell, dass das Universum aus dem Nichts ins Dasein sprang – zumindest in der Hinsicht, dass nichts „unter“ oder „vor“ dem Instanton ist. „Man kann im wörtlichen Sinn von der Entstehung aus dem Nichts sprechen: nicht aus dem Vakuum, sondern aus dem absoluten Nichts, da es nichts außerhalb des Universums gibt.“
    Was unvorstellbar schien, haben Hawking und Vilenkin also mit ein paar Gleichungen von einem metaphysischen Ereignis zu einem physikalischen gemacht. Und da keine Zeit vor der Entstehung der Zeit existierte, gab es auch keinen Countdown für den Urknall.
    Dies sind radikale Gedanken (und viele Philosophen werden damit nicht einverstanden sein). Aber es sind eben nicht bloß Gedanken, sondern Beschreibungen in der dezidierten Sprache der mathematischen Physik. Wie Hawking und Hartle benutzte auch Vilenkin in seinem Quantentunnel-Modell die Wheeler-DeWitt-Gleichung – die Verallgemeinerung der Schrödinger-Gleichung für das ganze Universum. Die Randbedingungen und Lösungen dieser Gleichung, die die Wellenfunktion des Universums beschreibt, sind freilich seit langem umstritten – auch zwischen Hawking und Vilenkin. Zudem gilt ihr Anwendungsbereich für kleinste Skalen möglicherweise nur eingeschränkt.
Exkurs: Quantenkosmologie für Neugierige
    Stephen Hawking schrieb im Vorwort seines Bestsellers Eine kurze Geschichte der Zeit , man habe ihm gesagt, jede Formel würde die Zahl der Leser halbieren. Also bitte sofort zum nächsten Unterkapitel weiterblättern, sonst bekommt der Autor dieses Buchs große Schwierigkeiten mit seinem Verlag ...
    Die Mutigen und Unerschrockenen mögen hingegen an dieser Stelle einmal einen kühnen Blick auf jene fundamentale Gleichung werfen, mit denen Quantenkosmologen nichts weniger als die Entstehung und Entwicklung des ganzen

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