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Hawks, John Twelve - Dark River

Hawks, John Twelve - Dark River

Titel: Hawks, John Twelve - Dark River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Duell der Traveler
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war vor langer Zeit. Heute versuche ich, meinen eigenen Weg zu finden. Ich bin keine Bürgerin und keine Drohne, aber genauso wenig bin ich ein reiner Harlequin.«
    »Was für ein Mensch möchtest du sein?«
    Maya blieb direkt vor ihm stehen und machte keine Anstalten, ihre Gefühle zu verbergen. »Ich will nicht allein sein, Gabriel. Harlequins können Ehepartner und Kinder haben, aber sie fühlen sich niemandem wirklich verbunden. Einmal hat mein Vater auf mein Schwert gezeigt und gesagt: ›Das ist deine Familie, dein Freund und dein Geliebter.‹«
    »Kannst du dich erinnern, wie wir auf der Bank gesessen haben und du das Meer gesehen hast?« Gabriel streckte die Arme aus und legte seine Hände auf Mayas Schultern. »Du hast mir versprochen, bei mir zu bleiben, egal, was passiert. Das hat mir viel bedeutet.«
    Sie führten lediglich eine Unterhaltung – Worte segelten durch die kalte Luft –, aber plötzlich trat eine Veränderung ein, fast wie durch einen Zauber. Die Insel und die Kapelle verschwanden, und sie waren allein auf der Welt. Gabriel sah keine Täuschung mehr in Mayas Augen, nichts Unechtes mehr. Auf eine gewisse Weise waren sie zutiefst miteinander verbunden, tiefer als ihre Rollen als Traveler und Harlequin erlaubten.
    Der Wind rüttelte an der Kapellentür, erprobte ihre Stärke, versuchte, sich hineinzuzwängen. Gabriel beugte sich vor und küsste Maya lange, bis sie sich zurückzog. Sie hatten soeben mit einer bedeutenden Tradition gebrochen, sie wie einen Papierfetzen zerstört, den man ins Feuer wirft. Das Verlangen, das er seit so vielen Monaten spürte, verdrängte alle anderen Gedanken. Als er sie ansah, war es, als gäbe es zwischen ihnen nichts Trennendes mehr.
    Sanft nahm er das Schwert von ihrem Rücken und legte es auf eine Holzbank. Dann strich er ihr das Haar aus dem Gesicht, und sie küssten sich noch einmal. Maya zog sich wieder zurück, aber diesmal sehr langsam. Sie flüsterte in sein Ohr.
    »Bleib hier, Gabriel. Bitte. Bleib hier …«

EINUNDZWANZIG
    E ine Stunde später lagen sie nebeneinander auf dem Fußboden, eingewickelt in den schwarzen Wollschal, denn in der Kapelle war es kalt. Gabriels Hemd hing über der Bank, und Maya spürte seine warme Haut an ihren Brüsten. Sie wollte für immer hier liegen bleiben. Er hielt sie umarmt, und zum ersten Mal, seit sie denken konnte, fühlte sie sich geborgen.
    Sie war eine Frau, die neben ihrem Geliebten lag, aber der Harlequin in ihr lauerte ihr auf wie ein Gespenst in einem dunklen Haus. Mit einem Ruck machte sie sich von Gabriel los und setzte sich auf.
    »Gabriel, mach die Augen auf.«
    »Warum?«
    »Du musst hier raus.«
    Er lächelte sie verschlafen an. »Hier wird nichts passieren …«
    »Zieh dich an und geh zur Vorratshütte. Harlequins dürfen sich nicht mit Travelern einlassen.«
    »Vielleicht rede ich mal mit Mother Blessing?«
    »So etwas darfst du nicht einmal denken. Du darfst ihr nichts sagen, und du darfst dich nicht anders verhalten. Fass mich nicht an, wenn sie in der Nähe ist. Und sieh mir nicht in die Augen. Wir werden später darüber reden, das verspreche ich dir. Aber jetzt musst du dich anziehen und gehen.«
    »Maya, das ergibt doch keinen Sinn. Du bist erwachsen. Mother Blessing kann dir nicht vorschreiben, wie du zu leben hast.«
    »Du hast keine Vorstellung davon, wie gefährlich sie ist.«
    »Ich weiß nur, dass sie auf dieser Insel herumspaziert und alle rumkommandiert und beleidigt.«
    »Tu es mir zuliebe. Bitte.«
    Gabriel seufzte, aber er gehorchte ihr. Langsam zog er sich Hemd, Stiefel und Jacke an. »Das wird wieder geschehen«, sagte er.
    »Nein. Wird es nicht.«
    »Es ist das, was wir beide wollen. Du weißt, dass das stimmt …«
    Gabriel küsste sie auf den Mund und verließ die Kapelle. Als die knarrende Tür zugefallen war, konnte Maya sich endlich entspannen. Sie würde ihm einen kleinen Vorsprung geben, um die Vorratshütte zu erreichen, bevor sie sich anzog. Sie zog den Wollschal enger um sich und legte sich wieder auf den Boden. Wenn sie sich zu einer Kugel zusammenrollte, konnte sie Gabriels Körperwärme bewahren wie auch das Hochgefühl und die Vertrautheit, als er sich an sie gedrückt hatte. Plötzlich erinnerte sie sich an jenen Tag in Prag zurück, als sie auf der Karlsbrücke gestanden und sich etwas gewünscht hatte. Möge mich jemand lieben und ich ihn.
    Sie fing gerade an, etwas Angenehmes zu träumen, als sich die Tür quietschend öffnete und jemand in die Kapelle

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