Hawks, John Twelve - Dark River
Schwert. »Nur weil ich meine eigene Furcht besiegt habe, kann ich anderen Menschen Furcht einflößen. Weil mir mein eigenes Leben gleichgültig ist, sterben meine Feinde. Dein Vater hat versucht, dich das zu lehren, aber du warst zu rebellisch. Vielleicht gelingt es mir, dich zu bekehren …«
Mother Blessing hob einen Fuß an. Es war eine elegante, einstudierte Bewegung – wie der Anfang eines Tanzes. Und dann schoss der irische Harlequin vor und attackierte Maya mit raschen, präzisen Bewegungen, die aus dem Handgelenk kamen. Sie hieb und stach mit nicht nachlassender Kraft zu, während Maya zurückwich und sich zu verteidigen versuchte. Die Kerzenflammen begannen zu zittern, und das Klirren der zusammenstoßenden Schwerter zerriss die Stille.
Ein paar Schritte vor dem Altar sprang Maya durch die Luft wie ein Taucher ins Wasser. Sie schlug einen Salto, um von dem anderen Harlequin wegzukommen, landete auf den Füßen und hob erneut ihr Schwert.
Mother Blessing wiederholte den Angriff und trieb Maya an die Wand. Der irische Harlequin schwang sein Schwert nach rechts, lenkte den Schwung aber im letzten Moment um, erwischte Mayas Schwert kurz vor dem Heft und schlug der jüngeren Frau die Waffe aus der Hand. Das Schwert wirbelte durch die Luft und landete klirrend auf der anderen Seite der Kapelle.
»Du wirst dich mir unterwerfen«, sagte Mother Blessing. »Gib nach. Oder trage die Konsequenzen.«
Maya weigerte sich zu antworten.
Ohne Vorwarnung fuhr die Spitze von Mother Blessings Schwert über Mayas Brust, wurde zurückgerissen, fuhr über Mayas linken Arm, wurde abermals zurückgerissen und zerschnitt dann Mayas linke Hand. Die drei Schnittwunden brannten wie Feuer. Maya sah dem Harlequin in die Augen und begriff, dass der nächste Stoß ihr Leben beenden würde. Sie biss die Zähne zusammen, bis ihr plötzlich ein Gedanke kam – so mächtig, dass sie ihren Stolz überwand.
»Ich möchte Gabriel ein letztes Mal sehen.«
»Nein.«
»Ich werde dir gehorchen. Aber ich muss mich von ihm verabschieden.«
ZWEIUNDZWANZIG
I n Manhattan beanspruchte die Evergreen Foundation ein komplettes Bürogebäude an der Kreuzung 54. Straße und Madison Avenue. Die meisten Angestellten lebten in dem Glauben, sie arbeiteten für einen gemeinnützigen Verein, der Forschungsstipendien verteilte und Stiftungsgelder verwaltete. Nur ein kleines Team von Mitarbeitern, deren Büros in den oberen acht Etagen des Gebäudes untergebracht waren, befasste sich mit den weniger öffentlichen Aktivitäten der Bruderschaft.
Nathan Boone betrat die Atriumslobby. Er warf einen flüchtigen Blick auf den dekorativen Wasserfall und das kleine Wäldchen aus künstlichen Fichten, das sich neben der Fensterfront erstreckte. Der Architekt hatte auf echten immergrünen Bäumen bestanden, aber jede neue Anpflanzung war verkümmert und abgestorben und hatte einen unansehnlichen, braunen Nadelteppich hinterlassen. Die Lösung hatte schließlich in einem Wäldchen aus Kunstpflanzen bestanden, dessen ausgeklügeltes Ventilationssystem einen leichten Fichtenduft verströmte. Alle bevorzugten die künstlichen Bäume: Sie wirkten echter als alles, was draußen im Wald wuchs.
Boone näherte sich dem Sicherheitsschalter, stellte sich in ein kleines gelbes Rechteck und wartete, bis der Wachmann seine Augen gescannt hatte. Während Boones Identität überprüft wurde, schaute der Wachmann auf den Computermonitor. »Guten Tag, Mr. Boone. Sie haben die Erlaubnis, in den achtzehnten Stock hinaufzufahren.«
»Irgendwelche anderen Informationen?«
»Nein, Sir. Mehr steht hier nicht. Mr. Raymond wird sie zum richtigen Aufzug begleiten.«
Boone folgte einem zweiten Wachmann durch einen Flur bis zum letzten Aufzug. Der Mann hielt eine Ausweiskarte vor den Sensor und verließ den Fahrstuhl, kurz bevor die Türen sich schlossen. Während der Fahrt scannte die Videokamera in der Kabine Boones Gesicht, um die Information mit den biometrischen Daten im Stiftungscomputer abzugleichen.
An diesem Morgen war Boone per E-Mail aufgefordert worden, sich mit einigen Vorstandsmitgliedern der Bruderschaft zu treffen. Das war höchst ungewöhnlich. Während der letzten Jahre hatte Boone den Vorstand nur dann getroffen, wenn Nash die Sitzung leitete. Uns soviel er wusste, befand sich der General immer noch auf Dark Island im St. Lorenz-strom.
Die Aufzugtüren öffneten sich, und Boone betrat ein leeres Wartezimmer. Der Platz am Empfang war unbesetzt, aber ein kleiner
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