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Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Knopf
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die Innenstadt, wo ich ausstieg und einen weiteren Block bis zu einem Internetcafé lief, das von einem jungen Anarchisten geführt wurde, der bis auf Pornographie nichts verbot.
    »Leute, die nur herkommen, um sich einen Steifen zu holen, kann ich mir nicht leisten«, hatte er mir mal erklärt. Außerdem behauptete er, die Rückverfolgung von IP - und Mac-Adressen umgehen zu können, was, wie ich wusste, absolut unmöglich war. Für meine Zwecke jedoch war seine relative Anonymität ausreichend.
    Ich bezahlte zwei Stunden Internet, die ich mit dem Lesen von Nachrufen verbrachte. Ich hatte folgende Grundparameter aufgestellt: männlich; vier Jahre plus oder minus mein Alter; geboren in Connecticut; in einem entfernten Staat verstorben; möglichst wenig Angehörige; ethnisch kompatibel mit meinem neuen Aussehen; ereignisloses Leben.
    Dieselben Kriterien, die von Identitätsdieben genutzt werden, die ich erfolgreich nachzuahmen hoffte.
    Einer meiner interessanteren Aufträge war einmal das Testen eines Schutzes gegen Identitätsdiebstahl gewesen, den einer meiner Versicherungskunden vermarktete. Man hatte mich beauftragt, die verschiedenen Funktionalitäten und Vorzüge des Programms zu bewerten, und dabei lernte ich eine Menge über die Taktik der Leute, vor denen es schützen sollte.
    In meinen zwei Stunden im Café des Anarchisten registrierte ich Namen und nützliche Statistiken von zwei Dutzend kürzlich Verstorbenen und deren nächsten Verwandten. Ich notierte die Informationen in einem kleinen Notizheft und stopfte es in meine Jacke.
    Dann ging ich nach Hause und gleich zu Bett, von der Anstrengung total erschöpft. Das ist etwas, das Menschen, die sich von Verletzungen erholen, besser kennen als jeder andere. Es ist nicht nur die Genesung, es ist die Zerstörung der früheren Vitalität, die so schwer zu akzeptieren ist. Aber man hat keine Wahl. Der Körper führt das Kommando.
    Am nächsten Abend ging ich zu einem anderen Laden in Stamford, der Prepaid-Handys verkaufte. Die Dokumentation der An- und Verkäufe entsprach der des Anarchisten-Cafés: Sie gipfelte im Kassieren des Bargelds und der Übergabe des Handys – sehr beliebt bei Drogenhändlern.
    Ich nahm Telefon, Füller, Papier und eine kleine Taschenlampe mit zu einer Bank im Park und begann zu telefonieren. Leute anzurufen und ihnen Informationen zu entlocken gehört zu meinem Alltag, in Tausenden von Gesprächen an jedem vorstellbaren Thema geübt, von denen einige emotional wesentlich schwieriger waren als der kürzliche Tod eines geliebten Menschen. Auf die richtigen Fragen, in der richtigen Reihenfolge und im richtigen Ton gestellt, werden fast alle Menschen alles erzählen, was man wissen will.
    Die ersten fünf waren wie immer ein wenig holprig, aber dann hatte ich meinen Rhythmus gefunden, sowohl was die Form als auch den Inhalt meiner Fragestellung anging. Ich sagte ihnen, es wäre vollkommen in Ordnung, falls sie mir als Repräsentanten der Sozialversicherung erlaubten, die nötigen Formulare auszufüllen. Ich müsste nur die Sozialversicherungsnummer wissen und wie lange sie an der neuesten Adresse lebten, um mich zu vergewissern, dass ich mit der richtigen Person sprach. Innerhalb von drei Monaten würden sie dann einen Scheck erhalten, der den Anteil des Verstorbenen am Fonds spiegelte, sowie einen schriftlichen Bericht.
    Die Klügeren legten auf, aber zwei Tage intensiven Fischens brachten sieben gute Namen samt Sozialversicherungsnummer und Dankesbekundungen für den schriftlichen Bericht, vom Scheck ganz zu schweigen.
     
    Eine Woche später fühlte ich mich kräftig genug, um eine Reisetasche mit derber Alltagskleidung und Toilettenartikeln zu packen. Ich steckte 20 000  Dollar in großen und kleinen Scheinen in einen Lederbeutel, der in meinen Hosenbund eingenäht war.
    Als Evelyn an diesem Abend nach Hause kam, erteilte ich ihr letzte Anweisungen.
    »Bitte leg den Erlös aus Haus- und Autoverkauf extrem sicher an. Und so, dass man rasch herankommt, am besten die Hälfte in bar, die andere in Bundesanleihen. Das Geld von der Lebensversicherung legst du so an, dass es ein wenig Zinsen abwirft. Am besten als Einlagenzertifikat mit sechs Monaten Laufzeit. Ich gebe dir Bescheid, sobald ich weiß, wie du mir etwas überweisen kannst.«
    »Ich soll also einfach herumsitzen und abwarten.«
    »Du wirst reichlich zu tun haben. Unsere persönlichen Sachen kannst du der Wohlfahrt spenden.«
    »Hast du vor zu arbeiten?«, fragte sie, hob dann

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