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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbo
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flüsterte mir auf Dänisch etwas ins Ohr,
das ich aber nicht verstand, da Dänisch, ganz objektiv betrachtet, eine schwere
Sprache ist - dänische Kinder erlernen das Sprechen später als alle anderen
Kinder Europas. Ihre unverständlichen Worte erregten mich aber nur noch mehr,
so dass ich den Takt beschleunigte. Gewöhnlich reagierte Lotte sehr empfindsam
auf diese Beschleunigungen, aber an diesem Abend grub sie ihre Finger in meine
Pobacken und drückte mich an sie, was ich als Aufforderung auffasste, noch
schneller zu werden. Ich gehorchte und konzentrierte meine Gedanken auf die
Beerdigung meines Vaters, auf seinen Leichnam in dem geöffneten Sarg, eine
Methode, mit der ich effektiv verhindern konnte, zu früh zu kommen. Oder in
diesem Fall, überhaupt zu kommen. Obwohl Lotte mir versichert hatte, die Pille
zu nehmen, bekam ich schon bei dem Gedanken an eine Schwangerschaft einen
Herzschlag. Ich wusste nicht, ob sie für gewöhnlich einen Orgasmus hatte, wenn
wir miteinander schliefen. Ihre leise, beherrschte Art ließ mich vermuten, dass
bei ihr auch ein Orgasmus kaum mehr bewirken würde als ein sanfter Wind auf
einer Wasseroberfläche - eine leichte Kräuselung, die man schnell übersah.
Außerdem war sie ein viel zu sensibles und delikates Wesen, als dass ich sie
dem Stress solcher Fragen ausgesetzt hätte. Deshalb war ich vollkommen
unvorbereitet auf das, was dann geschah. Ich fühlte, dass ich aufhören musste,
genehmigte mir aber noch einen letzten harten Stoß. Und spürte, dass ich in ihr
irgendetwas anstieß. Ihr Körper erstarrte, und sie riss Augen und Mund auf.
Dann folgte ein Zittern, und einen Augenblick lang fürchtete ich schon, einen
epileptischen Anfall ausgelöst zu haben. Doch dann nahm ich etwas Warmes wahr,
noch wärmer als ihre Scheide, das mein Glied umschloss und im nächsten
Augenblick wie eine Flutwelle auf meinen Bauch, meine Hüften und meine Hoden
schwappte.
    Ich
stützte mich auf die Arme und starrte ungläubig und entsetzt auf den Punkt, an
dem unsere Körper sich vereinten. Ihr Geschlecht zog sich zusammen, als wollte
sie mich ausstoßen, sie stöhnte tief, eine Art knurrendes Schnarren, das ich
noch nie gehört hatte, ehe sich ein zweiter Schwall aus ihr ergoss. Das Wasser
schoss aus ihr heraus, spritzte zwischen unsere Hüftknochen und lief auf die
Matratze, die die erste Welle noch nicht einmal aufgesaugt hatte. Mein Gott,
dachte ich. Ich habe ein Loch in sie gestoßen. Mein Hirn suchte panisch nach
möglichen Erklärungen. Sie ist schwanger, dachte ich, und ich habe die
Fruchtblase perforiert, so dass die ganze Suppe jetzt aufs Bett läuft. Mein
Gott, wir schwimmen im Leben wie im Tod, es ist ein Wasserkind, schon wieder
ein Wasserkind! Ich hatte zwar schon mal etwas über feuchte Orgasmen bei Frauen
gelesen und so etwas vielleicht auch schon mal in einem Pornofilm gesehen, es
aber nicht ernst genommen, sondern als Unsinn abgetan, als ein Produkt
männlicher Fantasie, ausgelöst durch den Wunsch nach einem gleichwertigen
ejakulierenden Partner. In diesem Moment dachte ich wirklich nur, dass das die
Rache war, die Strafe der Götter, weil ich Diana zur Abtreibung überredet
hatte: Nun sollte ich also noch einem Kind mit meinem ungehörigen Schwanz das
Leben nehmen.
    Ich
sprang aus dem Bett und riss die Decke herunter. Lotte war zusammengezuckt, ich
aber sah ihren nackten, zusammengekauerten Körper nicht, sondern starrte nur
blass auf den dunklen Kreis, der sich noch immer auf dem Laken ausbreitete.
Langsam wurde mir bewusst, was geschehen war. Oder wichtiger, was nicht
geschehen war. Aber das Geschirr war zerbrochen, es war zu spät, und es gab
keinen Weg mehr zurück.
    »Ich
muss gehen«, sagte ich. »Das kann so nicht weitergehen.«
    »Was
willst du?«, flüsterte Lotte kaum hörbar. Sie lag jetzt in Embryonalstellung
auf dem Bett.
    »Es
tut mir schrecklich leid«, antwortete ich. »Aber ich muss nach Hause und Diana
um Verzeihung bitten.«
    »Die
wirst du aber nicht bekommen«, hauchte Lotte.
    Ich
vernahm keinen Laut aus dem Schlafzimmer, als ich im Bad ihren Geruch von
meinem Körper wusch und dann leise die Wohnung verließ.
    Jetzt
- drei Monate später - stand ich wieder auf ihrem Flur. Und dieses Mal hatte
nicht Lotte den Dackelblick aufgesetzt, sondern ich.
    »Kannst
du mir verzeihen?«, fragte ich.
    »Konnte
sie es nicht?«, fragte Lotte ohne jede Betonung. Vielleicht lag das aber auch
nur an ihrem dänischen Akzent.
    »Ich
habe ihr nie erzählt, was passiert

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