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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Baumwipfel des silbrigen Waldes. Der Wind blies inzwischen so stark, dass es im Dach klapperte und die Äste, die schwer über dem Lattenzaun hingen, knarrten.
    «Heute Nacht werden wir wohl nicht viel Schlaf bekommen», sagte ich.
    «Kaum», meinte Xavier und küsste mich aufs Haar. Ich richtete mich auf und betrachtete durchs Fenster hindurch die dunkle Silhouette der Bäume. Xavier sah mich mit aufmerksamem Blick an. In dem kühlen blauen Mondlicht wirkte sein Gesicht blass, beinahe überirdisch. «Das hier ist sicher das Letzte, was dir gefehlt hat», sagte er. «Nach alldem, was an Halloween passiert ist.»
    «Da kann man nichts machen», erwiderte ich. «Das Leben läuft nicht nach Fahrplan.»
    «Ich wünschte, ich könnte dich an einen sicheren Ort bringen», sagte er und senkte verzweifelt den Blick. «Wo dir nichts geschehen kann.»
    «Mach dir um mich keine Sorgen», sagte ich. «Ich habe schon so vieles erlebt, ich kann einiges ab.»
    «Das weiß ich.» Er legte mir eine Decke über die Schultern. «Wir haben nie über damals gesprochen … Du weißt schon», fuhr er zaghaft fort. Ich wusste, er wollte mich nicht drängen. «Über deine Zeit in …» Xavier schwieg. Ich aber hatte keine Angst, das Wort auszusprechen.
    «In der Hölle?», schlug ich vor. «Da gibt es nicht viel zu erzählen. Es war genau so, wie man es sich vorstellt.»
    «Angeblich vergisst man traumatische Erlebnisse», sagte Xavier. «Das Unterbewusstsein verdrängt sie. Ich habe gehofft, dass das bei dir auch so ist.»
    Ich schüttelte traurig den Kopf. «Ich erinnere mich», sagte ich. «Ich erinnere mich an alles.»
    «Möchtest du darüber reden?»
    «Ich wüsste nicht, wo ich anfangen sollte.» Ich veränderte meine Position und drückte mich so nah an Xavier, wie es ging. Die Wärme, die er abstrahlte, gab mir die Kraft, weiterzusprechen. «Das Schlimmste war, dass ich meine Freunde zurücklassen musste, Hanna und Tuck. Freunde in der Hölle – das klingt komisch, oder? Aber da unten waren sie wie meine Familie. Hanna ist das netteste Mädchen, das ich je kennengelernt habe, und Tuck hat mir gezeigt, wie man projektiert, sodass ich zu euch kommen und euch besuchen konnte.»
    «Ich wünschte, ich könnte ihm danken», sagte Xavier.
    «Der Gedanke, dass sie ihm etwas angetan haben, macht mich verrückt!» Ich stöhnte unfreiwillig auf. «Wenn sie wütend sind, sind sie zu allem fähig.»
    Xavier schluckte hörbar. «Haben sie … haben sie dir irgendwie wehgetan?»
    «Sie haben versucht, mich auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen.»
    «Was?» Xaviers ganzer Körper versteifte sich, als er mich mit verzerrtem Blick ansah. Meine Worte hatten bei ihm schmerzhafte Erinnerungen geweckt, denn vor ein paar Jahren war seine Freundin Emily durch die Hand der Dämonen in einem Feuer ums Leben gekommen.
    «Ganz ruhig.» Ich zog ihn sanft wieder neben mich. «Die Flammen haben mich nicht berührt. Jemand hat mich geschützt, jemand von oben.»
    «Wow.» Er atmete tief durch. «Das muss ich erst mal verkraften.»
    «Ich weiß. Aber das war nicht das Schlimmste.»
    «Du meinst, es gibt Schlimmeres, als auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden?»
    «Ich habe den Höllenpfuhl gesehen.»
    «Den Höllenpfuhl?», wiederholte Xavier und riss die Augen auf. «Du meinst dieses mittelalterliche Loch mit dem Feuer, wo …»
    «Die Toten gefoltert werden», führte ich für ihn zu Ende.
    «Beth, es tut mir so leid …»
    «Braucht es nicht», unterbrach ich ihn. «Du kannst nichts dafür und kannst mir auch nicht helfen. Es ist halt geschehen, und ich muss selbst sehen, wie ich damit zurechtkomme.»
    Xavier sah mich aus seinen unergründlichen blauen Augen seltsam bewegt an. «Du bist viel stärker, als die meisten Menschen vermuten würden.»
    Ich schenkte ihm ein mattes Lächeln. «Wenn mich meine Zeit da unten eines gelehrt hat, dann, dass nichts für immer ist. Alles und jeder, den du kennst, können sich im nächsten Moment verändern. Das ist mein neuer Blick auf die Welt – außer auf dich. Du bist die einzige Konstante in meinem Leben.»
    «Und das wird auch immer so bleiben. Das weißt du, oder? Ich werde immer da sein.» Xavier legte seine Stirn gegen meine. «Da kannst du dir sicher sein. Und gegen diese Reiter zu kämpfen müsste ja nach alldem, was du durchgemacht hast, eine Kleinigkeit sein.»
    Ich dachte eine Sekunde darüber nach und entschied, dass er recht hatte. Was konnte schlimmer sein, als in die Hölle gezerrt und in der

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