Heaven (German Edition)
Unterwelt gefangen gehalten zu werden, wo einen die, die man liebt, niemals finden konnten? Auch wenn ganze Armeen der Sieben Reiter nach uns suchten – Xavier und ich waren noch immer zusammen. Nicht zu vergessen Gabriel und Ivy, die jede noch so kleine Möglichkeit ausloteten, um uns zu helfen.
«Wir sollten versuchen zu schlafen», schlug Xavier vor. Wir gingen zum Bett hinüber, zogen uns die Schuhe aus und legten uns hin. Nach Gabriels Worten war es uns beiden unangenehm, unter die Decke zu schlüpfen. Ich schloss die Augen, aber mir ging zu vieles im Kopf herum, als dass ich hätte schlafen können. Außerdem überkamen mich hier in diesem Schlafzimmer unterm Dach Beklemmungen, und ich hätte zu gern das Fenster einen Spalt geöffnet, um die Nachtluft hineinzulassen. Doch ich wusste, dass ich das nicht riskieren konnte. Würden die Sieben Reiter unseren Geruch aufnehmen? Konnten sie die Angst und Unsicherheit riechen, die wir verströmten? Ich wusste es nicht, hatte aber auch nicht vor, es auszuprobieren. Als endlich das Morgengrauen anbrach, konnte ich nicht sicher sagen, ob ich geschlafen hatte, empfand es aber als Erleichterung, nicht länger gegen mein Unterbewusstsein ankämpfen zu müssen. Und gegen die Dunkelheit, die meine Klaustrophobie nur noch verstärkt hatte. Denn im Dunkeln wussten wir noch weniger, was da draußen lauerte – und auf uns wartete.
Die nächsten Tage und Nächte verstrichen in ähnlicher Weise. Nach und nach verloren wir jegliches Zeitgefühl. Die ständige Alarmbereitschaft machte uns zwar nervös und mürbe, gleichzeitig aber legte sich eine lähmende Lethargie über uns. Nachts schliefen wir unruhig, der tiefe Entspannungsschlaf, den wir so nötig gebraucht hätten, blieb aus. Was kein Wunder war, schließlich mussten wir den ganzen Tag im Haus bleiben, wo wir nichts zu tun hatten, als auf Neuigkeiten von Ivy und Gabriel zu warten. Gewöhnlich erschienen sie ohne Vorwarnung am Nachmittag und brachten zwar neue Vorräte, aber so gut wie keine Neuigkeiten mit. Ich wurde immer ungeduldiger, und Gabriels Leitspruch, dass keine Nachricht gute Nachricht bedeute, beruhigte mich nicht im Geringsten. Xavier, der in seinem bisherigen Leben jeden Tag Sport gemacht hatte, war ebenfalls kurz davor, verrückt zu werden.
Unser Gefängnis brachte schmerzhafte Erinnerungen zu mir zurück. In den seltenen Momenten, in denen ich schlief, schreckte ich immer irgendwann tränenüberströmt aus einem Albtraum hoch. Ich träumte, dass die Hütte unter der Erde lag und wir keine Luft mehr bekamen. Als ich versuchte, ein Fenster zu öffnen, strömte Erde hinein, und wir drohten, bei lebendigem Leib verschüttet zu werden. Gleichzeitig wusste ich, dass es keinen Sinn hatte zu fliehen, da das, was oben auf uns wartete, auch nicht besser war. Immer wieder wachte ich von meinem eigenen unterdrückten Schluchzen auf, genau wie Xavier, der mir dann beruhigend übers Haar strich, bis ich wieder in den Schlaf zurückfand.
In der dritten Nacht änderte sich mein Traum: Jetzt ritt eine Armee gesichtsloser Reiter mit Flammenschwertern über den Himmel. Die Pferde rollten heftig mit den Augen, während ihre Hufe die Luft durchpflügten. Die Reiter, deren Gesichter durch Kapuzen verdeckt waren, dirigierten sie auf unsere Hütte zu, wo sie wie ein Heer aus Dominosteinen stehen blieben. Es waren so viele, dass ich sie nicht zählen konnte. Als sie losstürmten, schreckte ich auf. Schutz suchend griff ich nach Xaviers Arm, worauf er sofort erwachte. Sein Griff um meine Schulter wurde fester. Beruhigter presste ich mich näher an ihn. Welcher Albtraum würde mich als Nächstes erwarten? An Schlaf war nicht mehr zu denken, und ich rutschte ruhelos hin und her und versuchte, eine bequeme Position zu finden.
«Ich weiß, es ist schwer, aber bitte versuch dich zu entspannen», bat mich Xavier. «Alles wird gut, Beth.» Selbst in dem matten Mondlicht, das durch das Dachfenster hineinschien, konnte ich seine blauen Augen sehen. Der unerschrockene Blick, mit dem er mich ansah, erinnerte mich daran, dass ich bereit war, ihm bis ans Ende der Welt zu folgen.
«Und wenn etwas geschieht, während wir schlafen?»
«Im Dunkeln kann niemand diese Hütte finden.»
«Menschen vielleicht nicht, aber himmlische Soldaten?»
«Wir müssen darauf vertrauen, dass Gabriel für ausreichend Schutz gesorgt hat. Wenn wir vorsichtig sind, kann nichts passieren.»
Wie gern hätte ich ihm geglaubt. Doch was, wenn Gabriel dieser
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