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Heaven (German Edition)

Heaven (German Edition)

Titel: Heaven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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wehtat.
    Wir schlenderten gemütlich und ohne Hast weiter. Die Vorstellung, dass wir verfolgt wurden, fiel uns schwer. Auch der Gedanke, dass ich ein Engel war, auf den Kopfgeld ausgesetzt war, wirkte hier draußen beinahe absurd. In diesem Moment waren wir nichts als ein verliebtes Pärchen. Wir blickten uns um, als sähen wir die Welt zum ersten Mal. Xavier hob ein paar Steine auf, um zu testen, wie weit er sie über den See ditschen lassen konnte. Als ihm tatsächlich eine Art Steintanz über das Wasser gelang, versuchte ich es ihm nachzumachen. Mein Stein ging allerdings mit einem dumpfen Platsch unter. In mir war nicht der geringste Zweifel, dass ich meine Unsterblichkeit dafür geben würde, mit Xavier alt zu werden. Ob Gabriel und Ivy das verstehen konnten? Dass die Sieben Reiter es verstanden, erwartete ich natürlich nicht, und ich hätte es ihnen auch niemals erklären können. Vor meinem geistigen Auge sah ich sie als ein Rudel Wölfe, das nach ihrer Beute hungerte. Der Reiter, der mich fand und der Vergeltung auslieferte, die mich erwartete, würde im Königreich zweifelsohne als Held begrüßt werden.

    Wir waren höchstens zehn Minuten draußen gewesen, als Xavier den ersten Blick auf die Uhr warf. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt – die Sonne ging hier früh auf und unter.
    «Beth, wir sollten zurückgehen.»
    «Schon?»
    «Ja, wir waren schon viel zu lange draußen.»
    «Ist gut. Ich komme.»
    Ich gönnte mir noch ein paar letzte Sekunden, um möglichst viel von der Umgebung aufzusaugen, bevor wir in die Hütte, unser Gefängnis, zurückkehren mussten. Der dichte Wald, der uns umgab, hatte etwas Magisches, und ich sehnte mich danach, ihn zu durchstreifen. Die Sonne, die sich ihren Weg durch die Wattewolken bahnte, ließ Lichtpunkte über das Wasser tanzen. Ein letztes Mal ließ ich den Blick schweifen. Würden wir noch einmal Gelegenheit haben, Zeit in dieser wunderschönen Natur zu verbringen? Wenn Gabriel Wind von unserem Ausflug bekam, ließ er uns womöglich nie wieder unbeaufsichtigt.
    Schließlich wandte ich mich von der idyllischen Szenerie ab und folgte Xavier. Er reichte mir die Hand, um mir über eine steile Stelle der Böschung zu helfen. Oben angekommen zog er mich an sich und richtete mir den Hut, der mir in die Augen gerutscht war.
    «Meinst du, es wäre jetzt sicher, den Hut abzulegen?», fragte ich neckend.
    Xavier antwortete nicht. Erst dachte ich, dass ihm mein Ton nicht passte, dann aber sah ich, dass ihm sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war und er die Zähne zusammenbiss. Er fixierte irgendetwas auf der anderen Seite der Böschung. Als er sprach, bewegte er kaum die Lippen.
    «Dreh dich nicht um», sagte er.
    «Was? Wieso?» Panisch drückte ich seine Hand fester.
    «Auf der anderen Seite des Sees steht jemand.»
    «Ein Einheimischer?», flüsterte ich hoffnungsvoll.
    «Das glaube ich weniger.»
    Ich ließ mich auf die Knie fallen und tat so, als ob ich nach etwas suchte, das mir heruntergefallen war. Als ich mich wieder aufrichtete, drehte ich den Kopf um wenige Millimeter und warf einen Blick über den See. Ich blinzelte. Halluzinierte ich? Ein Stück entfernt, zwischen zwei hohen Bäumen, stand ein weißes Pferd. Sein Fell und seine Mähne hatten einen silbrigen Schimmer, der überirdisch wirkte, und die Hufe, mit denen es am Boden scharrte, waren goldüberzogen.
    «Ein weißes Pferd.» Die Worte stürzten wie von selbst aus meinem Mund. Ich war wie gelähmt vor Schreck.
    «Wo?», fragte Xavier ungläubig und spähte in den Wald.
    Er hatte das Pferd bis jetzt gar nicht gesehen, weil er sich auf seinen Reiter konzentriert hatte. Der Mann war gekleidet, als wäre er auf dem Weg zu einer Beerdigung. Trotz seiner leeren Augenhöhlen spürte ich, dass er mich direkt ansah. Auch wenn ich noch nie einen gesehen hatte, wusste ich, dass dieses Wesen dort einer der Sieben Reiter war. Es gab nicht den geringsten Zweifel.
    Er stand dort, wo der See am breitesten war und eine Biegung machte. Ivys Worte kamen mir in den Sinn: Sie hatte mich angewiesen, davonzulaufen, aber ich konnte mich nicht rühren, war wie gelähmt. Ich bemerkte, dass der Reiter sehr bleiche Hände hatte, die er gefaltet hielt, während er uns musterte. Eben noch hatte er auf der anderen Seite des Sees gestanden. Jetzt kam er plötzlich näher. Seine Füße berührten die Wasseroberfläche nur wenig.
    «Beth, träume ich, oder …» Xavier hielt inne und zog mich ein paar Schritte weg.
    «Du träumst

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