Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
Besuch bei Mr Jones, doch er gab vor, nicht zu wissen, wo Heaven abgeblieben war. Im College tauchte sie am nächsten Morgen auch nicht auf. Dabei lief mir die Zeit davon. Ich musste sie finden und nicht nur meinetwegen.«
    David verzog den Mund. »Ach nein?«, fragte er sarkastisch.
    »Sie hat nur das kalte Herz eines Himmels. Das Herz einer Fee, wenn du so willst. Aber sie wird sterben und zum Himmel zurückkehren, wenn sie ihr normales Herz nicht bekommt.«
    »Und ihr menschliches Herz?«
    Mr Sims deutete auf seine Brust. »Schlägt jetzt in mir. Mr Drood hat es mir gebracht.«
    David wurde schlecht und für einen Moment glaubte er, er müsste sich auf die teuren Lederpolster übergeben. Vielleicht wäre das das Beste. Diesem kranken Typen einfach vor die Füße zu kotzen.
    »Als ich erkannte, dass sie sterben würde, musste ich schnell handeln.« Mr Sims warf David einen Blick zu. »Deshalb bist du jetzt hier. Denn du musst mir einen Gefallen erweisen.«
    »Es geht Ihnen nicht um Heaven«, sagte David tonlos. »Alles, was Sie wollen, ist ihr zweites Herz.«
    Mr Sims nickte. »Ja, sicher. Wenn ich ihr Herz erhalte, dann kann ich in meine Welt zurückkehren. Ich werde dort oben über London leben und zu einem Teil des Nachthimmels über der Stadt werden. Ich werde dann das tun, was eigentlich nur Feen vermögen.«
    Davids Kopf fühlte sich leicht an, schwerelos, wie Watte. Er hatte das vage Gefühl, dass Mr Sims etwas in seiner Darstellung ausgelassen hatte. Denn die wirklich alles entscheidende Frage lautete:
    »Warum erzählen Sie mir das?«
    »Du willst Heaven wiedersehen? Dann kommst du mit mir mit. Außerdem musst du noch eine Aufgabe erfüllen. Du musst etwas tun, das sehr wichtig ist.«
    »Einen Teufel werde ich tun.«
    »Bist du dir da so sicher?«
    »Warum sollte ich etwas für Sie tun?«
    Er lächelte, lehnte sich zurück. »Weil dort, wo wir hinfahren, Mr Scrooge auf uns wartet.« Er sah David in die Augen. »Und Mr Scrooge ist der Einzige, der das Gegengift besitzt.«
    David wurde es mit einem Mal eng in der Kehle. »Gegengift? Gegen was . . .?«
    »Gegen das Gift, das du gerade eben getrunken hast.«
    David drehte das Glas in seiner Hand, starrte hinein. Weißes Pulver klebte auf dem Boden.
    »Sie . . .«
    Mr Sims konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Das ist nicht das Gift«, erklärte er. »Das Gift hinterlässt keine Rückstände.«
    David starrte ihn entsetzt an.
    »Das weiße Pulver ist ein Betäubungsmittel.«
    »Ich . . .«
    Die Farben wurden wilder. Die Welt verschwamm. David sah noch, wie die Trennscheibe zum Chauffeur herunterfuhr. Er hörte, wie der Mann Mr Sims mitteilte, dass sie gleich am Ziel wären. Er starrte nach draußen und sah etwas unglaublich Großes auf sich zukommen. Dann fiel sein Kopf nach hinten auf das Polster des Sitzes. Er schloss die Augen, trieb ins Nirgendwo. Er dachte noch
Scheiße, schon wieder bewusstlos
! – und dann nahm er nur noch ein sanftes Schaukeln und den Geruch der nahen Themse wahr.

17. Kapitel

London Eye
    D avid Pettyfer stand hoch über den Dächern von London, so hoch wie nie zuvor. Tief unter ihm, auf der anderen Flussseite, sahen Big Ben, das Parlamentsgebäude und die Westminster Bridge wie die filigranen Bauten in einer Miniaturlandschaft aus. Ganz London wirkte klein, von Southwark bis zum Horizont. Wie ein zerfetztes Zelt erstreckte sich das Nichts am Firmament. Sein Zentrum über der City spannte sich südwärts bis mitten hinein nach Southwark und hinüber zu den Randbezirken von South Bank, weiter nordwärts bis Spitalfields und rüber nach Soho.
    Schneeflocken trieben wild durch die Luft. Die ganze Stadt wirkte, als sei sie in einer dieser Glaskugeln gefangen, die man schütteln konnte, um es schneien zu lassen.
    David legte die Hände auf das dicke Glas. Tief unter ihm stand die schwarze Limousine, mit der er hergekommen war. Er konnte sich nicht daran erinnern, wie er in die Kapsel gekommen war. Aber jetzt war er hier. Die Kapsel war groß und verschlossen. In der Mitte befanden sich graue Schalensitze aus Plastik. Warme Luft wurde durch die Klimaanlage ins Innere geblasen und von einem leisen Summen, das wie ein Bienenstock klang, begleitet und der Boden vibrierte.
    David war allein.
    Und es dauerte nicht lange, bis er erkannte, dass er an einem der Orte gefangen war, aus dem man sich unmöglich befreien konnte. Unten erstreckten sich die Jubilee Gardens, an dessen westlichem Ende man das London Eye vor Jahren schon erbaut hatte.

Weitere Kostenlose Bücher