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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Herzen.« Er lehnte sich vor.
    David starrte ihn an. »Sie . . . Scheißkerl.«
    »Du solltest nie verurteilen, was du nicht kennst«, sagte Mr Sims milde.
    »Sie haben Menschen getötet.«
    »Ja.«
    »Fühlen Sie Reue?«
    »Würde das etwas ändern?« Mr Sims schüttelte den Kopf. »Nein«, gab er sich selbst die Antwort. »Das würde es nicht. Ich bereue nichts von dem, was ich getan habe.«
    »Haben Sie Jonathan Mirrlees getötet? Stecken Sie hinter seinem Unfall?«
    »Nein!« Er klang entrüstet. »Jonathan war ein guter Freund. Der beste überhaupt!«
    In David krampfte sich alles zusammen. Er drehte sein leeres Glas in der Hand hin und her und dachte absurderweise an Kelly. Dann an das, was Mr Merryweather ihnen gesagt hatte. War das hier der Tag, an dem er erkennen musste, dass er besser nicht geliebt hätte? War das der Tag, an dem er Heaven verlieren würde?
    Die Lichter der Tower Bridge schwanden.
    »Aber Mr Mickey – ihn haben Sie töten lassen. Heaven hat ihn geliebt.«
    Mr Sims nickte. »Ja, das stimmt leider«, sagte er bedauernd. »Aber er hätte es einfacher haben können. Er hätte dich gestern in Richmond einfach nur festhalten müssen, das Weitere hätte ich übernommen. Alles wäre in Ordnung gekommen.« Er seufzte. »Aber Mr Jones hat einen Fehler gemacht. Er hat dich gehen lassen.« Er rieb seinen Nasenrücken, der lang und schmal war. »Jones hatte diese fixe Idee von Jonathan. Er glaubte, dass man Freema nicht anbinden dürfe.«
    »Sie sind abgrundtief böse.« David wusste kein anderes Wort dafür.
    »Wer ist das nicht? Aber ich versuche, ein wenig Gutes zu tun.«
    David lachte bitter auf. Als ob Geld für ein paar Wohlfahrtsprogramme etwas daran ändern konnte, dass er das Leben von Menschen genommen hatte.
    »Warum?«, fragte er. »Warum das alles?«
    Mr Sims betrachtete die hell erleuchtete Stadt. »Hast du je den Blick zu den Sternen gehoben und dich gefragt, welcheWunder dort oben verborgen sein können?« Die hellen Augen begannen zu glänzen, als er sagte: »Es gibt Welten, so voller Schönheit, dass es einen schier tötet, sich an sie erinnern zu müssen.« Eine tiefe Traurigkeit lebte in seiner Stimme auf. »Kennst du das Gefühl, deine Heimat zu verlassen?«
    David gab keine Antwort.
    »Stell dir eine Welt vor, die du dir nicht vorstellen kannst«, forderte Mr Sims ihn auf. »Einen Ort, an dem Poeten leben und jeder Tag aufs Neue Wunder voller Schönheit erschafft.« Seine blauen Augen leuchteten verträumt auf, doch dann sank der Glanz auf den Grund der Erinnerung. »Auch eine Welt wie diese kann zerstört werden. Es ist immer das gleiche Spiel. Im Bestreben nach Macht und der Wut, das Schöne zu zerstören, sind viele Wesen den Menschen sehr ähnlich.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Doch all das ist nicht wirklich wichtig. Nein, wichtig ist nur, dass jener Ort, den ich einst Heimat nannte, in einem Krieg zerschmettert wurde. Du würdest sie sehen, gäbe es sie noch. Mit einem guten Teleskop hättest du sie sehen können, als sie noch voller Licht gewesen ist.« Er seufzte. »Alles, was einmal dort gelebt hatte, wurde zu Stein und in die unendlichen Weiten der Galaxie geschleudert.« Er suchte Davids Blick. »Ich war so jung, als ich vertrieben wurde. Ich war verletzt.« Seine Augen waren auf jenen Ort gerichtet, der schon lange nicht mehr existierte. »Ein riesiger Brocken Gestein, der auf der Flucht war. Ja, stell es dir nur vor. Ich näherte mich der Erde in einem flammenden Lichtschweif. Ich stürzte hinab.« Er legte die Stirn in Falten und sah auf einmal uralt aus. »Ich stürzte, daran kann ichmich noch erinnern, und ich versuchte verzweifelt, mich an einem Fetzen Himmel festzuhalten. Ich spürte Schmerzen, etwas zerriss am Firmament und stürzte gemeinsam mit mir zur Erde.«
    »Sie sind der Komet?« David fragte sich, ob das alles stimmen konnte.
    »Ich war der Komet.«
    »Was für ein Unterschied.«
    Mr Sims warf ihm einen ungeduldigen Blick zu. »Ich erwachte drüben in Hammersmith«, erklärte er. »In diesem Körper. Als Mensch, der nicht jung war und auch noch nicht alt.« Er lachte auf, als habe er einen vortrefflichen Witz gemacht. »Alles, was auf die Erde fällt, musst du wissen, wird zu etwas, das lebendig ist.«
    David erinnerte sich an die Sternschnuppe, die nach Bloomsbury gestürzt war. Für einen Augenblick hatte er geglaubt, sie sei zu einem Vogel geworden, der mit ausgebreiteten Schwingen nach Marylebone geflogen war. Konnte es sein, dass

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