Heaven - Stadt der Feen
seine Augen ihn gar nicht getäuscht hatten? »Sie wollen mir wirklich sagen, dass Sie ein Komet waren?«
»Ist das so abwegig?« Er meinte das alles völlig ernst. »Ich habe ein Stück des Nachthimmels mit mir in die Tiefe gerissen. Es war keine Absicht, es ist einfach passiert.«
Das war der Teil der Geschichte, den David schon vage zu kennen glaubte. Er musste an den exotischen Vogel im Efeu denken. An die Sternschnuppen, die hin und wieder über London erschienen.
»Ich ahnte, dass auch der Nachthimmel in neuer Gestalt durch London irren musste. Aber wie sollte ich ihn finden?«
»Weshalb hätten Sie ihn finden sollen?«
»Der Nachthimmel, der zur Erde fiel, besaß ein Herz. Und ich fühlte mich schwach, weil mir das Herz fehlte und kein Wesen ohne Herz zu leben vermag.« Sein Blick verdunkelte sich. »Also nahm ich mir ein menschliches Herz. Es gehörte einem jungen Mann, der mit seiner Freundin auf dem Heimweg war. Ich tötete sie, riss ihm das Herz mit bloßen Fingernägeln aus der Brust und machte es mir zu eigen.«
David fragte nicht weiter nach.
»Dann erst begann ich zu leben. Ich baute mir eine Existenz auf. Kometen sind recht geschickte Lügner. Und London ist ein Ort, wo alles möglich ist. Es ist niemals ein Problem gewesen, einen falschen Ausweis zu bekommen, dazu noch einen Lebenslauf, der einem gefällt. Oh, es ist alles so einfach hier. Ich begann zu arbeiten. Nahm die Identität von jemand anderem an.«
»Sie sind nicht Juno Sims?«
Er schüttelte den Kopf. »Juno Sims ist vor langer Zeit gestorben. Und ich habe ihn wieder zum Leben erweckt. Es ist doch immer das alte Spiel. Irgendwie bin ich es also doch.«
»Aber warum?«
»Warum?« Er lachte auf. »Weil ich leben wollte. Das Leben, David, ist etwas so Wunderbares. Ich fand mich damit ab, dass diese Welt von nun an meine Heimat sein würde. Es gibt hier so viele verrückte Dinge, die ich nicht kannte. Jahreszeiten, Sushi, Schmetterlinge, die East Enders, Torchwood.«
David war sprachlos.
Der Wagen fuhr in die St. Thomas Street.
»Ich lebte mein Leben, wie es die Menschen um mich herum auch taten. Die Suche nach der Fee hatte ich aufgegeben.«
»Welche Fee?«
Er lachte. »Wenn ein Stück Himmel zur Erde fällt, dann wird es zu einer Fee. Jeder weiß das. Viele Dinge, die von hoch oben zur Erde fallen, werden zu magischen Wesen. Doch nicht alle können wieder zurückkehren.«
David dachte an die magischen Wesen, die er aus den Büchern und dem Kino kannte: Vampire, Werwölfe, Dämonen, märchenhafte Gestalten – Scheiße, konnte es wirklich sein, dass sie alle einen ganz anderen Ursprung hatten, als die Menschen sich seit Urzeiten ausgemalt hatten?
Mr Sims erzählte weiter. »Aber eines Nachts im November passierte genau das: Plötzlich kehrte ein kleiner Teil des Nachthimmels zum Firmament über London zurück. Das war der Tag, an dem sich alles für mich veränderte.«
David dachte an Heavens Geburtstag und ließ ihn reden. Plötzlich fühlte er sich schläfrig. Das musste das Adrenalin sein. Es war einfach zu viel. Die Geschichten über Feen und Unsterbliche, über Himmel und Erde.
»In diesem Moment wusste ich«, berichtete Mr Sims weiter, »dass der Nachthimmel, der durch meine Schuld zur Erde gestürzt war, nach Hause zurückgekehrt war. Die Fee, die ich nie gefunden hatte, war gestorben.«
»Wie haben Sie davon erfahren?«
»Es war offensichtlich. Die Nachrichten und Zeitungen waren doch voll davon. Die Menschen«, er lachte verächtlich, »kannten den Grund für die Geschehnisse natürlich nicht. Sie sahen nur, dass die Leere am Himmel weiterexistierte,auch wenn sie kleiner geworden war.« Er nickte David freundlich zu. »Was sie als Problem sahen, war in Wirklichkeit meine Chance. Denn dass ein Teil des Himmels zurückgekehrt war, konnte nur heißen, dass die Fee einen Teil ihres Herzens auf Erden gelassen hatte, irgendwo. Und das bedeutete . . .« Er sprach es nach einer kurzen Pause aus: »Sie hatte ein Kind mit einem Menschen gezeugt.« Er lächelte, als sei das die Lösung all seiner Probleme. Und das war es auch, wie David erkannte. Es machte Sinn, es machte furchtbaren Sinn. Der Komet hatte zeit seines Erdenlebens nach der Fee gesucht, die River Mirrlees war, ohne sie aufspüren zu können.
»Ich nutzte meine Kontakte, um herauszufinden, wer in der besagten Nacht gestorben war. Darüber hinaus musste diejenige auch noch ein Kind bekommen haben. Das war alles, worauf ich meine Theorie stützen konnte.« Er
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