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Heaven - Stadt der Feen

Heaven - Stadt der Feen

Titel: Heaven - Stadt der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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wirkte sehr schlicht. Der Inhalt war denkbar einfach auf den Punkt gebracht: Miss Trodwood suchte einen Gehilfen.
    Genau das stand dort handschriftlich auf ein schäbiges Stück Pappe geschrieben. Einen Gehilfen für Allerlei suchte sie. Keinen Auszubildenden, keinen Buchhändler, keinen Gelegenheitsjobber, nein, einen Gehilfen. Und sie bot geregelten Lohn und Unterkunft.
    David zögerte keine Sekunde. Es war dieser Wortlaut, der sein Herz eroberte. Er ging in den Laden hinein und bekam nach einem kurzen Gespräch die Stelle des Gehilfen. Miss Trodwood, eine richtige alte Lady wie aus einem Romanvon Jane Austen oder Agatha Christie, zeigte ihm sein Zimmer im ersten Stock, direkt über dem Laden. David kündigte das Bett in der Herberge und zog in die Earlham Street.
    Das war die erste Sache, die geschah.
    Zweitens – war Folgendes passiert:
    David freute sich gerade über die Wendung in seinem Leben, als er im Virgin Store am Piccadilly Circus eine CD klaute – und erwischt wurde.
    Bis heute konnte er nicht sagen, warum er die CD eingesteckt hatte. Gewohnheit, Dummheit, Übermut, Langeweile, wie auch immer. Die CD war in seiner Tasche verschwunden, aus einer Laune des Augenblicks heraus. Das Cover hatte ihm gefallen und die Musik natürlich auch. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war nur, dass er erwischt wurde. Er, der monatelang zusammen mit Mike in den Clubs im East End Drogen vertickt hatte, bekam – Ironie des Schicksals – jetzt eine Anzeige, weil er eine CD für knapp vier Pfund geklaut hatte.
    Letzten Endes rettete ihm die Anstellung bei Miss Trodwood den Hals. Er hatte einen festen Wohnsitz, einen Beruf, dem er nachging, er war von der Straße.
    Doch von nun an hatte er die Aufmerksamkeit der Behörden. Die Sozialarbeiterin, die von nun an ein Auge auf ihn haben sollte, kam jetzt regelmäßig in den Laden. Dann führte Mrs Robertson – »Du kannst mich auch Kelly nennen!« – Gespräche mit ihm und manchmal tranken sie Kaffee drüben im Eco-Café am Cambridge Circus. Sie machte sich Notizen in ein braunes Buch und beobachtete ihn aufmerksam.
    Eines Abends stellte David fest, dass auch Sozialarbeiterinnen die Clubs in Clerkenwell besuchen. Kelly war achtundzwanzig,blond, sie hörte
The Clash
,
U2
und Leonard Cohen. Er hatte sie im
Bones
getroffen, sie hatten sich im flackernden Licht angeschaut und dann getanzt, zu den
Tindersticks
,
Glasvegas
,
The Cure
und
Muse
.
    David gestand sich ein, dass es eigentlich kein gutes Omen war, wenn man sich zur Musik von
Linkin Park
zum ersten Mal küsst.
    »Könnte eine ziemliche Dummheit sein«, hatte sie geflüstert und ihr Parfum war lauter als die Musik gewesen.
    »Dummheiten«, hatte David entgegnet, »sind da, um sie zu machen.« Dann waren sie auf der Toilette verschwunden. Blaues Licht, gedämpfter Beat durch die Wände, hastige Bewegungen. Sie streifte ihm ein Kondom über, während nebenan Marilyn Manson
Tainted Love
sang. Er drückte sie gegen die Wand, die voller schmutziger Graffiti war.
    So fing es an.
    Kelly und er waren so etwas wie ein heimliches Paar geworden und David mochte das Gefühl, nicht mehr allein zu sein, auch wenn sie sich nicht viel zu sagen hatten. Doch immer häufiger wurde Kelly von Schuldgefühlen geplagt und darüber hinaus hatte sie natürlich Bedenken, dass jemand von der Beziehung etwas mitbekam und sie sich jede Menge Ärger einhandeln könnte.
    Sie war seine Sozialarbeiterin, er war noch minderjährig.
    »Wir sollten das lassen«, sagte sie. Sie sagte es nicht am Telefon, sondern im Bett.
    »Warum?«
    »Weil es nicht richtig ist.«
    »Das fällt dir jetzt erst ein?«
    Sie hatte sich von ihm weggedreht. »Es war nie richtig.«
    »Aber es hat dir Spaß gemacht.«
    Sie funkelte ihn wütend an. »Dir doch auch.«
    Er stand auf, zog sich an. Über ihrem Fernseher hing ein billiger Kandinsky-Druck, Ecken, Kanten, kaum Kreise, kalte Farben. Er nahm ein Glas vom Tisch und warf es mit aller Wucht gegen das Bild. Der Rahmen splitterte und die Scherben fielen zu Boden. Kelly sagte nichts. Dann verließ David ihre Wohnung und kehrte nicht mehr zurück.
    Eine Windböe fuhr durch seine Haare und trieb ihm den Nieselregen, der merkwürdig kalt für den Londoner November war, ins Gesicht. Doch er achtete nicht darauf. Er starrte auf den Verkehr tief unter ihm in der Kensington Street. All die Menschen, sie rannten aneinander vorbei und manchmal kam es vor, dass sich zwei kennenlernten. Dass sie Dinge taten, die ihr Leben schön machten oder

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