Heerführer der Finsternis
wird’s noch ein Weilchen warten müssen.«
»Sie ist nur eine Erinnerung… ein Traum«, warnte Dilvoog.
Mon’Kavaer nickte. »Dies wird mein bester Traum.«
Sie starrten ihm nach, als er mit dem Mädchen durch eine Tür verschwand, die wohl auch nur eine Illusion war.
*
Sie waren satt, sie waren trunken von Wein. Selbst Dilvoog nahm Anteil an diesen Empfindungen seines Körpers, um so mehr, als der Elve ihn anstachelte und ihn einen Gegenasketen nannte, der das Leben kennenlernen wollte, indem er ihm entsagte.
Der Xandor genoß sichtlich die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde. Die Erinnerungen und der Charakter des Priesters hatten großen Einfluß auf Capandar. Der Dämon hatte offenbar nichts zerstört, als er in den Körper fuhr. Vielleicht war er, wie auch Dilvoog, voll Neugier gewesen, nicht voll Zerstörungswut.
Wie Dilvoog war Capotentil sicher ein einzigartiges Wesen auf der Lichtwelt.
Aber er war machthungrig; er sah das Leben als etwas Niederes an, auch wenn er gern darin schwelgte; er war skrupellos; seine Magie machte ihn gefährlich.
Dilvoog spürte, daß es galt, ihm gegenüber wachsam zu bleiben. Dieses Fest war eine Illusion. Es änderte auch nichts daran, daß der Xandor selbst in seine Illusion herabgestiegen war.
Der Schamane verkündete, daß die Brühe fertig war.
Der Xandor dankte ihm überschwenglich und mit Zungenschlag. Er vertrug offenbar nicht soviel Wein wie der Priester einst.
Sie leerten alle ihre Becher, und der Schamane füllte sie mit Opis.
Sie tranken. Der Xandor war nicht sehr beeindruckt.
»Opis geisterte in euren Gedanken, wann immer ich Gelegenheit hatte, in einen eurer Köpfe zu blicken. Was ist so großartig daran?«
»Opis ist der Wein der Nordländer«, erklärte Thonensen. »Opis hat eine ähnliche Wirkung, und er wärmt von innen heraus und vertreibt die Kälte.«
Keiner dachte in diesem Augenblick an noch eine andere Wirkung von Opis.
»Nun da wir alle unsere Feindschaft begraben haben und guter Stimmung sind«, fuhr Thonensen fort, »wäre nicht jetzt die beste Zeit, über unseren Händel zu reden?«
Der Xandor zuckte die Schultern. »Wie ihr wollt.« Er erhob sich von der Tafel und leerte seinen Becher und die anderen folgten seinem Beispiel. »So kommt mit. Ich will euch etwas zeigen.«
In diesem Augenblick stellte sich die vergessene Nebenwirkung des Opis ein.
Die Magie verlor ihre Wirkung. Der Geist wurde blind für Illusionen und sah nur noch die Wirklichkeit.
Die Tafel verschwand mit den Resten des Mahls, den Töpfen und Schüsseln und Karaffen.
Die Becher verschwanden aus den Händen.
Alle starrten verblüfft auf das Geschehen, am verblüfftesten der Xandor. Hastig versuchte er den Vorgang aufzuhalten. Sein Gesicht verzerrte sich vor Aufregung, aber seine Bemühungen blieben ohne Wirkung.
Ein Schwall von Flüchen kam aus der Mitte des großen, kahlen Raums. Mon’Kavaer kam halb entkleidet auf die Beine und brachte hastig sein Wams in Ordnung.
Er hatte kein Opis getrunken. Seltsam, dachte Dilvoog. Dennoch schwand die Illusion auch für ihn. Es konnte nur bedeuten, daß der Xandor nicht mehr in der Lage war, eine Illusion zuwege zu bringen, solange die Wirkung der Brühe anhielt.
»Ist das die rechte Art, mit Gästen zu verfahren?« murrte Mon’Kavaer.
»Du mußt verzeihen, Freund«, sagte Dilvoog lächelnd. »Wir haben zu früh begonnen, den Trunk des Schamanen zu uns zu nehmen. Es wird geraume Weile dauern, bis unser Gastgeber wieder in der Lage sein wird, uns auf so unnachahmliche Weise zu unterhalten.«
»Es ist ein Teufelstrunk«, murmelte der Xandor.
Nottr begann zu lachen und Mon’Kavaer fiel ein. Alle fühlten sich plötzlich sehr ernüchtert. Die Wirkung des Weines, den es nie wirklich gegeben hatte, war verflogen, die Sattheit verschwunden.
Nottr zog Seelenwind aus dem Gürtel und setzte dem Xandor die Klinge an die Brust. Sie bebte. Ein pfeifender Laut kam von ihrem gekrümmten Blatt. Ein Windstoß griff nach dem Xandor wie eine unsichtbare Faust.
»Nein!« rief er und hob abwehrend die Hände.
»Einen Becher«, sagte Nottr zu den Gefährten. »Hat einer einen Becher?«
Calutt hatte seinen wie immer in seinem Gewand. Er füllte ihn auf Nottrs Geheiß und reichte ihn dem Xandor.
»Trink!« befahl Nottr grimmig.
Capotentil fürchtete die Kräfte, die so deutlich sichtbar in dieser Klinge wohnten. Sie waren lebende Kräfte, die keinen Tod mehr zu scheuen brauchten und keine Finsternis. Sie konnten zerstören, was von
Weitere Kostenlose Bücher